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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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großer Vorteil, ein Edelmann zu sein. Nun kannst du zum König gehen und ihn um Verzeihung bitten, und dann werde ich mit dir in dein Haus zurückkehren. Ich werde für dich singen und spielen, und wir werden sehr glücklich sein. «
    Raine schob sie mit einer Handbewegung von sich und begann sich anzuziehen. »Den König um Verzeihung bitten? « murmelte er. »Und was habe ich getan, das er mir verzeihen muß? Hast du vergessen, daß zwei Frauen aus meiner Familie gefangengehalten werden? Hast du vergessen, weshalb ich hier bin? Was soll aus den Leuten im Lager werden? Erst wetterst du gegen Einfriedungsmaßnahmen, und im nächsten Atemzug verlangst du, daß die vertriebenen Farmer die Heimat wieder aufgeben sollen, die sie hier gefunden haben. «
    »Raine«, bettelte sie und hielt ihr Hemd an ihren Hals. »Ich meinte doch nicht… Wenn König Heinrich auch deine Seite der Geschichte hörte, würde er dir gewißlich helfen. Dieser Chatworth darf sich doch nicht erlauben, deine Familie festzuhalten. «
    »Heinrich! « grollte er. »Du redest über ihn, als wäre er ein Gott. Er ist ein habgieriger Mann. Weißt du, weshalb er mich ächtete? Weil er mein Land besitzen möchte. Er wünscht, alle Edelleute ihrer Macht zu berauben und sie sich selbst vorzubehalten. Natürlich wünscht deine Klasse, daß ihm das gelänge, da er euch Gutes tut; doch was geschieht, wenn ein schlechter König an die Macht kommt? Möchtest du die Befehle eines solchen Mannes befolgen? «
    Hastig zog sie sich ihr Hemd an. Sie hatte Raine noch nie so wütend gesehen. »Meine Rede bezog sich nicht auf ganz England«, beruhigte sie ihn. »Ich sprach von uns. Du könntest gewiß mehr Gutes für deine Familie tun, wenn du mit ihr vereint wärest. «
    »Und damit ich wieder bei meiner Familie sein kann, möchtest du, daß ich auf meinen Knien vor dem König rutsche? « flüsterte er. »Ist das dein Wunsch? Mutest du mir zu, daß ich mich vor ihm winde und den Schwur, meine Ehre als Ritter zu verteidigen, breche? «
    »Ehre! « wiederholte sie laut. »Was hat Ehre denn damit zu tun? Du tatest unrecht, die Gefolgsmänner des Königs für deine Zwecke zu verwenden. «
    Eine Sekunde lang war sie überzeugt, was er sie fragen würde. Doch dann wich er nur einen Schritt vor ihr zurück und musterte sie mit flammenden Augen. »Für mich bedeutet Ehre alles«, flüsterte er, ehe er zum Lager zurückging.
    So rasch sie konnte, kleidete sie sich wieder an und rannte ihm nach.
    Vor Raines Zelt erwartete sie ein Gefolgsmann seines Bruders mit einer Botschaft in der Hand. Sie war froh, diesen Mann zu sehen. Vielleicht würde eine gute Nachricht Raine seinen Zorn vergessen lassen.
    Sie eilte auf den Mann zu, nahm ihm die Botschaft ab, und ohne Raine anzublicken, schlüpfte sie ins Zelt. Lächelnd öffnete sie die versiegelte Botschaft, und im nächsten Moment sackten ihre Schultern nach unten.
    »Was steht darin? « fragte Raine finster. »Ist jemand krank geworden? «
    Tränen blinkten in Clarissas Augen, als sie zu Raine emporsah. Seine Augen wurden hart, als er ihren glasigen Blick bemerkte.
    »Was steht in dem Brief? « begehrte er zu wissen.
    »Deine… Schwester Mary ist… tot«, flüsterte sie.
    Raines Gesicht verriet nicht, was er empfand. Nur seine Mundwinkel verfärbten sich weiß. »Und Alicia? «
    »Sie konnte Roger Chatworth entkommen; wurde jedoch bisher noch nicht aufgefunden. Deine Brüder suchen gerade nach ihr. «
    »Steht noch mehr in dem Brief? «
    »Nein, nichts. Raine… «, begann sie.
    Er schob sie zur Seite. »Geh! Laß mich allein! «
    Clarissa schickte sich an, seinem Befehl zu gehorchen, doch als sie auf seinen steifen Rücken zurücksah, wußte sie, daß sie ihn nicht allein lassen konnte. »Setz dich! « befahl sie, und als er ihr das Gesicht zuwandte, sah sie, daß seine Augen schwarz waren wie glühende Kohlen der Hölle.
    »Setz dich«, sagte sie leiser, »und wir werden reden. «
    »Laß mich allein! « brüllte er, setzte sich aber trotzdem auf einen Schemel und vergrub das Gesicht in beiden Händen.
    Sofort saß Clarissa zu seinen Füßen, ohne ihn zu berühren.
    »Wie war sie? « fragte sie flüsternd. »War Mary klein oder dick? Lachte sie gerne? Neckte sie dich und deine Brüder? Was tat sie, wenn du häßlich zu ihr wurdest und sie am liebsten deinen dicken Schädel mit einer Keule bearbeitet hätte? «
    Er sah bei dieser Frage mit dunklen, zornigen Augen hoch. »Mary war herzensgut und immer freundlich. Sie hatte keinen

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