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Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Titel: Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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mitnehmen.«
    Die Dame bedankte sich und setzte sich Clarissa gegenüber auf einen Stuhl. Sie musterte Clarissa abschätzend, während sie nach der Zeitschrift griff, und verzog bei ihrem Anblick kaum merklich den Mund. Clarissa war nicht gerade wie eine Dame gekleidet, sie trug noch ihre Wollhose, den Anorak und die festen Stiefel, die für eine Fahrt mit dem Hundeschlitten am praktischsten waren, und hatte nur die Fellmütze in der Pension gelassen. Ihre honigblonden Haare waren mit einem schmalen Lederband im Nacken zusammengebunden. Anders als die jungen Frauen in Seward, die sich selten in der freien Natur aufhielten, während der eisigen Winter schon gar nicht, war ihr Gesicht von Wind und Wetter gebräunt, und statt nach Rosenwasser duftete sie nach ihren Huskys, ihren treuen Begleitern auf dem Weg nach Seward. Für ein heißes Bad war sie noch viel zu nervös.
    Clarissa erwiderte den missbilligenden Blick der älteren Dame mit einem gezwungenen Lächeln und richtete den Blick wieder auf die Tür zum Gang mit den Operationszimmern. Die Minuten vergingen quälend, ohne dass etwas geschah. Nur das kaum hörbare Geräusch, wenn die ältere Dame eine Seite in der Zeitschrift umblätterte, war in der Stille zu hören.
    Als sich die Tür endlich öffnete, kehrte eine Schwester mit dem Ehemann der älteren Dame zurück. Seine linke Hand steckte in einem festen Verband. »Na, sehen Sie? Das war doch gar nicht so schlimm«, sagte die Schwester mit einem freundlichen Lächeln. »Schonen Sie sich in den nächsten Tagen ein wenig, und belasten Sie vor allem die verletzte Hand nicht! Und kommen Sie in ein paar Tagen noch einmal zum Verband wechseln vorbei.« Sie verabschiedete sich von den beiden, wartete geduldig, bis sie den Warteraum verlassen hatten, und wandte sich an Clarissa: »Ich kann Ihnen leider noch nichts sagen, Ma’am. Wollen Sie nicht doch lieber in der Pension warten? Es dauert sicher noch ein, zwei Stunden.«
    »Nein, danke. Ich warte hier.«
    »Wie Sie wollen, Ma’am.«
    Die Schwester verschwand, und Clarissa war wieder allein mit ihren Ängsten. Als Ehefrau eines Fallenstellers, die schon seit einigen Jahren in der Wildnis von Alaska lebte, war sie einiges gewöhnt. Sie war in den verschneiten Bergen mit ihrem Schlitten verunglückt und hatte nur überlebt, weil sie Bones, der geheimnisvolle Wolf, den sie einst verarztet hatte, in ein Indianerdorf geführt hatte. Sie hatte mehrere Blizzards überstanden. Sie hatte sich gegen Frank Whittler, den aufdringlichen Sohn eines millionenschweren Managers der Canadian Pacific, gewehrt und war von ihm verleumdet und quer durch Kanada und Alaska gejagt worden. So manches Mal war sie nur einen Schritt vom Tod entfernt gewesen. Erst vor zwei Wochen war Whittler dem Deputy U.S. Marshal ins Netz gegangen.
    Sie erschauderte jetzt noch, wenn sie an Frank Whittler dachte. Zuerst war es nur sein verletzter Stolz gewesen, die bittere Erfahrung, dass sich eine junge Frau erdreistete, sich ihm zu widersetzen. Er hatte sie als gewalttätige Diebin in der Öffentlichkeit gebrandmarkt und sogar die Polizei auf sie gehetzt. Nachdem man ihn gefangen und überführt hatte, war er ausgebrochen, und seine Anstrengungen, sie zu vernichten, waren zur krankhaften Be­sessenheit geworden. Er hatte gestohlen und gemordet, war nach der Pleite seiner Familie zum dreisten Verbrecher geworden und würde wahrscheinlich bis ans Lebensende für seine Taten büßen müssen.
    Irgendwann schlief sie über diesen Gedanken ein und schreckte erst hoch, als sich die Tür erneut öffnete und Dr. Ralph M. Blanchard den Warteraum betrat. Er hatte seine Kopfhaube abgenommen und wirkte erschöpft, lächelte aber zufrieden, als er Clarissa gegenübertrat. »Die Operation ist gut verlaufen«, sagte er tatsächlich, »Ihrem Mann geht es den Umständen entsprechend gut. Es wird noch eine Weile dauern, bis er aus seiner Narkose aufwacht, aber ich bin sicher, morgen früh können Sie kurz mit ihm sprechen. Wir werden ihn noch einige Zeit hierbehalten müssen, bis er aufstehen kann, das Gröbste hat er jedoch überstanden. Die Geschwulst ist weg.« Sein Blick wurde ernst. »Ich will Ihnen nichts vormachen, Ma’am. Natürlich kann ein solches Geschwür jederzeit zurückkehren, und auch, wenn nichts zurückbleibt, werden Sie es nicht einfach mit ihm haben. Seine Kopfschmerzen werden nicht ganz verschwinden, und er könnte auch aus nichtigen Anlässen die Nerven verlieren und gereizt reagieren, aber er wird nicht

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