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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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Nachricht war per Hand geschrieben. Mit einem dicken
schwarzen Filzstift. Völlig schnörkellos. Clara überlegte. Dann nickte sie. Ja,
es war an der Zeit. Es war überhaupt das einzig Richtige, was sie jetzt noch
tun konnte. Sie reichte Thomas den Zettel. Er blickt verwirrt drein.
    »Was hat das
zu bedeuten ?« Clara wandte ihr Gesicht zu Boden. Sie
wusste nicht, wie sie das angehen sollte. Er bemerkte ihre Verlegenheit und
nahm neben ihr Platz.
    »Es
bedeutet, dass ich gelogen habe. Dass ich alle angelogen habe. Auch dich.«
Flehentlich sah sie in seine Augen. Sie musste reinen Tisch machen. Zumindest
ihm gegenüber. Denn es war das Mindeste, was er verdiente. Die Wahrheit. Wenn
sie auch alles zerstören mochte. Sollte er entscheiden, wie es dann weiterging.
Nach Worten ringend, begann sie ihre Erzählung. Ließ nichts aus. Schilderte den
genauen Ablauf ihrer Entführung. Ihr Erwachen in diesem Gefängnis. Ihre
Gespräche mit Michael, die schließlich zur Ursache der Verschleppung führten.
Ihre gescheiterte Flucht. Die vorgetäuschte und später die echte
Vergewaltigung. Die Tötung Burgers. Die Tötung Michael Grubers. Ihren kurz
bevorstehenden Selbstmord. Ihre mysteriöse Freilassung. Und ihre Beweggründe,
darüber zu schweigen. Thomas hatte während dieses Vortrages kein einziges Wort
gesagt. Hatte nur manchmal die Augen geschlossen. An den besonders abscheulichen
Stellen. Jerry war inzwischen auf Claras Schoß geklettert.
    »Sie hat
mich das alles durchstehen lassen. Diese kleine weiße Zooratte.« Sie strich
über sein weiches Fell. Thomas stand auf und schritt im ganzen Raum umher. Er
schien zu überlegen. Clara wollte etwas zu ihm sagen, doch er winkte mit einer
deutlichen Handbewegung ab. Sie kauerte sich in den hintersten Winkel der
Couch. Mit gefasster Stimme begann er zu sprechen.
    »Das sieht
ganz nach Erpressung aus .« Clara war überrascht. Und
erleichtert. Kein Wort des Vorwurfs. Kein Kopfschütteln. »Diese Sache nimmt
sich sehr böse aus. Und es ist bewundernswert, wie du das durchgestanden hast«, setzte er fort. »Die Frage ist, was er will, dieser Wilhelm Bach .« Ja, was wollte er? Auch Clara hatte darauf keine Antwort.
Es war alles so undurchsichtig. Ohne erkennbaren Sinn. Von Beginn an. Thomas
sprach weiter. »Warum wollte er, dass du mich einweihst? Das ist doch völlig
irrational. Gerade für einen Erpresser. Also scheint es ihm nicht um Geld zu
gehen. Er verfolgt einen düsteren Plan, der sehr gefährlich für uns sein wird.
Da bin ich mir sicher .« Uns? Clara ging ein Licht auf.
Natürlich. Er hatte es auch auf Thomas abgesehen. Und der hatte das sofort
erkannt.
    »Was sollen
wir jetzt tun? Sollen wir zur Polizei gehen? Es wäre das Beste. Vor allem für
deine Sicherheit.« Thomas setzte sich wieder zu ihr. Nahm ihre Hand.
    »Rede keinen
Unsinn. Und für die Polizei ist es jetzt zu spät. Das würde sehr unangenehm
werden. Man könnte dich am Ende selbst beschuldigen. Nein. Dem darfst du dich
nicht aussetzen. Das lasse ich nicht zu .« Er sprach
jetzt beinahe erregt. Die Tränen glänzten in Claras Augen. Noch nie hatte sie
ihn so entschlossen gesehen. So voller Energie. Unrecht war ihm zutiefst
zuwider. Sie war froh, gebeichtet zu haben. »Wir bleiben bei dem, was du
ausgesagt hast. Zu hundert Prozent. Ich kenne eine gute, angesehene Detektei,
die auch schon für meine Firma gearbeitet hat. Interne Untersuchung. Arbeiten
sehr diskret. Die setze ich darauf an. Gleich Montagmorgen. Es muss doch
möglich sein, diesen Kerl zu finden .« Clara sah ihn
ängstlich an. Er wusste sofort, was sie bedrückte. »Nein, nein. Sie bekommen
von mir nur die relevanten Fakten. Alles andere braucht sie nicht zu
interessieren. Sie werden ihn finden. Und dann sehen wir weiter .« Clara blickte weiterhin besorgt drein.
    »Aber was
ist mit dir? Ich kann dich da doch nicht mit reinziehen !« Thomas küsste sie spontan hinterm linken Ohr.
    »Für dich
würde ich durchs Feuer gehen .« Clara strahlte vor
Glück. Für einen Moment war es verschwunden. Das Damoklesschwert. Für einen
Moment.

Kapitel 19 –
Gefangennahme

 
    1

 
    Thomas
Liebherr schloss die Wohnungstür hinter sich ab und schulterte seine kleine
Reisetasche. Er war lässig gekleidet. Jeans, Turnschuhe, dunkelgrünes T-Shirt.
Er ging zum Lift und drückte den Abwärtsknopf. Bei der Detektei hatte sich
erwartungsgemäß nur der Bereitschaftsdienst gemeldet. Diese Angelegenheit
musste er jedoch mit dem Chef persönlich besprechen. Und der war

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