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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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einfacher Italiener hätte es dafür wohl auch getan. Aber da wäre die
Intimität verloren gegangen, an der sie sich hier erfreuten. Bach hatte dafür
nur bedingt Verständnis. Er sah darin eher Maßlosigkeit und
Verschwendungssucht. Nach dem Dessert begab er sich zur Toilette. Auf dem Weg
zurück zu seinem Tisch hielt er kurz inne. Verbarg sich hinter einem kleinen Paravent.
Bruchstückartig konnte er ihr Gespräch verfolgen. Hörte ihre Stimme, die von
Wärme und Herzlichkeit erfüllt war. Es beglückte ihn beinahe, sie so
wahrzunehmen. Wäre da nicht der hintergründige Groll gewesen, den er gegen sie
hegte. Die Wut auf alles, was sie tat. Was sie darstellte. Was sie verkörperte.
In jeder Phase ihres Lebens. Er hasste sie dafür, daran nicht teilhaben zu
können. Für immer ausgeschlossen zu sein von dem, was sie wohl Glück nannte.
    Clara sprach
von der Firma. Wie ungewöhnlich. Nun, sie musste sich wohl darum kümmern. Da
sonst niemand mehr da war. Sie redete nun intensiv auf Thomas ein. Bach
verstand nur wenig. Aber das bisschen reichte aus. Sie wollte, dass er ins
Unternehmen einstieg. Sich um ihre Belange kümmerte. Denn nur ihm konnte sie
vertrauen. Ein wahrlich kluger Schachzug von ihr. Sie hatte Verstand. Und
Instinkt. Er kehrte zu seinem Tisch zurück und verlangte mit einem Wink die
Rechnung. Eine wahrlich stattliche Summe. Aber es hatte sich gelohnt. Er
bezahlte, gab reichlich Trinkgeld, öffnete seinen Aktenkoffer und holte einen
dünnen Umschlag heraus. An der Pforte überreichte er diesen dem Empfangschef,
der Bach nun wesentlich freundlicher gesinnt war.
    »Geben Sie
dieses Kuvert bitte der jungen Dame .« Der Lakai nickte
beflissen.
    »Sehr wohl.
Ich wünsche einen guten Abend. Beehren Sie uns bald wieder. Und entschuldigen
Sie das kleine Durcheinander Ihre Reservierung betreffend .« Bach verabschiedete sich von dem Pinguin und verließ das Restaurant. Die Sonne
war bereits untergegangen. Und die Zahl der Medienvertreter war gestiegen.
Nicht mehr lange, und sie würden für ihr Warten belohnt werden.

 
    4

 
    »Wie hat er
denn ausgesehen ?« , wollte Clara wissen. Ihre Hände
begannen, leicht zu zittern. Der Concierge gab eine kurze Beschreibung.
Dunkelbraunes, kurzes Haar. Modebrille. Oberlippenbart. Mittelgroß, sportlich.
Grauer Anzug, Aktenkoffer. Gepflegte Erscheinung. Speiste an Tisch fünf.
Reinhold von Thorgau. Clara konnte mit diesem Namen nichts anfangen. Sie hatte
den besagten Herrn, als sie eingetreten war, nicht bemerkt. Auch Thomas hatte
ihn nur schemenhaft wahrgenommen. Er blickte besorgt auf den Umschlag. Und dann
noch besorgter in Claras Gesicht. Sie lächelte verlegen. Versuchte, ihre
Aufregung zu überspielen.
    »Willst du
ihn denn nicht öffnen ?« , fragte Thomas nach einer
Weile. Verlegen nahm sie das Kuvert an sich und steckte es in ihre Handtasche.
    »Ach was.
Sicher etwas Unwichtiges. Das hat Zeit. Genießen wir lieber unseren Abend .« Thomas akzeptierte achselzuckend. Er rief nach der Rechnung
und bat darum, ein Taxi zu bestellen. Es sollte direkt vorm Lokal halten.
    »Bleib heute
Nacht bitte bei mir .« Thomas küsste sie auf die Stirn.
Der Ober verkündete die Ankunft des Taxis. Ein wahres Blitzlichtgewitter brach
über sie herein, als sie ins Freie traten. Mit gesenkten Köpfen sprangen sie
ins Fahrzeug, als wären sie auf der Flucht.
    »Buchenstraße !« , befahl Thomas dem Lenker. Der Fahrer brauste los und
fuhr einen der Wegelagerer beinahe über den Haufen. Clara schrieb in Gedanken
selbst die Schlagzeilen der Boulevardblätter. » Partygirl sucht Trost beim
Ex. Keller hat Liebe neu entfacht. Clara Bergmann erstaunlich gut erholt . « Es widerte sie
an. Ja, die Geister, die ich rief. Aber es gab keinen Hexenmeister, der die
Sache wieder ins Reine bringen konnte. Niemand konnte das. Denn das Spiel war
erst vorbei, wenn der Teufel seine Seele bekommen hatte.

 
    5

 
    Das Anwesen
wirkte verwaist. Die Hausangestellten waren gegangen. Nur der Hausmeister, der
im kleinen Pförtnerhäuschen mit seiner Frau wohnte, schien da zu sein.
Zumindest brannte dort Licht. Clara führte Thomas ins große Wohnzimmer, wo er
an der Hausbar zwei starke Drinks mischte. Clara würde es nötig haben. Sie
stellte das künstliche Kaminfeuer an und nahm auf dem Sofa davor Platz. Dann
holte sie das Kuvert aus ihrer Handtasche. Sie nahm all ihren Mut zusammen und
öffnete es. Es fand sich nur ein kleiner Zettel darin. Darauf stand » Erzählen
Sie es ihm ! « Das war alles. Die

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