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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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Sie musste etwas unternehmen. Aber
was? Vielleicht war es an der Zeit, reinen Tisch zu machen. Schließlich konnte
sie nicht verantworten, dass Thomas noch etwas zustieß. Sie winkte das nächste
Taxi heran. Stieg ein.
    »Zum
nächsten Polizeirevier!« Der Fahrer murmelte etwas Unverständliches. Vermutlich
lag es zu nahe, damit sich die Fuhre auch lohnte. Clara war entschlossen. Nach
einer Weile hielt der Wagen. Sie zahlte und öffnete die Tür. Erblickte
Uniformierte, wie sie das Gebäude verließen. Sah in ihre leeren Gesichter. Las
im Voraus all das Unverständnis, die Vorverurteilungen, die darin liegen
würden. Sie schloss die Tür.
    »Buchengasse !« , gab sie dem Fahrer ihr neues Ziel wieder an.

 
    3

 
    Bach lag auf
der Ledercouch und zappte durchs Programm. Großer
Flachbildfernseher, edle Möbel, allerlei Spezialitäten im Kühlschrank.
Ausgewählte Bücher in den Regalen, interessante Drucke an den Wänden. Thomas
Liebherr verstand zu leben. Geschmackvoll und stilsicher .
Er beneidete ihn darum. Ja, er beneidete ihn um so vieles. Nur nicht um die
Lage, in der es sich momentan befand. Und auch nicht um Clara Bergmann, die im
Bett garantiert göttlich war. Aber als Mensch den Offenbarungseid leisten
musste. Bach stellte den Fernseher ab. Nein, sie war die Alte geblieben. Er
bereute es mehr denn je, sie laufen gelassen zu haben. Zumal nun auch ein
völlig Unbeteiligter dran glauben musste. Ein Ehrenmann, der sich vor sie
gestellt hatte. Sie zu verteidigen suchte, wo es keine Verteidigung gab. Nur ein
Eingeständnis. Aber das überstieg den Stolz dieser feinen Dame. Bach widerte
der Gedanke an. Bach widerte Clara Bergmann an.
    Er ging mit
seinem Laptop unterm Arm in das kleine Büro und fuhr Liebherrs PC hoch. Das
Passwort lag auf der Hand. Er verwettete sein Leben darauf. Bach tippte die
fünf Buchstaben ein. CLARA. Der Zugang wurde gestattet. Er schüttelte
resigniert lächelnd den Kopf. Armer Thomas. Hahnrei in Claras Egomanie. Bach
verband die beiden Computer und verschob einige Datensätze von seinem Notebook
auf den PC. Er achtete dabei auf die Konformität der Erstellungsdaten. Es war
spät geworden. Jenseits von Mitternacht. Seit zwei Tagen logierte er nun hier.
Clara hatte genügend Zeit zum Nachdenken gehabt. Diese Zeit war nun abgelaufen.
Er ging ins Badezimmer, wusch sich und putzte seine Zähne. Bach ging ins
Schlafzimmer und legte sich in das weiche Doppelbett. Liebherr war vorbereitet
gewesen. Für alle Eventualitäten. Und Bach war es auch. Per E-Mail hatte er
Thomas’ Sekretärin angewiesen, alle Termine dieser Woche zu streichen. Und sich
jeglichen Telefonanruf ausgebeten. Er war im Urlaub und wollte nicht gestört
werden. Die Firma würde schon ein paar Tage ohne ihn auskommen. Seine kranke
Mutter nicht. Nur Clara hätte alles aufdecken können. Alles entlarven. Doch die
hatte sich verkrochen. Um nicht selbst entlarvt zu werden. Als oberflächliche
Egoistin, die sich selbst über alles andere stellte.
    Bach machte
die Nachttischlampe aus und räkelte sich im samtweichen Bettzeug. Er drehte
sich zur Seite und schloss die Augen. Nochmals lief alles vor seinen Augen ab.
Verfolgte ihn bis in den letzten Winkel seines Gehirns. Der Niederschlag. Die
Fesselung. Der Abtransport. Die endlos dauernde Fahrt, während der Thomas immer
wieder zu sich gekommen war. Und erst nach großer Mühsal endlich das betäubende
Getränk zu sich genommen hatte. Die Einfahrt am Grundstück. Der Leiterwagen.
Die Schleuse. Die Gittertür. Und die stundenlange Demontage der Hütte am
nächsten Tag. Bis nur noch der Zugang zur Schleuse geblieben war. Die
Bodenklappe. Bach wälzte sich auf die andere Seite. Der stückweise Abtransport
des Holzes, der Dachelemente und der restlichen Hütteneinrichtung hatte bis in
die späten Abendstunden hinein gedauert. Der Mürrener Verwertungshof war auch sonntags geöffnet. Ohne Personal. Ohne Zeugen. Er hatte
also seine letzten Spuren verwischt. Und mit Thomas ein Faustpfand in den
Händen, dessen wahrer Wert noch nicht absehbar war.
    Bach war
seinem Ziel sehr nahe. Und doch war er weder glücklich noch euphorisch. Ganz im
Gegenteil. Er war niedergeschlagen. Entsetzt sowohl von den Menschen wie auch
von sich selbst. Entsetzt darüber, wie er dem bewusstlosen Thomas Liebherr die
Fesseln gelöst hatte. Wie er in sein Gesicht gesehen hatte. Auf diesen
scheinbar friedlich schlafenden Menschen herniederblickte .
Der schon in kurzer Zeit voller Bestürzung aufwachen würde. Und sich

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