Claw Trilogy 01 - Fenrir
weitblickende Frau und eine Feindin des gehenkten Gottes.«
»Was weißt du über den einäugigen Gott, über Odin?«
»Ich bin sein Feind.«
»Kommt er auf die Erde?«
»Wir können ihn daran hindern.«
»Wie?«
Der Wolfsmann berührte seinen Hals, an dem ein Kieselstein hing. Es war ein gewöhnlicher grauer Stein, auf den jemand unbeholfen einen Wolfskopf geritzt hatte.
»Dies ist ein Geschenk von Loki, dem Feind der Götter. Es hält die Magie ab und bringt die Runen zum Schweigen. Wenn sie herkommt, braucht sie dies als Verteidigung. Sobald sie hier ist, muss sie den Wolfsstein tragen. Der Wolf kann sie nicht finden, solange sie ihn trägt. So kannst du sie an einen sicheren Ort bringen.«
»Warum geht sie nicht allein an einen sicheren Ort? Sucht sie den Tod?«
»Das tut sie nicht, aber die Runen wollen es. Sie wird verfolgt. Es gibt eine andere Frau, die Runen in sich trägt. Sie will den Tod der Edelfrau bewirken und ist durchaus fähig, es zu vollbringen. Sie und ihr Bruder – Hugin und Munin – sind starke Hexer, wie ich aus bitterer Erfahrung weiß. Sie dienen Odin.«
»Ich habe von ihnen gehört.«
»Ich habe gegen sie gekämpft, darf aber nicht zu viel riskieren. Es ist die Bestimmung meines Bruders, mich zu töten. Dieser Stein war mein Schutz.«
»Behalte den Stein, ich habe genug Talismane«, erwiderte Helgi.
»Meine Mutter kennt sich in der Seidhr-Magie aus und benutzte diesen Stein viele Jahre lang, um sich vor den Hexen zu schützen. Lege dem Mädchen den Stein an, und ihr werdet beide vor den Runen sicher sein. Der Gott darf sich auf der Erde nicht zusammenfügen. Frage dich selbst, warum ich in dieser Hinsicht lügen sollte, wenn ich in anderer Hinsicht so viel Wahres gesagt habe.«
Helgi betrachtete den Mann und glaubte ihm. Eines wusste er: Dieser Besucher verlangte keine Belohnung und war unbemerkt an den Wachen der Stadt vorbeigekommen. Allein das war Grund genug zu akzeptieren, was er sagte. Das war aber noch nicht alles. Helgi wollte unbedingt, dass der Wolfsmann die Wahrheit sprach, also entschied er, dass dem so sei. »Wird das Schicksal damit abgewendet?« Helgi musste an Ingvar denken, der an der Spitze seines Heeres marschierte.
»Das hoffe ich sehr.«
»Was brauchst du, um nach Paris zu kommen?«
»Nur einen Führer«, erwiderte der Wolfsmann.
»Ich gebe dir meine stärksten Männer mit.«
»Lass mich unbemerkt reisen«, widersprach der Wolfsmann. »Um Paris zu erobern und das Mädchen zu entführen, brauchst du zehntausend Krieger. Es ist besser, überhaupt keine zu schicken als zu wenig. Wir verschleppen das Mädchen heimlich. Ich benötige nur einen Führer, einen kleinen Mann, der für mich einen Gasthof betreten und etwas zu essen kaufen kann, ohne aufzufallen.«
In diesem Augenblick dachte Helgi an den Händler, der ihn um ein Darlehen gebeten hatte, weil er Fracht ankaufen wollte, die dem Prinzen dessen Auslagen zehnfach vergelten sollten. Helgi hatte ihn aus seiner Halle gewiesen. Der Mann hatte bei seinen Geschäften Pech gehabt, und der khagan hatte gefürchtet, so etwas könne ansteckend sein. Der Seidenhändler Leshii war genau der Richtige. Einen unbedeutenderen Mann konnte man kaum auftreiben.
Helgi hatte noch eine Frage, ehe er dem Wolfsmann auch nur einen Hund als Begleitung mitgab: »Wenn du dir so sicher bist zu sterben, warum rettest du dann das Mädchen? Du wirst nicht mehr für sie da sein.«
»Ich bin schon einmal für sie gestorben. Es ist meine Bestimmung, dies zu tun. Es liegt in der Natur des Bandes zwischen ihr und mir. Wenn es dem Gott nicht gelingt, auf die Erde zu kommen, wird sein Bann vielleicht gebrochen, und wenn wir dann wieder leben … « Er brach ab und wusste nicht weiter. »Dann können wir vielleicht in Bescheidenheit zusammen sein.«
»Es ist ein Segen, ein Held zu sein«, widersprach Helgi.
»Ich habe festgestellt, dass dem nicht so ist«, antwortete der Wolfsmann.
Helgi streckte die Hand aus. »Der Stein. Ich brauche ihn, wenn es so ist, wie du sagst. Die Magie, die in diesem Mädchen lebt, könnte auch unabhängig von ihrem Willen wirken.«
»Nein«, wehrte der Wolfsmann ab. »Ich behalte ihn vorerst, um die Kräfte abzuwehren, die gegen mich arbeiten.«
»Wie wird er dann zu mir gelangen?«
»In Loki haben wir einen mächtigen Gott, der für uns wirkt. Dies ist sein Geschenk. Wenn er will, dass du ihn bekommst, und das glaube ich, dann wird der Stein zu dir finden.«
Helgi wusste nicht, was er davon halten
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