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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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    »Eine Verhandlung und deine Verbannung. Ehe ich hierherkam, versprach ich, für Gerechtigkeit zu sorgen. Ich schwor, daß alle Übeltäter bestraft würden. «
    »Aber ich habe nichts Unrechtes getan«, sagte sie, den Tränen nahe.
    »Möchtest du das diesen Leuten vortragen? Sie werden dich schuldig finden, auch wenn du die heilige Maria wärest. «
    »Aber weshalb denn, Raine? Ich habe ihnen nichts getan, gestern abend versuchte ich sogar, ihnen etwas vorzusingen; doch sie wandten sich ab. «
    Er war ernst, als er auf sie hinunterblickte und fragte: »Hat es den Leuten immer genügt, wenn du ihnen etwas vorgesungen hast? Hat keiner mehr von dir verlangt als nur eine süße Stimme? «
    Dafür hatte sie keine Antwort. Denn für sie hatte es kein Leben ohne Musik gegeben. Die Leute in ihrer Stadt hatten von ihr nichts anderes erwartet als Musik. Damit waren sie genauso zufrieden wie sie selbst.
    »Komm«, sagte Raine, »wir müssen uns etwas ausdenken. «
    Bedrückt folgte sie ihm, hielt den Kopf gesenkt, damit sie keinem, dem sie begegneten, ins Auge sehen mußte. Dieser Zorn, dem sie sich ausgesetzt sah, war für sie eine ganz neue Erfahrung.
    Sobald sie im Zelt waren, sagte Raine leise: »Morgen werden wir den Wald verlassen. «
    »Verlassen? Wir? Ich verstehe nicht. «
    »Die Leute sind vergiftet, gegen dich eingenommen, und du bist im Lager nicht mehr sicher. Ich kann dich nicht jede Minute des Tages schützen, und ich darf nicht zulassen, daß sie dir etwas tun. Morgen früh verlassen wir den Wald. «
    Clarissa, die den Haß der Lagerbewohner durch die dünnen Wände des Zeltes spürte, vermochte ihn kaum anzuhören. »Du kannst den Wald nicht verlassen«, murmelte sie. »Der König wird dich aufspüren. «
    »Zum Henker mit dem König! « sagte Raine zornig. »Ich kann nicht hierbleiben und vor Sorge vergehen, daß einer der Verbannten jeden Moment über dich herfallen könnte. Und du kannst dich auch nicht mit deiner Stimme aus dieser Klemme befreien, Clarissa. Denn trotz ihres verlotterten Aussehens sind sie intelligenter als die Pferde, die du mit deinem Gesang verzauberst. Sie werden alles versuchen, um dir ein Leid anzutun. «
    Clarissa fing an, seine Worte zu hören. »Du würdest mit mir gehen? «
    »Natürlich. Ich könnte dich doch unmöglich alleine lassen. Du würdest nicht einen Tag draußen in der Welt lebend überstehen. «
    Tränen verschleierten ihre Augen. »Weil auch andere Menschen sogleich entdeckten, was ich bin? Daß ich eine eitle, arrogante Person bin, die nur an sich selbst denkt? «
    »Clarissa, du bist ein süßes Kind, das sich um mich Sorgen macht. «
    »Wer könnte dir deine Liebe versagen? « fragte sie schlicht. »Du hast mehr Güte in deinem kleinen Finger als ich in meinem ganzen Körper. Und nun riskierst du Gefangennahme und Kerker, um mich zu retten. «
    »Ich werde dich zu meinem Bruder bringen und… «
    »Und Gavin riskiert den Zorn des Königs, weil er eine Frau, die wegen Zauberei gesucht wird, in seinem Haus versteckt. Würdest du deine ganze Familie meinetwegen gefährden, Raine? Liebst du mich so sehr? «
    »Ja. «
    Clarissas Blick forschte in seinem Gesicht, und als sie die Liebe darin erkannte, empfand sie keine Freude, sondern Schmerzen. »Ich muß allein sein«, flüsterte sie. »Ich muß nachdenken. «
    Er folgte ihr bis zur Zeltklappe, und als sie hinausging, rief er Jocelin zu sich.
    Während sie durch den dunklen Wald zum Fluß schritt, überstürzten sich die Gedanken in ihrem Kopf. Sie setzte sich auf einen Stein und starrte in das dunkle glitzernde Wasser.
    »Komm heraus, Joss«, rief sie. »Du bist ein schlechter Pirschgänger«, sagte sie niedergeschlagen, als er sich neben sie setzte. »Hat Raine dir befohlen, mich zu beschützen? «
    Joss blieb stumm.
    »Er muß mir jetzt einen Wächter beigesellen«, sagte sie. »Er kann mich nicht einmal für Minuten unbeobachtet lassen aus Angst, jemand würde mich bestrafen. «
    »Du hast nichts Unrechtes getan. «
    »Ich habe nichts gestohlen; aber auch nichts Gutes getan. Schau dir dagegen Raine an. Er könnte jetzt in einem anderen Land behaglich leben; doch er zieht es vor, in diesem kalten Forst zu bleiben und seinen Landsleuten zu helfen. Er beschützt sie, sorgt für ihre Nahrung, ist unermüdlich für sie tätig. Und doch ist für seine Ergreifung eine Belohnung ausgesetzt, und er muß sich hier verstecken, obwohl seine Familie ihn braucht. Seine Schwester wird vergewaltigt und gibt sich selbst den

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