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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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mit einem seidenen Kleid leicht zu überbrücken sei; doch Clarissa mochte das nicht einsehen. Er wußte, daß sie nicht nur über Raine brütete, sondern auch über den Haß, den ihr die Verbannten im Wald entgegengebracht hatten.
    Mit fortschreitender Schwangerschaft wurde Clarissa ruhiger, nachdenklicher, und sie schien auch ihre Umgebung bewußter aufzunehmen als in der ersten Zeit ihrer Bekanntschaft. Zuweilen, wenn auch nicht oft, hörte sie sogar zu üben auf, um anderen bei ihren Verrichtungen zu helfen. Wenn sie über Land zogen, reisten sie lieber mit einer Gruppe, als sich zu zweit der Gefährdung durch Straßenräuber auszusetzen, und Clarissa nahm zuweilen ein paar Kinder auf einem Spaziergang mit, um den Müttern eine Ruhepause zu gewähren. Einmal teilte sie sogar ihr Essen mit einem zahnlosen alten Bettler. Ein andermal kochte sie ein Essen für einen Mann, dessen Frau unter ein paar Bäumen lag und ihr achtes Kind zur Welt brachte.
    Die Leute lächelten dankbar, und so gewannen sie Freunde an jedem Ort, den sie auf ihrer Reise besuchten. Ein Kind schenkte Clarissa einmal einen kleinen Strauß von Wiesenblumen, und dabei waren Clarissas Augen feucht geworden.
    »Sie bedeuten mir sehr viel«, hatte sie gesagt und den Strauß fest an sich gedrückt.
    »Sie belohnte dich, weil du ihr gestern geholfen hast. Die Leute hier mögen dich. « Er deutete auf die Reisenden in der Nähe.
    »Und nicht wegen der Musik«, flüsterte sie.
    »Pardon? «
    »Sie mögen mich nicht nur meiner Musik wegen. Und ich habe ihnen etwas gegeben, was nicht zu tun hatte mit Musik. «
    »Du hast etwas von dir selbst gegeben. «
    »Oh, ja, Joss«, lachte sie. »Ich habe versucht, Dinge zu tun, die mir schwer fielen. Singen ist ja so einfach. «
    Nun, im August, als das Kind, das sie trug, eine schwere Bürde für sie war, wurden ihre Schritte immer langsamer, und Joss wünschte, sie könnten es sich leisten, längere Zeit an einem Ort zu bleiben.
    »Bist du bereit zum Aufbruch? « fragte sie und versuchte, sich in die Höhe zu stemmen. »Wir erreichen, wenn wir uns beeilen, das Schloß noch vor Einbruch der Dämmerung. «
    »Bleib hier, Clarissa«, hielt er dagegen. »Wir haben zu essen. «
    »Und versäumen die Verlobungsfeier der Lady? Nein, wenn wir dort sind, finden wir einen reicher gedeckten Tisch, und dafür brauchen wir nur eine Hymne vorzutragen, mit der wir die bezaubernde Erscheinung der Erbin preisen. Ich hoffe sehr, diesmal ist es eine hübsche Erbin! Die letzte war so häßlich, daß ich dem Priester die Lügen beichten mußte, die ich mit meinem Lied verbreitete. «

»Clarissa! « sagt Joss mit gespielter Entrüstung. »Vielleicht war die Lady innerlich schön. «
    »Nur du würdest auf so einen Gedanken kommen. Aber mit deinem Gesicht kannst du es dir ja auch leisten, großzügig zu sein. Ich beobachtete, wie die Mutter des häßlichen Mädchens drohte, dich mit ihren Blicken zu verschlingen. Hat sie dir nach unserem Vortrag ein Angebot gemacht? «
    »Du stellst zu viele Fragen. «
    »Joss, du kannst dich nicht von den Leuten und dem Leben absondern. Constance ist tot. «
    Es hatte lange gedauert, bis Clarissa ihn dazu brachte, ihr von der Frau zu erzählen, die er einst geliebt hatte.
    Jocelin schob den Unterkiefer auf eine Weise vor, die Clarissa zu verstehen gab, daß er nicht über sich sprechen wollte. Ihre Probleme waren ein Gut, das sie unter sich teilten; doch seine behielt er für sich.
    »Natürlich ist keine von den Frauen, die ich bisher sah, so lieblich wie Rosamund. Wenn nur ihr Teufelszeichen nicht wäre. Dieses scheußliche Ding macht es so schwer, eine Schönheit in ihr zu sehen. Ich frage mich, ob es tatsächlich ein Satans-Brandmal ist. «
    Jocelin wirbelte herum. »Es ist eher ein Zeichen von Gottes Gnade, denn sie ist eine gute, liebenswürdige, leidenschaftliche Frau. «
    »Leidenschaftlich? « neckt ihn Clarissa, als er sich abwandte.
    »Du bist grausam, Clarissa«, flüsterte er.
    »Nein, ich wollte dir nur zeigen, daß du keinen Anlaß hast, dich mit mir vor der Welt zu vergraben. Du kannst dich nicht abkapseln. Du hast so viel zu geben. «
    Als er sie ansah, waren seine Augen kalt. »Raine ist nicht hier, also warum findest du nicht einen anderen, den du lieben kannst? Ich habe viele Männer gesehen, vom Edelmann bis zum Stalljungen hinunter, die dir nachblickten. Sie würden dich selbst mit deinem dicken Bauch nehmen. Warum heiratest du nicht einen Kaufmann, der deinem Kind ein Zuhause

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