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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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ihrer Haltung, keine Bitte um Entschuldigung, daß sie überhaupt geboren sei.
    »Alexander! Du trödelst! « rief Raine ihr zu, und mit einer Grimasse konzentrierte sie sich wieder auf ihre Schwertübung.
    An diesem Abend warf sich Raine, erschöpft, immer noch sehr schwach, auf seine Koje, um auszuruhen, während Clarissa sich draußen in die kalte Nachtluft setzte und eine Schüssel voll Bohnen aß. Neben ihr saß Jocelin.
    »Du hast dein Hemd zerrissen«, bemerkte sie. »Jemand sollte es für dich nähen. «
    Ehe Clarissa atmen konnte, fanden sich drei Frauen freudig bereit, ihm das Hemd zu flicken.
    »Nein«, murmelte Joss, den Blick auf seine Schüssel gerichtet. »Mir macht der Riß nichts aus. «
    »Gib einer von ihnen dein Hemd«, sagte Clarissa ungeduldig. »Ich hole inzwischen eines von Raines Hemden, das dich warm hält. Er hat mehr als genug davon. «
    Widerstrebend zog Joss sein Hemd aus, während Clarissa ins Zelt eilte, einen Blick auf Raine warf, der auf seiner Koje schlief, und dann, ein Hemd unter dem Arm, wieder hinauseilte. Draußen blieb sie erst einmal stehen und betrachtete Jocelin, der mit nacktem Oberkörper vor dem Feuer saß, während die um ihn versammelten Frauen mit gierigen Augen nur auf Joss sahen, auf seine Schönheit, sein melancholisches Gesicht. Rosamund stand abseits und betrachtete ihn ebenfalls; doch Jocelin sah zu keiner von den Frauen hin.
    Clarissa trat ans Feuer, gab Joss das Hemd und füllte sich den Becher mit kochendem Apfelwein. Sie blies in den Becher, damit der Wein sich abkühlte.
    Plötzlich gab es einem Lärm außerhalb des Lichtkreises, und alle drehten den Kopf in diese Richtung.
    Später konnte Clarissa sich wirklich nicht erinnern, daß sie geplant hatte, was sie nun tat. Niemand sah her, sie stand dicht neben Jocelins bloßem Arm und hielt den Becher mit heißem Apfelwein in der Hand. Sie dachte nur daran, daß Joss zu Rosamund gehen mußte, wenn er verletzt wurde, und im nächsten Moment schüttete sie den halben Becher über Jocelins Arm.
    Sogleich bereute sie ihre Tat. Jocelin sprang von ihr weg, und das Hemd fiel auf den Boden.
    »Joss, ich… «, begann sie und blickte entsetzt auf die Haut an seinem Arm, die sich rot färbte.
    »Rosamund«, flüsterte jemand. »Holt Rosamund. «
    Binnen Sekunden war Rosamund bei ihm, legte ihre kühlen Finger aus Jocelins Arm und führte ihn weg in den Schatten.
    Clarissa merkte es nicht, doch sie hatte Tränen in den Augen und zitterte am ganzen Körper, weil sie so etwas getan hatte. Es war alles so rasch gegangen, und sie hatte keine Zeit zum Überlegen gehabt. Eine mächtige Hand faßte sie im Genick, daß sie sich nicht mehr zu rühren vermochte.
    »Du folgst mir jetzt zum Fluß, und wenn du dich weigerst, bekommst du die Peitsche zu spüren«, fauchte Raine an ihrem Ohr. Seine Stimme bebte vor Zorn.
    Raines Entsetzen trat an die Stelle ihrer Reue über das, was sie Joss angetan hatte. Er wollte sie verprügeln? Sie schluckte und folgte Raine in den dunklen Wald. Sie verdiente diese Strafe, denn sie hatte kein Recht dazu, ihren Freund zu verletzen.

Kapitel 9
    Am Fluß wandte Raine sich ihr zu, sein hübscher Mund verzerrt, als er sie anfauchte: »Ich sollte dich verprügeln. « Doch er gab ihr nur einen leichten Stoß, daß sie sich auf den kalten Boden setzte.
    »Und womit hat sich Jocelin deiner Ansicht nach so etwas verdient? « fragte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Warst du eifersüchtig auf den Riß in seinem Wams? Hat er etwas gesagt, was dir mißfiel? Vielleicht kann er besser auf der Laute spielen als du. «
    Das forderte ihren Widerspruch heraus. »Niemand spielt besser als ich«, sagte sie fest, das Kinn vorgeschoben, während sie zu ihm hinaufsah.
    »Tod und Verdammnis über dich! « sagte er, packte sie vorn am Hemd und zog sie in die Höhe. »Ich vertraute dir. Ich dachte, du gehörtest zu den Ausnahmen deiner Klasse, die Ehrgefühl besitzen. Aber du bist nicht besser als sie — du schämst dich nicht, wegen kleinlicher Differenzen dein Ehrgefühl zu vergessen! «
    Die beiden gaben ein seltsames Paar ab. Raine, der doppelt so groß war wie Clarissa, überragte sie wie ein Turm; doch Clarissas Stimme konnte es an Kraft mit jedem aufnehmen. »Ehre! « brüllte sie zurück. »Ihr wißt ja nicht einmal, was dieses Wort bedeutet. Und Jocelin ist mein Freund. Wir haben keine Differenzen. « Damit war klargestellt, mit wem sie Differenzen hatte.
    »So! Dein gemeines Spatzengehirn goß kochenden

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