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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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hat… «
    »Vorsichtig! « warnte Clarissa. »Mir scheint, daß du dich eher vor meinem Zorn in acht nehmen müßtest. Was hast du hier gesucht, als ich hereinkam? «
    Blanche verweigerte ihr die Antwort.
    »Dann werde ich Raine das wohl melden müssen«, sagte Clarissa und wandte sich zum Gehen.
    »Nein! « rief Blanche mit tränenüberströmter Stimme. »Ich habe niemand, zu dem ich gehen könnte. Bitte, verpetze mich nicht bei ihm. Ich werde nichts stehlen. Das habe ich noch nie getan. «
    »Ich verlange einen Preis dafür, daß ich Raine nichts sage. «
    »Was? « fragte Blanche erschrocken.
    »Erzähl mir die Wahrheit über Jocelin. «
    »Jocelin? « fragte Blanche, als hätte sie den Namen noch nie gehört.
    Clarissa funkelte sie an. »Man wird mich bald vermissen, und wenn jemand kommt, um mich zu holen und du mir bis dahin nicht erzählt hast, was ich wissen möchte, erfährt Raine von mir, daß du gestohlen hast. «
    Sofort begann Blanche zu erzählen: »Jocelin war ein Jongleur, und all die höchstgeborenen Ladys wollten ihn haben, nicht nur wegen seiner Musik, sondern seiner… « Sie zögerte. »Der Mann ermüdete nie«, sagte sie nachdenklich, daß Clarissa glauben mußte, sie wüßte es aus eigener Erfahrung. »Er begab sich in das Schloß der Chatworth, weil Lady Lilian ihn dorthin befahl. «
    Bei dem Namen Chatworth ruckte Clarissas Kopf hoch. Chatworth war der Mann, der Raines Schwester und Schwägerin gefangenhielt.
    »Lady Lilian ist eine böse Frau«, fuhr Blanche fort; »doch ihr Gatte, Lord Edmund, war noch viel schlimmer. Er machte sich ein Vergnügen daraus, Frauen zu verprügeln und sie leiden zu sehen, wenn er sie mit Gewalt nahm. Da war eine Frau, Constance, und er schlug sie, bis sie tot war — oder wenigstens glaubte er, sie sei tot. Er gab Joss ihren Körper, damit er ihn beseitigen sollte. «
    »Und? « drängte Clarissa, »ich habe nicht mehr viel Zeit. «
    »Die Frau war nicht tot, und Joss versteckte sie, pflegte sie gesund und verliebte sich in sie. «
    »War das ungewöhnlich für einen Mann von Jocelins… Talenten? «
    Blanche sah plötzlich sehr nervös aus, zog an den Fingern und trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich glaube nicht, daß er vor Constance eine Frau geliebt hatte. Als Lord Edmund entdeckte, daß das Mädchen noch lebte, nahm er sie wieder in Besitz und warf Jocelin in ein oubliette. Und das Mädchen… diese Constance… «
    »Ja? « sagte Clarissa ungeduldig.
    »Sie dachte, Joss sei so gut wie tot, und nahm sich das Leben. «
    Hier bekreuzigte sich Clarissa, da Selbstmord eine Todsünde war.
    »Aber Joss konnte seinem Verlies entrinnen und kam hierher«, schloß sie.
    »Zuerst tötete er Lord Edmund«, sagte Blanche mit tonloser Stimme, drängte sich an Clarissa vorbei und rannte aus dem Zelt.
    »Er hat einen Lord umgebracht«, flüsterte Clarissa, obwohl ihr niemand zuhörte. Zweifellos war eine riesige Belohnung auf seinen Kopf gesetzt, und kein Wunder, daß er mit den Frauen des Lagers nichts zu tun haben wollte. Clarissa wußte sehr wohl, was es bedeutete, einen Menschen zu lieben und ihn zu verlieren.
    »Was tust du denn hier? « fragte Raine wütend hinter ihrem Rücken. »Du bist vor mehr als einer Stunde weggegangen, und nun stehst du hier und tust nichts. «
    »Ich werde mich sofort an die Arbeit machen«, murmelte sie und wandte sich ab.
    Er faßte nach ihrem Arm, ließ ihn aber so rasch wieder los, wie er ihn berührt hatte. »Hast du etwas Schlimmes erfahren? «
    »Nichts, was Euch interessieren würde«, erwiderte sie bissig, ehe sie aus dem Zelt ging.
    An diesem Tag galten ihre Gedanken nur noch Jocelin. Joss war ein liebenswürdiger, freundlicher, empfindsamer Mann, der es verdiente, daß jemand ihn liebte. Sie wünschte, sie hätte sich in Joss verlieben können; wieviel einfacher wäre da alles gewesen. Eines Tages, vermutlich bald, würde Raine diesen Wald verlassen und zu seiner reichen Familie zurückkehren. Dann würde sie allein sein.
    Als sie gedankenabwesend ein Schwert über den Kopf hob und versuchte, damit lotrecht zuzuschlagen, nahm sie eine Bewegung am Rand des Übungsfeldes wahr. Dort, im Schatten, stand Rosamund und sah wie gebannt herüber. Clarissa blickte in die Richtung, in die die Frau sah, und merkte, daß sie nur Jocelin beobachtete und dabei in ihren Augen ein leidenschaftliches Feuer brannte. Auch Begierde, wie Clarissa erkannte. Rosamund hielt den Kopf nicht gebeugt, und zum erstenmal war nichts Unterwürfiges an

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