Clancy, Tom
Uhr festgelegt. Er hatte diese späte Zeit gewählt, da er annahm, dass
die Terroristen einen möglichen Angriff bereits bei Einbruch der Dunkelheit
erwarteten. Clark hoffte, dass diese Verzögerung sie wenigstens ein bisschen
in Sicherheit wiegen würde. Außerdem waren die Stunden zwischen 2 und 4 Uhr
morgens statistisch die Zeit, in denen der menschliche Verstand am wenigsten
leistungsfähig war - vor allem der Verstand von Leuten, die in den letzten 28
Stunden unter derartigem Stress und einer so enormen Unsicherheit gelitten
hatten.
Um 1.30 Uhr teilte Clark Johnston und Loiselle mit, sie
sollten sich fertig machen. Dann nickte er Richards zu, der seinerseits Masudi
ein Zeichen gab. Fünf Minuten und eine längere Walkie-Talkie-Diskussion später
berichtete der Libyer, dass die Wachen in der Botschaftsumgebung alle
benachrichtigt worden seien. Clark wollte nicht, dass irgendein nervöser
libyscher Gefreiter seine Scharfschützen unter Feuer nahm, wenn die zu ihrer
Schussposition vorrückten. Gleichzeitig beobachteten Stanley und Chavez das ganze
Vorfeld aufmerksam mit ihren Feldstechern. So unwahrscheinlich das auch sein
mochte, es gab doch immer die Möglichkeit, dass jemand - ein Sympathisant oder
irgendein kleines libysches Soldatenarschloch, das die Amerikaner hasste - den
Terroristen signalisierte, dass ein Angriff unmittelbar bevorstand. Dann musste
Clark sofort Johnston und Loiselle zurückrufen und es später noch einmal
versuchen.
Als
Johnston und Loiselle schließlich in voller Montur mit ihren Ml 10 über der
Schulter vor ihm standen, wartete Clark noch weitere fünf Minuten und flüsterte
dann Stanley und Chavez zu: »Wie sieht's aus?«
»Keine
verdächtigen Veränderungen«, berichtete Ding. »Einige
Walkie-Talkie-Aktivitäten, aber das war wahrscheinlich die Benachrichtigung,
dass wir kommen.«
Um 1.40
Uhr schaute Clark Johnston und Loiselle an und nickte. Die beiden
Scharfschützen schlüpften aus der Tür und verschwanden in der Dunkelheit. Clark
setzte sein Headset auf.
Fünf
Minuten vergingen. Zehn Minuten.
Dann hörte
man über Funk Loiselles Stimme: »Omega Eins auf Position.« Zehn Sekunden später
meldete sich Johnston: »Omega Zwei auf Position.«
»Roger«,
bestätigte Clark und schaute auf die Uhr. »Haltet euch bereit. Angriff in zehn
Minuten.«
Als
Antwort hörte er zwei »Roger«-Doppelklicks.
»Alistair
... Ding?«
»Keine
Bewegung. Alles ruhig.«
»Hier
genauso, Boss.«
»Okay,
macht euch fertig.«
Chavez
reichte Clark seinen Feldstecher und ging zu seinem Team hinüber, das bereits
an der Tür auf ihn wartete. Weber und sein Team, die durch die Mauer an der
westlichen vorderen Ecke des Gebäudes ins Erdgeschoss eindringen sollten,
hatten einen etwas weiteren Weg und mussten deshalb als Erste aufbrechen. Vier
Minuten später würden ihnen Chavez und seine Leute folgen.
Clark
musterte das gesamte Botschaftsgelände ein weiteres Mal. Er achtete auf
geringste Bewegungen und irgendwelche Veränderungen - irgendetwas, das seinen
»K-Check«, seinen kinästhetischen Check, nicht bestand. Er hatte über die Jahre
eine Art siebten Sinn entwickelt. Hatte er ein ungutes Gefühl? Warnte ihn etwas
im Unterbewusstsein? Hatte er etwas nicht ausreichend überprüft oder
irgendwelche Details übersehen? Clark hatte schon viele eigentlich recht gute
Einsatzleiter erlebt, die diesen K-Check ignoriert und dies später meist bitter
bereut hatten.
Er ließ
den Feldstecher sinken und wandte sich an seine Teams, die an der Tür in
Bereitschaft standen. »Los«, flüsterte er.
Chavez
wartete die geplanten vier Minuten, dann führte er sein Team die Treppe
hinunter und zum Ende der Gasse. Auf Clarks Wunsch hatten die Libyer in der Umgebung
der Botschaft die Straßenlaternen ausgeschaltet. Alle hofften jetzt, dass die
Besetzer dies nicht bemerken würden, da die nach innen gerichteten Lampen auf
den Lichtmasten immer noch brannten. Clark hatte auch gebeten, drei
Armeelastwagen mitten auf der Straße zwischen der Befehlsstelle in der halb
fertigen Wohnung und der Ostseite des Botschaftsgeländes in einer Reihe
hintereinander abzustellen.
Mit
Handzeichen schickte Chavez seine Männer los. Vorsichtig schlichen sie den
Gehsteig entlang, wobei sie die Schatten und die Lastwagen als Deckung nutzten,
bis sie die nächste Gasse erreichten, vor deren erstem Gebäude, einer privaten
Arztpraxis, eine Hecke stand. Ding war informiert worden, dass man im Laufe des
Tages alle Leute aus diesem Haus
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