Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
Vom Netzwerk:
nicht reichen, fürchte ich. Wer weiß, wo der ins Wasser gekommen ist.«
    »Ich werde sehen, was sich machen läßt. Bis später.«

    Christian überlegte hin und her, aber eigentlich blieb ihm gar nichts anderes übrig. Wenn er sicher gehen wollte, mußte er die Doppelstunde Bio sausen lassen.
    Nach dem Schellen zur fünften Stunde wartete er noch gute zehn Minuten auf dem Klo, bis auch der lahmste Pauker in seiner Klasse sein mußte und er ungesehen durch die Pausenhalle verschwinden konnte.
    Der kürzeste Weg führte durch die Fußgängerzone; auf seinem Rad flitzte er die Große Straße hinunter, schlug elegante Bögen um Papierkörbe und Bäumlinge und lachte über die keifenden Mütter und wütenden Opis. Als er endlich an der alten Kirche in Kellen vorbeifuhr, war ihm heiß, und er bremste ab. So ausgepowert und atemlos wollte er nicht ankommen.
    Das Haus tauchte auf, groß, weiß, imposant mit seinen Türmen. Die Schieferplatten an den Giebeln gaben ihm Würde und Wärme, das frischrote Dach leuchtete. Zwischen den Pappeln blinkten die beiden Kolke.
    Das Schild am Torpfosten war glanzpoliert: Gemeinschaft zur Anbetung des reinen Herzens – Haus der Heiligen Barbara.
    Christian spürte seinen Herzschlag, als er das Rad gegen die Hauswand lehnte, und betete sich ganz langsam noch einmal die Sätze vor. Dann klemmte er die Handschuhe auf dem Gepäckträger fest, nahm den Rucksack mit den Schulsachen ab und läutete. Es dauerte keine Minute.
    Über der bodenlangen Tunika trug die Frau eine Strickjacke mit norwegischen Hirschen, das blonde Haar war wie immer zu einem dicken Zopf geflochten, der über der linken Schulter lag. Sie runzelte für einen Moment die Brauen, strahlte aber sofort und streckte ihm beide Hände entgegen: »Christian! Wie schön, dich wiederzusehen.« Dann zog sie ihn zu sich heran und drückte ihn.
    »Tag, Magda.« Er lächelte scheu und legte die Hände an die Oberschenkel.
    »Nun komm schon herein, sonst erfrierst du noch.«
    Schnell schloß sie die Tür, nahm seinen Rucksack. »Was führt dich zu uns, Lieber?«
    »Das Seminar nächstes Wochenende.« Mist, er quatschte wie ein Roboter! »Ich. ich wollte fragen.«
    »Du meinst die Exerzitien? Möchtest du gern dabei sein?«
    »Ja, wenn das noch geht. Es tut mir leid, aber ich habe erst gestern im Jugendkreis davon gehört, sonst hätte ich schon vorher. Letztes Mal war es so toll, und ich wollte gerne.«
    Sie stupste ihn kurz und lachte. »Komm mit ins Büro. Ich werde mal sehen, was ich tun kann. Du weißt ja«, raffte sie ihre Tunika, »den Bürokram macht eigentlich Bernhard, und der ist heute in Köln. Aber zur Not schaffe ich das auch. Beim Jugendkreis hast du davon gehört? In Grieth?«
    »Hm, ja, Markus hat es erzählt, aber die anderen wußten es schon. Ich glaube, die kommen fast alle.«
    Magda öffnete eine Tür und schob ihn vor sich her in den Raum. »Komm, setz dich. Laß mich mal sehen, ob ich die Anmeldeliste finde.«
    Der polierte Mahagonischreibtisch war voller Papiere, alle in wohlausgerichteten Stapeln. In der Mitte lag ein Rosenkranz.
    Christian ließ sich vorsichtig auf dem Lederstuhl nieder.
    »Prima, hier habe ich’s«, freute sich Magda. »Also du, paß auf, zwei Plätze sind noch frei, du hast Glück, wirklich.«
    Er konnte auf einmal nicht richtig atmen, sah ihr in die Augen, lachte dann. »Super!«
    »Die Gebühr ist diesmal 150 Mark, Christian.«
    Er nestelte an seiner Jacke. »Ja, ist klar, weiß ich.«
    »Also, fünfzig als Anzahlung würden wohl reichen. Schließlich kennen wir dich doch.«
    »Hab ich da. Den Rest kriegt ihr dann am Wochenende, is’ kein Problem.«
    »Warte, laß mich mal den Quittungsblock …« Sie suchte in der Schreibtischlade. »Hier ist er ja. Dieser dumme Papierkram immer! Aber was sein muß, muß sein. Hast du das Programm schon?«
    »Nö.« Christian schob ihr zwei Zwanziger und einen Zehner über den Tisch. Sie ließ das Geld liegen, ging zum Bücherschrank, holte eine Mappe heraus und blätterte sie durch. »Weiß der liebe Herrgott, wo Bernhard die restlichen Programme …« Plötzlich drehte sie sich um. »Willst du nicht einstweilen Bruder Ignatius begrüßen? Er ist draußen bei den Enten und würde sich bestimmt unheimlich freuen, wenn du kommst.«
    Christian sah zum Fenster und druckste: »Eigentlich müßte ich gleich wieder. Biologie und so.«
    »Na ja, du siehst ihn dann ja sowieso am Wochenende. Ah ja, hier habe ich wenigstens den Entwurf für das Programm. Warte mal.

Weitere Kostenlose Bücher