Clarissa
Tod, und vor Kummer arbeitet er den ganzen Tag und gönnt sich keine Stunde Ruhe. «
»Raine ist ein guter Mann. «
»Er ist ein vollkommener Mann«, sagte sie.
»Clarissa«, flüsterte Jocelin, seine Hand auf ihrem Arm, »Raine wird dich vor den Geächteten schützen, und wenn er einmal nicht in deiner Nähe sein kann, bin ich es. Deine Liebe zu ihm hat ihm über seinen Kummer hinweggeholfen. «
Daß Joss wußte, daß sie eine Frau war, kam für sie nicht überraschend. »Aber bringt ihm meine Liebe Segen? Ich bin seiner nicht wert. Morgen plant er, dieses Lager zu verlassen, und bei Tageslicht durch das offene Land zu reiten, wo er eine leichte Beute für des Königs Zorn ist. Er will die Sicherheit dieses Forstes verlassen und Gefangenschaft oder gar seinen Tod riskieren, um mich zu beschützen. «
Wieder schwieg Jocelin.
»Hast du nichts darauf zu sagen? Kein beruhigendes Wort, daß Raines Leben nicht gefährdet ist? «
»Er wird in großer Gefahr sein, wenn er den Wald verläßt. Seine Erscheinung sticht überall hervor, und er ist kein Unbekannter in diesem Land. «
Clarissa seufzte tief. »Wie kann ich zulassen, daß er so viel für mich riskiert? «
»Was hast du dir ausgedacht? « fragte Joss mit scharfer Stimme.
»Ich werde mich alleine fortstehlen. Ich kann nicht bleiben und Raine mit der Sorge um mein Leben belasten; und er kann nicht mit mir fortgehen. Deshalb gehe ich allein. «
Jocelins Lachen erschreckte sie. »Ich bin sicher, Raine Montgomery wird sich deinem Plan unterordnen wie ein Schoßhund. Du sagst ihm, daß du das Lager zu verlassen beabsichtigst, und er wird dir in aller Freundschaft einen Abschiedskuß geben und dir alles Gute wünschen. «
»Ich bin auf einen Kampf vorbereitet. «
»Clarissa«, lachte Jocelin. »Raine wird dich über den Rücken seines Pferdes werfen und dich aus dem Wald bringen. Du kannst so laut brüllen, wie du willst; aber über den Ausgang dieses Streits entscheiden Muskeln, nicht Worte. «
»Du hast recht«, stieß Clarissa hervor. »Oh, Joss, was kann ich tun? Er darf sein Leben nicht für mich riskieren. «
»Liebe ihn«, sagte Joss. »Das ist alles, was er sich wünscht. Geh mit ihm, bleib bei ihm. Wache über ihn bei allem, was er tut. «
Sie sprang von dem Felsblock auf, die Hände an den Hüften, und funkelte Jocelin an. »Was soll ich tun, wenn er meinetwegen getötet wird? Soll ich seine kalte Hand halten und süße Lieder für den Herrgott singen? Ich werde zweifellos eine großartige Musik erschaffen, und jeder wird sagen, wie sehr ich ihn geliebt haben muß. Nein! Ich mag keine kalten Hände. Ich will sie heiß, und sie sollen mich streicheln — oder meinetwegen auch eine andere Frau. Ich würde Raine lieber Blanche zurückgeben, als ihn tot zu meinen Füßen liegen sehen. «
»Wie willst du es dann anstellen, daß er hierbleibt? « fragte Jocelin.
Sie setzte sich wieder. »Ich weiß es nicht. Es muß doch etwas geben, was ich ihm sagen könnte. Vielleicht eine Beleidigung seiner Familie… «
»Raine würde dich auslachen. «
»Vielleicht, wenn ich ihm sagte, er wäre ein… « Ihr fiel kein Name oder Schimpfwort ein, das er nicht schon von ihr gehört hatte. Offenbar konnte sie ihn damit nicht verletzen. »Oh, Joss«, sagte sie verzweifelt. »Was kann ich tun? Raine muß vor sich selbst geschützt werden. Wenn er den Wald verläßt, wird er zweifellos Jagd auf Chatworth machen, und dann würde der König in den Streit hineingezogen, und… Ich darf das nicht zulassen! Was kann ich tun? «
Es dauerte eine Weile, ehe Jocelin antwortete, und dann verstand sie nur mit Mühe, wie er sagte: »Geh mit mir ins Bett. «
»Was? « Sie wirbelte zu ihm herum. »Ich spreche mit dir über die Sicherheit eines Mannes, der meinetwegen den Tod erleiden könnte, und du versuchst mich in dein Bett zu locken? Wenn du eine Frau haben möchtest, suche dir eine von diesen Weibern, die dir mit hechelnden Zungen nachschauen. Oder nimm Rosamund zu dir in dein Bett. Ich bin überzeugt, sie wird das mehr genießen als ich. «
»Clarissa«, lachte er leise, die Hand auf ihrem Arm. »Ehe du noch heftiger über mich herfällst, hör mir erst zu. Wenn es dir ernst ist, daß Raine hierbleiben soll, wirst du ihn niemals dazu überreden können; aber vielleicht könntest du ihn durch eine Tat dazu bewegen. Tatsächlich kennt er dich ja nicht sehr gut, nicht genügend, um dir zu vertrauen; oder vielleicht vertraut kein Mann je ganz einer Frau. Wenn Raine dich mit
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