Clancy, Tom
evakuiert hatte.
Als das
Team sicher hinter der Hecke angelangt war, folgte er ihm leicht gebückt in
langsamem Schritt mit seiner MP5 im Voranschlag. Dabei ließ er den Blick ständig
nach vorn, rechts und links wandern. Vor allem dem oberen Rand der
Botschaftsmauer galt seine Aufmerksamkeit. Nichts rührte sich. Gut. Hier ist alles ruhig, Tango.
Chavez
erreichte die Hecke und kauerte sich hinter sie. Über sein Headset hörte er
Webers Stimme: »Befehlsstand, hier ist Führer Rot.«
»Wir
hören, Rot.«
»Sind in
Stellung. Bereiten Gatecrasher vor.«
Chavez
beneidete Weber ein wenig um seinen Job. Obwohl er Rainbows neuestes Spielzeug
bereits im Training erproben durfte, hatte er es noch nie bei einem richtigen
Einsatz erlebt.
Der von
der britischen Firma Alford Technologies entwickelte Gatecrasher, dem Loiselle
den Spitznamen »magischer Türöffner« gegeben hatte, erinnerte Ding an die
großen rechteckigen Schilde mit abgerundeten Ecken, die die Spartaner in dem Film 300 trugen. Ein besserer Vergleich
wäre jedoch der mit einem auf ein Viertel zusammengeschrumpften Schlauchboot
gewesen. Allerdings befand sich in seinem äußeren Gummischlauch keine Luft,
sondern Wasser. Außerdem war auf der gegenüberliegenden Hohlseite des
Gatecrashers eine Hohlrinne eingelassen, die mit Nitropenta-Sprengschnüren
gefüllt war. Diese Lage der Sprengschnur führte zusammen mit dem äußeren
Wasserschlauch zu einem Verdämmungseffekt, der die einfache Sprengschnur in
eine Hohlladung verwandelte, die in eine 45 cm dicke Vollziegelmauer ein Loch
schlagen konnte, durch das ein Mann passte.
Der
Gatecrasher löste eine Reihe von Problemen, die Sondereinsatztruppen und
Geiselbefreiungsteams seit Langem beschäftigt hatten. Dazu gehörten mit Sprengfallen
versehene Eingänge und der sogenannte »tödliche Trichter«, der Einzugsbereich
der Tür, in dem der Angreifer mitten im Schussfeld der Verteidiger stand.
Terroristen, die wussten, dass die Befreier durch die vorhandenen Türen und
Fenster kommen mussten, spickten diese oft mit Sprengstoff, wie etwa bei dem
Schulmassaker im russischen Beslan, und/oder sie konzentrierten ihre
Aufmerksamkeit und Feuerkraft auf die wahrscheinlichen Eingangspunkte.
Dagegen
würden Weber und sein Team mit dem Gate-crasher drei Sekunden nach dessen
Detonation durch die vordere westliche Wand in die Botschaft eindringen.
»Roger«,
bestätigte Clark Weber. »Führer Blau?«
»Noch drei
Minuten bis zur Mauer«, berichtete Chavez.
Er
musterte noch einmal das ganze Gelände mit dem Feldstecher. Da sich weiterhin
nichts rührte, gab er das Zeichen zum Vorrücken.
Um über die Mauer zu kommen, hatten sie sich für eine
ausgesprochene Lowtech-Methode entschieden: eine 1,20 m hohe Trittleiter und
eine Kevlar-Splitterschutzweste. Von den vielen Grundsätzen, die Einsatzleiter
von Spezialtruppen beherzigen mussten, war KISS einer der wichtigsten: Keep it simple, stupid. Mach's so einfach wie möglich,
Dummkopf. Kompliziere nicht ein simples Problem, oder wie Clark es gern
ausdrückte: »Man schießt nicht mit der Schrotflinte auf eine Küchenschabe.« In
diesem Fall würde sie die Trittleiter auf die Mauer bringen. Dann würden sie
die Splitterschutzweste über die Metallspitzen und Glasscherben breiten, die
aus der Mauerbrüstung herausragten. Dadurch würden Chavez und sein Team beim
Übersteigen der Mauerkrone unverletzt bleiben.
Chavez
schlüpfte hinter der Hecke hervor, lief zur Mauer hinüber und ging in die
Hocke. Dann meldete er über sein Headset: »Befehlsstand, hier ist Führer Blau.
Sind an der Mauer.«
»Roger«,
hörte man Stanleys Stimme.
Einige
Sekunden später tauchte ein Meter rechts von Chavez auf der Mauer ein roter
Laserpunkt auf. Stanley hatte inzwischen die toten Winkel der Überwachungskamera
ermittelt und benutzte nun das Laserzielmodul seiner MK23, um Ding den Weg zu
zeigen.
Chavez
ging so weit nach rechts, bis der Laserpunkt genau auf seiner Brust ruhte. Dann
verschwand der Punkt. Er stellte schnell und ruhig die Leiter auf und gab dann
dem Rest seines Teams das Zeichen hinaufzusteigen.
Showalter
ging als Erster. Er übernahm von Chavez die Splitterschutzweste und kletterte
dann die Leiter hoch. Zehn Sekunden später war er oben, drüber und nicht mehr
zu sehen. Einer nach dem anderen folgte ihm jetzt der Rest des Teams, bis am
Schluss Ding selbst an der Reihe war.
Auf der anderen Seite fand er sich auf einem üppigen grünen
Rasen wieder, der von Hibiskussträuchern
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