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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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kurz seinen Dienstausweis. Die
zwei sahen irgendwie gleich aus. Schnauzbart, kurzes Haar.
    »Ich habe
Sie bereits erwartet«, begann ich. Wie auf Kommando zogen beide die Augenbrauen
hoch. Ich bat sie, im Wohnzimmer Platz zu nehmen.
    »Wie kommt
das ?« , wollte der Gesprächsführer wissen. Der andere
hatte bislang noch gar nichts gesagt. Er schaute sich nur um. Guter Bulle,
böser Bulle? Würde das ihre Taktik sein? Oder begaben sie sich auf die
Psychoschiene? Während der eine bohrende Fragen stellte, analysierte der
andere. Welches Spiel sie auch immer treiben würden. Es war mir egal. Ich
antwortete ganz ruhig. Mit einem freundlichen Gesichtsausdruck.
    »Das ist ein
Dorf hier. Wenn jemand verschwindet, fällt das auf. Und derjenige, um den es
hier offenbar geht, hat mich erst kürzlich aufgesucht .« Ich streichelte meine alte Rosi, die umständlich auf meinen Schoß geklettert
war, und schaute meinen Gesprächspartner erwartungsvoll an. Es überraschte
mich, warum er mich nicht danach fragte, warum ich mich nicht selbst gemeldet
hätte. Stattdessen kam er gleich zum Grund ihres Besuches.
    »Was wollte
er denn von Ihnen ?« Ich lachte innerlich in mich
hinein. Er wusste es ja ohnehin. Aber ich tat ihm den Gefallen.
    »Er will ein
Grundstück von mir kaufen .« Ich achtete sehr darauf,
von Burger nicht in der Vergangenheit zu sprechen. »Und ich bin froh, dass ich
es endlich loswerde. Ich verkaufe auch das Haus. Ziehe wieder in die Stadt.
Nach Mürren . Seit dem Tod meiner Frau ist es hier
sehr einsam geworden. Und es ist zu groß für mich allein .« Er sah mir tief in die Augen. Also doch die Psychoschiene. Dann zog er ein
Schriftstück aus seiner Jacke und legte es vor mich auf den Tisch.
    »Wenn Sie es
verkaufen wollen, warum haben Sie dann den Kaufvertrag nicht unterschrieben?
Wir haben ihn bei Herrn Burgers Unterlagen gefunden. War das Angebot vielleicht
zu schlecht ?« Ich sah es förmlich vor mir, wie er
geistig den Strick zu drehen begann. Als Nächstes würde er die durch Burger
verschuldeten Renovierungsarbeiten ins Feld werfen. Sein Kollege musterte
weiterhin mein Inventar. Ich zeigte mich unbeeindruckt.
    »Ganz im
Gegenteil. Sein Angebot ist okay. Zumal mir es sonst niemand abkaufen würde.
Und eine Renovierung des Hauses ist auch dringend nötig. Steigert den
Verkaufspreis. Ich wollte nur, dass er einen kleinen Zusatz in den Kaufvertrag
aufnimmt. Er will seinen Fuhrpark dort einrichten, und ich besitze einen
kleinen Lieferwagen. Den möchte ich unbedingt behalten. Darum habe ich ihn
gebeten, mir einen Abstellplatz zu garantieren. Er wollte schon am nächsten Tag
mit dieser Änderung wiederkommen. Ist er aber nicht .« Ja, ich war wirklich ein vortrefflicher Lügner. Plausibel und hundertprozentig
nicht widerlegbar.
    »Wie
erklären Sie sich das ?« Oh, wie sehr ich darauf
gewartet hatte. Ich räusperte mich etwas verlegen. Dann schlug ich einen
verschwörerischen Ton an.
    »Na ja. Ich
kann das natürlich nicht beweisen .« Ich machte eine
kleine Pause. Jetzt hatte ich die Aufmerksamkeit beider. Ganz merklich
rutschten ihre Gesäße nach vorn. »Aber wie es heißt, vergnügt Franz sich ab und
zu einmal jenseits der Grenze. Wenn Sie wissen, was ich meine .« Ja, das wussten sie. Ich war einer von vielen, die derlei andeuteten. Es
zeichnete sich alles in diese Richtung ab. Und es gefiel ihnen ganz und gar
nicht. Die Mienen der Kriminalbeamten schienen das widerzuspiegeln. Denn
Ermittlungen im Ausland waren immer mit gehörigen Schwierigkeiten verbunden.
Und die wurden durch den Kreis an Verdächtigen, den sie nun vor sich sahen,
nicht um einen Deut geringer. Zerknirscht standen sie auf. Ich begleitete sie
zur Tür. Ganz Frohnatur. Ich war überrascht, dass sie nicht die tiefe Aversion,
die Burger und mich verband, angesprochen hatten. War der Dorfklatsch etwa doch
nicht so weit vorgedrungen? Oder hatten sie einfach nur nicht richtig zugehört?
Wir gaben uns zum Abschied die Hände, als der Stumme plötzlich seine Stimme
entdeckte.
    »Würde es
Ihnen etwas ausmachen, wenn wir uns Ihr Grundstück noch etwas anschauen? Rein
routinemäßig.« Als ob sie das nicht schon getan hätten. Es ging ihnen nur
darum, meine Reaktion darauf zu testen. Ich tat etwas verdutzt und zuckte
schließlich mit den Achseln.
    »Kein
Problem. Das Tor ist aber verschlossen. Wenn Sie reingehen möchten, der Zaun
ist an einigen Stellen sehr löchrig. Da kommen Sie garantiert durch .« Sie bedankten sich und gingen. Ich war

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