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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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hatte wieder angefangen zu schneien, dicke, nasse Flocken. Er sah Christian den Weg hochradeln. Astrid kam aus dem Stall und schob den rostigen Riegel vor die Tür. Die Frauen hatten ihre Liebe zum Landleben entdeckt. Seit einer Woche hausten dort drüben sechs Legehennen und ein Hahn. Auch Schafe waren neuerdings im Gespräch. Gegen einen Hund hatte Toppe sich erfolgreich wehren können, aber im Frühling würden sie zwei Katzen bekommen.
    Astrid blieb mitten auf dem Hof stehen und schaute hinauf zum Himmel in den wirbelnden Schnee. Ihr dunkles Haar fiel ihr bis über den Po. Das Ziehen tief unten in seinem Bauch war zwar angenehm, aber im Moment reichlich unpassend. Er klopfte gegen die Scheibe. »Christian!«
    Der Junge, der gerade das Fahrrad gegen die Stallwand gelehnt hatte und sich die Kapuze abfummelte, fuhr ertappt zusammen, schaute aber nicht herüber. Er ging schnell zum Stall, öffnete die Tür und schob sein Rad hinein. Toppe grinste. So hatte er das gar nicht gemeint, aber es war fein, daß die jahrelangen, ewig gleichen Diskussionen über den Wert von Dingen und sauer verdientem Geld doch gefruchtet haben mußten. Auch wenn das Fahrrad schon alt war, mußte es nicht unbedingt draußen verrosten, wo es doch höchstens dreißig Sekunden dauerte, es in den trockenen Stall zu schieben.
    Astrid hielt Christian die Haustür auf.
    »Prima, daß du gerade kommst, mein Sohn«, meinte Toppe aufgeräumt. »Du kannst mir mal eben helfen, das Ding da aufzuhängen.«
    Christian warf stirnrunzelnd einen Blick auf den Kronleuchter. »Doch wohl nicht vor dem Essen! Ich bin kaputt.«
    »Du bist kaputt?« Toppe schwoll der Hals.
    »Das Essen ist noch nicht fertig«, fuhr Astrid dazwischen. »Ich muß noch die Spaghetti kochen.«
    Der Junge schälte sich aus der Steppjacke. »Okay«, brummte er und sah seinem Vater ins Gesicht.
    »Die zweite Leiter steht hinten auf der Tenne«, rief Astrid und verschwand in der Küche.

2
    »Mor’n, Franz.«
    »Tach.«
    »Hasset auch so kalt?«
    »Dat kannste wohl sagen! Für deine Knochen muß dat ja Gift sein.«
    »Ja, obwohl trockene Kälte war ja noch nich’ so schlimm, sagen die, aber dat gibbet bei uns ja nich’.« Ernst Willi ließ sich ächzend auf einer Holzkiste nieder.
    »Eins sach ich dir, mit dem Rheuma, lang mach ich dat hier nich’ mehr. Nächs’ Jahr laß ich mich kaputt schreiben.«
    »Wenn de ma gescheit bist!«
    Die Frühschicht der Ölwerke Spyck machte ihre erste Pause, und wie jeden Morgen trafen sich Ernst Willi und Franz beim großen Fenster zum Fluß.
    »Ir’ndwie wird et überhaupt nich’ hell heut.«
    Ernst Willi nickte. »Kein Wunder, bei der Milchsuppe da draußen.«
    Über dem Rhein waberte der Nebel so dick, daß man das gegenüberliegende Ufer nicht sehen konnte.
    Franz klappte sein Butterbrot auseinander und schnaubte unwirsch.
    »Wat is’, Jung? Haste schlechten Sinn?« wollte Ernst Willi wissen.
    »Dat kannste mir glauben. Meine Karre is’ im Arsch.«
    »Ha, hab ich et doch richtich gehabt vorhin. Ich denk noch, dat is’ doch der Franz, der da mit de Fiets kommt, aber dat konnte ja nich’. Is’ et wat Ernstes?«
    »Kupplung.«
    »Pottverdekke, dat haut rein! Haste den Hans schon ma’ gefracht?«
    »Wie? Den Hans?«
    »Hans Mölders, der macht doch so wat unter de Hand.«
    Franz grunzte nur und spähte durch das halbblinde Fenster hinaus in den griesen Morgen.
    »Ma’ kucken.« Dann stutzte er, sprang auf und drückte die Stirn gegen die Scheibe.
    »Komm ma’ her.«
    Schwerfällig erhob sich Ernst Willi und schlorrte mit gebeugtem Rücken heran. »Wat is’ denn?«
    »Da vorne. Da liecht doch wat im Wasser.«
    »Un’? Da liecht doch immer wat im Wasser.«
    »Aber doch nich’ so wat! Kuck dir dat doch ma’ an.«
    Auch Ernst Willi mußte das Gesicht ans Fenster pressen, um das Ufer am Fuß des Gebäudes sehen zu können.
    »Has’ recht. Dat is ’n Mensch, wenn de mich frachs’.«
    »Red doch nich’! So sieht doch kein Mensch aus.«
    Sie sahen sich an.
    »Los, komm!«
    Franz stürmte aus der Halle die Treppe hinunter, besann sich dann und wartete auf seinen Freund. Gemeinsam erreichten sie die Eisentür, stießen sie auf und standen im Sand. Eine flache Welle schwappte über ihre Arbeitsschuhe.
    Der Körper hatte sich in der Verladeanlage verfangen und dümpelte auf und ab.
    »Kommste dabei, Franz?« krächzte Ernst Willi.
    »Warte, halt mich ma’ fest hinten. Ja, so. Warte – jetz’! Gottsameliev, den es doot!«
    Franz stemmte beide

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