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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Tages zu ihm auf die Maschine gestiegen und mit ihm weggefahren. Als Papa kam, da wurde es dann etwas ungemütlich hier. Ich persönlich hätte ja meinen Mund gehalten, aber meine Kollegin, die Sabine, das ist eine alte Quatschtüte.«
    »Und was hat Albers dazu gesagt?«
    »Ganz wenig. Der sah zwar aus wie Käse, Milch und Spucke, hat sich aber gehalten wie ’ne Eins.«
    »Hört sich vielleicht blöd an«, meinte Astrid, »aber ich muß Sie das trotzdem fragen: Sind Sie ganz sicher, daß es sich bei dem Jungen um Ralf Poorten gehandelt hat?«
    »Aber hundertpro! Feuerbach hat mir erst gestern wieder die Zeitungsfotos gezeigt. Aber Sie wollten doch wissen, was weiter gelaufen ist, oder? Da war erst mal tote Hose. Clara ist jeden Freitag hier gewesen, Papa hat sie abgeholt, und mehr war nicht. Ich bin ja bald aus den Pantinen gekippt, als dann auf einmal der Junge wieder vor der Türe stand.«
    »Wann war das?«.
    Frau Bauer hatte alles minutiös im Kopf. »Zum ersten Mal vor vier Wochen. Dasselbe Spiel wie im letzten Jahr. Haben sich hier zusammen im Eingang rumgedrückt, nur daß es diesmal von Anfang an ein bißchen mehr zur Sache ging. Wir verstehen uns doch, ne? Ich muß zugeben, daß ich ein bißchen gelünkert hab.« Frau Bauer war obenauf. »Und dann am Freitag vor vierzehn Tagen, da steht der Junge wieder hier, und Clara geht raus. Irgendwann will der Mensch ja mal was Genaueres wissen. Auf alle Fälle, wenn das Fenster da vorne auf Kipp steht, das linke da, dann kriegen Sie ziemlich gut mit, was vor der Tür gesprochen wird. Geschmust wird, müßte ich in dem speziellen Fall sagen. Ich weiß es noch wie heute, du merktest förmlich, wie der Junge sich fast in die Hosen gepinkelt hat, bis er es raus hatte: Meine Eltern sind heute kegeln, und meine Schwester ist auch nicht da, kommst du mit zu mir? Und wie die Clara dann ›ja‹ gesagt hat, also, das treibt mir heute noch die Gänsehaut über den Rücken. Clara, das muß man sich mal vorstellen!«
    Astrid stellte es sich vor und bekam einen trockenen Mund.
    »Ich finde es ganz furchtbar, daß die Geschichte so ein Ende genommen hat. Der arme Kerl, und ich möchte nicht wissen, wie es der Clara jetzt geht!«
    Astrid wußte es. »Ist Clara dann mit Poorten weggefahren?«
    »So schnell, wie die auf dem Moped saß, konnte keiner gucken. Hatte wohl Angst vor der eigenen Courage.«
    »Und wer wollte sie dann abholen?« Frau Bauers Grinsen sah richtig gemein aus. »Das war ihr Bruder. Den hab ich sowieso gefressen, den Stiesel. Aber da war meine liebe Kollegin gottlob nicht hier, und ich hab dem bloß gesagt, Clara sei schon weg, und ich wüßte nicht, wer sie abgeholt hat. Der hat zwar blöd geguckt, ist aber weggefahren. Blieb ihm ja auch nichts anderes übrig.«

    Es war genau 13.30 Uhr, als Klaus van Gemmern ins Büro kam und ihnen den Plastikbeutel mit dem leuchtendroten Faserbüschel auf den Tisch legte.
    »Volltreffer!« Und tatsächlich lächelte er.

25
    Sie schellten noch ein zweites Mal und warteten, aber im Haus rührte sich nichts. Dann hörten sie die Stimme. An dem großen Kolk stand der Mönch, Bruder Ignatius, und sprach mit den Enten. Er warf ihnen Brotrinden zu. Als er Toppe und van Appeldorn kommen sah, lächelte er breit. Auf Toppe hatte er schon beim letzten Mal einen reichlich verwirrten Eindruck gemacht, aber der Mann war wohl einfach nur sehr alt. Seine Kutte war es jedenfalls – sie verströmte einen jauchigen Geruch. Langsam kam er näher, er bewegte sich linkisch, achtete auf jeden Schritt.
    »Wir wollen zu Mühlenbeck«, erklärte van Appeldorn.
    Der Mönch sperrte den Mund auf, sagte aber nichts, vielleicht hörte er schlecht.
    »Ach so«, antwortete er dann doch, legte die Stirn in Falten und versuchte, sich zu konzentrieren. »Der Hirte ist mit der Frau im Mutterhaus in Köln.«
    Van Appeldorn wollte sich schon wieder zum Gehen wenden – der Alte war ohne Zweifel nicht ganz richtig im Kopf – aber Toppe hielt ihn zurück.
    »Bei Ihnen im Haus ist vor einem Jahr ein Junge gestorben, nicht wahr?« fragte er.
    Es dauerte wieder.
    »Nein«, kam es dann deutlich zurück.
    »Kennen Sie Alexander Wirtz?« beharrte Toppe.
    »Jaa!« Der Mönch breitete die Arme aus und hüllte sie ein in eine Wolke seines Gestanks. »Ich kenne sie alle.«
    »Alle wen?« fragte van Appeldorn verdutzt.
    »Alle Kinder, die zu uns kommen. Der Alexander, ja, der war im letzten August bei uns, ein guter Junge.« Er schrabbte sich über die grauen Bartstoppel.

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