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Claustria (German Edition)

Claustria (German Edition)

Titel: Claustria (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Régis Jauffret
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mehr, bewegt den Mund nicht mehr.“
    ,,Ich wecke ihn jetzt.“
    Fritzl zwickt ihn vergebens in die Wange. Er trägt ihn ins Bad, legt ihn ins Waschbecken. Er dreht den Kaltwasserhahn auf. Das Baby zeigt keinerlei Reaktion. Fritzl dreht das warme Wasser auf.
    ,,Meinst du, er kommt wieder zu sich?“
    Angelika blickt ihn voller Hoffnung an. Dieser Mann, der so oft vom Himmel fiel, um sie vor der Auszehrung zu retten, hat vielleicht die Gabe, Tote aufzuwecken.
    ,,Meinst du wirklich?“
    ,,Warum sollte er denn sterben? In unserer Familie sterben Babys nicht. Denk an deine Großmutter, sie wurde dreiundachtzig Jahre alt.“
    Das Kind starr im Waschbecken. Blasses Gesicht, der Leib schon steif. Angelika wartet darauf, dass sie es aufblühen sieht wie eine dürstende Blume in einer Vase.
    ,,Er bewegt sich wieder.“
    ,,Da siehst du’s!“
    ,,Er plappert.“
    ,,Ich komme gleich wieder.“
    Fritzl rettet sich hinaus.
    Außer Atem kam er oben an. Er öffnete eine Tür, die in den Garten führte. Der Tag ist noch fern. Ein Stückchen Mond in einem Winkel des Himmels. Fritzl blieb auf dem Rasen stehen. Er machte sich Sorgen. Er musste mit einem Problem fertig werden, das er nicht bedacht hatte: eine Leiche beseitigen, einen Beweis zurücklassen. Er könnte sein Auto nehmen und das Kind irgendwo im Wald vergraben oder es auf einer Baustelle in eine Verschalung werfen und in Beton eingießen lassen.
    Früher gaben die Bauern den Schweinen Kinder zum Fraß, die sie in der Wiege erstickt hatten, damit die ohnehin schon vielköpfige Familie nicht noch größer wurde. Fritzl wusste nicht, wo er einen Schweinestall finden sollte. Er dachte an die Zeit, als seine Mutter in den Krematorien gearbeitet hatte.
    Er ging wieder in den Keller.
    Angelika hatte sich nicht gerührt. Ihr Kopf war über das Waschbecken gebeugt. Sie sprach mit dem kleinen Körper in der Sprache der Mütter, die ihr Baby wiegen. Petra und Martin waren aufgewacht. Sie standen zu beiden Seiten neben Angelika und klammerten sich an ihr Kleid.
    Fritzl nahm Angelika am Arm, die Kinder liefen weg.
    ,,Er hat mich gerade zum ersten Mal angelächelt. Es wird ein fröhliches Kind!“
    ,,Wir müssen ihn loswerden.“
    ,,Er wird still sein, er wird nicht mehr Lärm machen als ein Mäuschen.“
    Er packte den Körper.
    ,,Siehst du, er weint nicht, er hat sich an dich gewöhnt.“
    Fritzl war schon an der Luke, er drückte den Leichnam mit beiden Händen an sich, als fürchtete er, er könnte ihm entwischen. Er legte ihn auf den Boden und gab den Türcode ein.
    ,,Lass ihn noch eine Weile bei mir.“
    Angelika streichelte die Wange des Vaters und bat ihn inständig.
    ,,Er muss an die frische Luft, ich bringe ihn dir bald wieder zurück.“
    ,,Ich habe Angst, er könnte sich erkälten.“
    Das Baby war nass und nackt.
    ,,Das meinst nur du.“
    ,,Wir müssen ihn taufen.“
    ,,Das machen wir morgen.“
    ,,Nein, jetzt gleich. Dann bin ich ruhiger.“
    Die Schleuse schwang weit auf. Fritzl hob den Leichnam wieder auf.
    ,,Jetzt gleich!“
    Angelika in Wut. Ein Schrei. Sie stürzt vor, reißt ihm das Kind aus den Armen.
    ,,Ich will nicht, dass er stirbt, hörst du? Das will ich nicht!“
    Die Kraft der Verzweiflung, gegen die ein unbewaffneter Mann nichts ausrichten kann. Angelika trug das Baby weg, sie murmelte ein paar Worte vor dem Waschbecken, träufelte einige Tropfen Wasser auf seinen Kopf. Sie drehte sich zu Fritzl um.
    ,,Ich weiß nicht, wie er heißt.“
    ,,Stanislas.“
    Angelika zog ein zweifelndes Gesicht. Sie erinnerte sich an einen Mitschüler dieses Namens, der sie in der Volksschule jahrelang an den Haaren gezogen hatte. Damals hatte sie für den kleinen Helmut mit den Katzenaugen geschwärmt …
    ,,Er heißt Helmut.“
    ,,Von mir aus. Helmut ist toll.“
    Sie sprach seinen Namen, sagte Amen. Fritzl nahm das Kind.
    ,,Bringst du ihn bald wieder?“
    ,,Morgen, morgen. Morgen bringe ich ihn.“
    Er ging, presste den kleinen Leib an seinen Oberkörper wie ein Grabräuber seinen Schatz. Fünf Minuten später brannte er schon im Heizkessel. Als Fritzl den Keller verließ, warf er einen Blick aufs Dach. Der Rauch aus dem Kamin erschien ihm schwärzer als sonst. Dieser Eindruck verflüchtigte sich schnell, und weiße Rauchfahnen stiegen wieder auf.

Der nächste Tag war schön. Die strahlende Sonne vertrieb die Kälte, Fritzl war nur in einer Strickjacke aus dem Haus gegangen. Anneliese hatte das nächtliche Geklapper längst wieder vergessen. Mit aufgerissenem Mund ging sie

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