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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Wirt.
    Das leichte Mädchen sah kaum von ihrem Kaffee auf. »Wenn er bei mir wäre, hätten Sie ein Problem, Ma’am. Nee, der hat sich nicht sehen lassen.«
    Clarissa verließ den Saloon, erleichtert und besorgt zugleich, und ging zum Hafen, wo sie die Fischer fragte, die aber alle nur den Kopf schüttelten. Niemand hatte ihren Mann gesehen. Er war spurlos verschwunden, als hätte ihn der Erdboden verschluckt. »Alex!«, flüsterte sie verzweifelt. »Wo bist du?«
    Sie ging am Hafen entlang und kletterte die Böschung hinauf, die am südlichen Ende neben der Hafenmauer emporstieg. Über die Hügel, die sich dahinter erhoben, führte ein schmaler Pfad, auf dem die Kinder im Sommer ihre Drachen steigen ließen.
    Auch als sie auf die Böschung stieg, wehte dort ein böiger Wind und ließ ihren langen Rock flattern. Wenn sie nicht mit dem Hundeschlitten unterwegs war, trug sie immer einen Rock, besonders hier in der Stadt, wo manche Frauen immer noch die Nase rümpften, wenn man eine Hose trug. Auch Alex sah sie gerne in einem Rock, das fand er so »ladylike«.
    Ihr Herz begann heftig zu klopfen, als sie dem schmalen Pfad zum Kiesstrand hinunter folgte und einen Stiefel auf dem Boden liegen sah. Je näher sie ihm kam, desto größer wurde ihre Gewissheit. »Alex … Das ist Alex’ Stiefel!«, flüsterte sie entsetzt. Sie hob ihn auf und starrte ihn ungläubig an. Sein Stiefel, es bestand kein Zweifel, das war sein Stiefel. Sie hatte nach dem Kauf eigenhändig seine Initialen in das Leder geritzt: »A.C.« für »Alex Carmack«.
    Ihr wurde schlecht, und um ihren Hals schien sich ein eiserner Ring zu legen und immer fester zuzuziehen, als sie die Buchstaben sah. Mit dem Stiefel in den Händen sank sie in den nassen Kies und begann laut zu weinen.

7
    Clarissa suchte den ganzen Tag nach Alex. Vor Angst beinahe von Sinnen lief sie über den weiten Kiesstrand, kletterte über die Felsen, die weiter südlich in die Bucht ragten, und ließ den Stiefel auch dann nicht fallen, als sie auf dem nassen Fels ausrutschte und sich den linken Arm aufriss. Die salzige Gischt brannte in den blutigen Schrammen.
    Sie fand keinen weiteren Hinweis auf Alex. Sein Stiefel blieb der einzige Beweis dafür, dass er sein Krankenzimmer verlassen hatte und an diesem Kiesstrand gewesen war. Aber warum nur? Und wo war er jetzt? Die erste Frage hatte der Doktor bereits beantwortet. Er war ein Fallensteller, ein Mann der Wildnis, der es nicht lange in einem Krankenbett aushielt und die Schmerzen in Kauf nahm, wenn er sich nur frei bewegen konnte. Den Schwindel, der beim zu frühen Aufstehen zurückkehren konnte, unterschätzte er wahrscheinlich. Auf die zweite Frage wusste sie keine Antwort. Hatte er die frische Meeresluft genießen wollen? Wollte er mit der Klettertour beweisen, dass er wieder vollkommen gesund war? Hatte er sich nur versteckt?
    An die Möglichkeit, dass er in der Brandung ertrunken war, wollte sie gar nicht denken. Warum auch? Alex würde sich niemals ohne Grund einer Gefahr aussetzen. Oder war er ohnmächtig geworden? Aber warum hatte er dann seinen Stiefel ausgezogen. Das taten doch nur Menschen, die Selbstmord begehen wollten, und er hatte nicht den geringsten Grund dazu. Alles Fragen, die sie bewusst verdrängte, und die ihr auch das Meer nicht beantworten konnte.
    Unbeeindruckt von ihrem verzweifelten Stöhnen, das jedes Mal über ihre Lippen kam, wenn sie den Stiefel ansah, brandeten die Wellen gegen die Küste. Ihr ruhiger Rhythmus schien ihr bedeuten zu wollen, wie vergeblich ihre Suche war. Das Meer ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, nicht einmal, als sie es wüst beschimpfte und für Alex’ Verschwinden verantwortlich machte. »Wenn du ihn mir genommen hast …«, rief sie dem Meer zu und schüttelte drohend eine Faust, weil sie nicht weiterwusste.
    Im Hafen fragte sie die Fischer nach Alex. Die Saison hatte noch nicht begonnen, und es waren nur wenige Männer auf ihren Booten. Ein weißhaariger Mann, der trotz des kühlen Wetters damit beschäftigt war, die Kabine seines Bootes zu streichen, ließ die Hand mit dem Pinsel sinken und schüttelte den Kopf. »Nein … Hier war niemand«, antwortete er, ohne lange zu überlegen. »Zumindest nicht, solange ich auf meinem Boot bin. Ich bin nach dem Frühstück raus, so gegen acht.« Er deutete auf einen jungen Mann im Nachbarboot. »Fragen Sie Jimmy, der ist Frühaufsteher und weiß vielleicht mehr.«
    Doch Jimmy verneinte ebenfalls. »Ich bin seit sieben hier und hab

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