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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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behelligen oder ich auch nur den kleinsten Hinweis darauf erkennen,
werden gut trainierte Taucher Ihre kleine Clara aus der schönen blauen Donau herausfischen
müssen. Ihr Zustand wird dann freilich nicht der beste sein. Um es vorsichtig
auszudrücken. Ich bin zuversichtlich, in diesem Punkt verstanden worden zu
sein. In der Hoffnung, schon sehr bald in der Zeitung von Ihrem heroischen
Dahinscheiden zu lesen, verbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung . «
    Ich faltete
das Blatt zusammen, steckte es mitsamt der DVD ins Kuvert, klebte es zu und
legte es in eine verschließbare Plastiktüte. Anschließend druckte ich zwei
weitere Briefe aus und verfuhr damit auf gleiche Weise. Ich schaltete den
Computer aus und baute ihn vollständig ab. Es war an der Zeit, sich von ihm zu
trennen und ihn durch ein neueres, weniger belastendes Modell zu ersetzen. Das
galt natürlich auch für sämtliche Zusatzgeräte. Ich zog die Operationshandschuhe
aus und verstaute sie in einer Schreibtischschublade. Sie würde ich noch
benötigen.
    Ich hatte in
letzter Zeit mein Augenmerk verstärkt auf Elisabeth Bergmann gerichtet. Sie
hatte sich seit dem Tod von Kurt stark zurückgezogen und war, glaubte man den
»zuverlässigen Quellen«, zunehmend dem Alkohol anheimgefallen .
Nun, diese ganze Sache hatte sie also schwerer getroffen, als ich das von
dieser selbstsüchtigen Frau erwartet hatte. Diesem Umstand Rechnung tragend,
erwartete ich auch weniger Komplikationen meinen Plan betreffend. Als Vorlauf
würde dieser Brief genügen. Und ein Zusammenschnitt von Burgers ersten
Liebeswerbungen. Nichts wirklich Handfestes. Und doch mit einer glasklaren
Drohung im Hintergrund. Ich erwartete nicht, dass sie gleich meine Forderungen
erfüllen würde. Zu diesem Zweck hatte ich einen weitaus aussagekräftigeren
Mitschnitt der Ereignisse während Burgers Kellerintermezzo in petto. Ich wollte
ihr mit diesem ersten Ansinnen etwas Zeit geben. Zeit, sich über ihre Gefühle
klar zu werden. Zeit, ihre Verantwortung gegenüber ihrer Tochter einzuordnen.
Eine solche Entscheidung bedurfte doch einiger Überlegungen. Schließlich stand
das eigene Leben auf dem Spiel. Ja, mehr noch. Es war Einsatz. Ohne jede
Garantie.
    Sollte auch
das zweite Video nicht reichen, hatte ich noch immer ein Ohr im Kühlschrank liegen . Ziemlich verschrumpelt. Aber ganz offensichtlich
menschlich. Und war auch das nicht genug, hatte Clara mit der Einschätzung ihre
Mutter betreffend recht gehabt. Dann würde ich ihr persönlich die Tür
aufschließen. Denn dann hätte sie genug gelitten. Aber so weit würde es nicht
kommen. Dessen war ich sicher. Menschen in Not und Verzweiflung entdeckten oft
ihr Herz. Sie verloren es erst wieder, wenn sie außer Gefahr waren. Dazu würde Elisabeth
Bergmann keine Gelegenheit mehr bekommen. Dafür würde ich sorgen. Genauso, wie
ich auch dafür sorgen würde, dass Franz Burger seinen posthumen Anteil am Ruhm
ernten konnte.

 
    2

 
    Ich verließ
das Zentralpostamt und entfernte die kleinen Aufkleber, die ich auf Daumen und
Zeigefinger meiner rechten Hand angebracht hatte. An anderen Stellen hatte ich
das Kuvert nicht berührt. Ich wusste nicht, wie weit Big Brother bereits
vorangeschritten war. Also hatte ich mich für diesen Auftritt extra
eingekleidet, einen Oberlippenbart angeklebt, mein Haupt mit einer
Baseballkappe bedeckt und eine Hornbrille vom Discounter aufgesetzt. Reine
Vorsichtsmaßnahme. Vielleicht würde Claras Mutter ja doch die Polizei rufen.
Wenngleich es nicht sehr ratsam gewesen wäre. Angesichts der klaren Drohung,
die in dieser zweiten Mitteilung lag. Ich hatte den kurzen Text wie
eingemeißelt in meinem Kopf:
    » Sehr
geehrte Frau Bergmann!
    Leider habe
ich keinerlei Hinweise bezüglich Ihres Ablebens aus der Presse entnommen. Auch
das Fernsehen zeigte keinen Bericht. Sind Sie etwa noch immer am Leben?
Ziemlich egoistisch, nicht wahr? Um Ihre Entscheidungsfindung etwas zu
beschleunigen, habe ich mir erlaubt, Ihnen anbei einen nicht ganz jugendfreien
Einblick in Claras derzeitige Aktivitäten zu geben. Ich erinnere mich, wie sie
während dieser Wonne nach Ihnen geschrien hat. ›Mama!
Mama! Bitte hilf mir !‹ Ja, Mama hat sie gesagt. Nicht
bloß Mutter. Sie liebt Sie wirklich sehr. Tun Sie es auch! Ich darf mich
empfehlen . «
    Ich war
gespannt, ob die beigefügte DVD wirklich den gewünschten Effekt erfüllen würde.
Schließlich fehlte der Ton, der die ganze Dramatik während der Vergewaltigung
noch um ein Vielfaches

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