Clara
nee, keine Sorge, Chef«, sprang Ackermann auf. »Walter is’ ja dabei un’ Klaus auch, un’ dat war sowieso mehr Walters Idee.«
Werner Albers kam fünf Minuten zu früh. Er war abweisend und störrisch, genau wie die letzten beiden Male. Hauptsächlich deswegen entschied sich Astrid für die klassische Variante: Sie nahm ihn mit ins Vernehmungszimmer und schaltete das Tonband ein.
»Geht es Clara wieder besser?«
»Nein. Nach dem Rückfall gestern!«
Den Vorwurf konnte Astrid nicht überhören, aber sie wollte endlich weiterkommen.
»Warum sind Sie eigentlich so feindselig, Herr Albers? Ich erledige nur meine Arbeit. Können wir nicht einmal ganz sachlich und ruhig miteinander reden?«
Er fuhr sich mit der Hand über den Kopf und stöhnte erschöpft.
»Ich will Ihrer Tochter bestimmt nichts Böses. Ich will auch Ihren Ruf nicht schädigen, oder was immer Sie sich in den Kopf gesetzt haben.«
»Warum tun Sie es dann? Warum lassen Sie das Kind nicht einfach in Ruhe?«
»Das kann ich nicht, Herr Albers. Clara war mit Ralf Poorten zusammen, und zwar am Freitag, dem 9. Februar, abends gegen acht Uhr.«
»Blödsinn!«
Astrid verdrehte innerlich die Augen. »Also gut, fangen wir anders an: Wo war Clara am Abend des 9. Februar?«
»Da, wo sie jeden Freitag ist.« Astrid wartete einfach.
»Im Franziskusheim, bei den alten Leuten«, meinte Albers schließlich. »Von wann bis wann?«
»Von fünf bis acht, wie sonst auch.«
»Wie ist sie hin- und zurückgekommen? Fährt sie mit dem Fahrrad?«
»Im Winter?« Da war Entrüstung in seiner Stimme. »Ich soll das Kind im Dunkeln alleine fahren lassen? Nein, ich habe sie mit dem Auto gebracht.«
»Und um zwanzig Uhr haben Sie sie wieder abgeholt?«
»Nein, mein Sohn hat sie abgeholt. Ich war verhindert.«
»Richtig, Sie waren beim CDU-Ortsverband. Und Sie wissen genau, daß Ihr Sohn Clara abgeholt hat?«
»Natürlich, er hat es mir gesagt.«
»Wann und wo?«
Er verschränkte die Arme. Wie kam dieser harte Mensch zu einem Kind wie Clara?
»Als er zurückkam. Er kam zu Lambertz rüber und sagte: Das Kind ist zu Hause.«
»Um wieviel Uhr war das?«
»Weiß ich nicht, hab nicht drauf geachtet. Kann aber nicht spät gewesen sein, sonst wäre es mir aufgefallen.«
»Wo holen Sie Clara normalerweise ab. Gehen Sie ins Altenheim, oder wartet sie draußen?«
»Meistens drinnen, besonders wenn es kalt ist.«
»Kannten Sie Ralf Poorten?«
»Nein.«
»Wußten Sie, daß Clara ein Verhältnis mit ihm hatte?« Albers stand auf, stützte die Hände auf die Tischkante und beugte sich drohend vor. »Meine Tochter hat mit keinem Kerl ein Verhältnis! Und wenn ich mir noch einmal so eine schmutzige Verleumdung anhören muß, dann zeige ich Sie an.«
Astrid blieb ganz ruhig. »Setzen Sie sich, bitte. Schmutzig? Was ist daran schmutzig? Clara ist ein hübsches siebzehnjähriges Mädchen, eine junge, normale Frau.
Er ließ sich auf den Stuhl fallen und legte die Hand über die Augen. »Nein.«
»Wie gut ist Ihr Verhältnis zu Ihrer Tochter. Würde sie es Ihnen erzählen, wenn sie sich verliebt hat?«
Er sah auf einmal aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. »Sie verstehen es wirklich nicht, nicht wahr? Clara liebt Gott.« Seine Stimme war jetzt fest. »Clara lebt in ihrer Liebe, durch ihre Liebe zu Gott. Clara ist kein normales Mädchen. All diese Dinge, die Sie ansprechen, sind ihr fremd. Für mich, für uns alle, ist Clara eine Heilige, und es wird nicht mehr lange dauern, dann wissen das alle Menschen.«
Um 10.58 Uhr fand Klaus van Gemmern die Fasern.
Reimann war heute ungewohnt lebhaft. Er bot sogar Kaffee an, ging im Zimmer hin und her und saß nicht wie sonst gelassen in seinem Sessel, und er duzte sie, zumindest in der Pluralform. »Ja, ich habe was für euch. Ich habe eine Weile rumgeknobelt, aber dann wollte ich es doch lieber ganz offen machen. Hab halt mit der Stationsärztin gesprochen, dann mit dem Chef. Ihr könnt also jetzt ruhig zu Haus 50 gehen und eure Fragen stellen. Ist kein Problem mehr.«
Toppe griente. »Aber Sie können uns auch erzählen, was los ist.«
Reimann griente zurück. »Okay. Alexander Wirtz hat ein schizoaffektives Syndrom.«
»Schon klar«, nickte van Appeldorn.
»Dabei mischen sich Symptome von Schizophrenie und manisch-depressiver Psychose«, fuhr Reimann fort.
»Genau«, bestätigte van Appeldorn. »Nö, ich mein, ist wirklich alles klar jetzt.«
Reimann lachte. »Ich hätte das sowieso in Klartext gebracht,
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