Claudius Bombarnac
Teppiche feinster Art und von herrlichster Farbenpracht, und auch Seidenstoffe … die freilich denen von Lyon nicht gleichkommen.
Soll ich Einkäufe machen? … Nein! Sich bei einer Fahrt vom Caspisee bis zum Himmlischen Reiche mit Gepäckstücken belasten … nimmermehr! Den kleinen Koffer in der Hand, die umgehängte Reisetasche mit den nöthigsten Kleidungsstücken, das ist genug für mich. Leibwäsche? … Die besorg’ ich mir nach englischem Vorbild unterwegs.
Verweilen wir jetzt einmal vor den berühmten Bädern von Tiflis, deren Thermalwasser bis sechzig Grad Celsius annehmen kann. Hier übt man die Massage in größter Vollendung, macht man das Rückgrat geschmeidig und läßt die Glieder tüchtig knacken. Ich erinnere mich, was darüber der ältere Dumas gesagt hat, dessen Wanderzüge nie ereignißlos verliefen. Im Nothfalle erfand er solche, dieser geistsprudelnde Volldampf-Berichterstatter.
Halt! »Hôtel de France«! Wo gäb’ es auch kein Hôtel de France? Ich trete ein und lasse mir ein Frühstück auftragen … einen georgischen Imbiß, begossen mit einer gewissen Weinsorte Kacheliens, die im Rufe steht, nicht berauschend zu wirken, vorausgesetzt, daß man sie nicht mehr einathmet als trinkt, bei Benützung der weithalsigen Flaschen, in die die Nase eher eintaucht als die Lippen. Das lieben aber die Eingebornen Transkaukasiens gerade ganz besonders. Den im Allgemeinen nüchternen Russen genügt, wie es scheint, ein Theeaufguß, dem man jedoch etwas »Vodka« den landesüblichen russischen Branntwein, zuzusetzen pflegt.
Ich als Franzose und noch dazu als Gascogner, trinke meine Flasche Kachelier, wie wir unseren Chateau Lafitte zu jener jetzt betrauerten Zeit tranken, wo die Sonne diesen noch auf den Rebenhügeln von Pauillac destillirte. In der That paßt jener etwas säuerliche kaukasische Wein recht gut zu dem gebratenen Huhn, sagen wir, dem »Pilau«, und giebt ihm einen besonders angenehmen Beigeschmack.
Das wäre abgemacht. Nun mischen wir uns unverzagt unter die sechzigtausend Bewohner, die die Hauptstadt Georgiens heute zählt. Verlieren wir uns in dem Labyrinth von Straßen und Gassen, inmitten ihrer kosmopolitischen Bevölkerung. Hier giebt’s zahlreiche Juden, die ihre Kaftans von rechts nach links hin zuknöpfen, wie sie im Gegensatz zur arischen Rasse ja auch schreiben. So wie anderswo gar häufig sind die Juden hier aber nicht die Herren des Landes, was ohne Zweifel daher kommt, daß – nach localem Sprichwort – sechs Juden dazu gehören, um einen Armenier zu betrügen, und in den transkaukasischen Provinzen giebt es Armenier in großer Menge.
Ich komme nach einem sandigen Platz, wo Kameele mit vorgestrecktem Kopf und eingeschlagenen Vorderbeinen zu Hunderten lagern. Früher waren es Tausende. Seit der nun einige Jahre zurückliegenden Eröffnung der Transcaspischen Eisenbahn aber hat sich die Zahl dieser buckelrückigen Lastträger gewaltig vermindert. Versuch’s doch Einer mit einfachen Saumthieren gegen die Gepäckwagen und die Güterzüge eines Schienenstranges aufzukommen!
Die zuweilen steil abfallenden Gassen hinuntertrottend, gelange ich nach den Uferstraßen der Kura, die die Stadt in zwei ungleiche Hälften theilt. Zu beiden Seiten aufkletternd, erheben sich die Häuser, hocken eines auf dem andern und steigen über den vorderen Nachbar empor, so daß jeder Bewohner auf das Dach des nächsten unter ihm hinabsieht. In den Stadttheilen längs des Flusses herrscht eine lebhafte Handelsthätigkeit. Da ziehen Weinverkäufer mit ihren zu kleinen Ballons aufgeschwellten Schläuchen umher, und Wasserverkäufer mit den aus Büffelhaut hergestellten Behältern, die wieder mit den Elephantenrüsseln ähnlichen Schlauchstücken versehen sind.
Nun irre ich aufs Geradewohl dahin.
Errare humanum est
, sagen die Collegschüler in Bordeaux so gern, wenn sie die Quais der Gironde abflaniren.
»Mein werther Herr, jüdelt mich da ein Männchen an, indem er nach einem recht unansehnlichen Gebäude hinzeigt, Se sind hier fremd? …
– Vollständig.
– Dann gehn Se mer nicht vorbei an dem Hause da, ohne einmal stehen zu bleiben und es nach Verdienst zu bewundern.
– Was ist daran so wunderbares?
– Hat doch da gewohnt der berühmte Tenorsänger, der Satar, der das Contra-
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mit Bruststimme sang … und was hat man’n gezahlt davor!«
Ich wünsche dem kunstsinnigen Patriarchen sich ein noch besser bezahltes Contra-
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angewöhnen zu können, und steige die Anhöhen des rechten
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