Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
Vom Netzwerk:
sterbendes Schaf betrachtet. Die Mondsichel stand am fahlblauen Himmel, die Sonne lugte durch die Bäume und gab der Luft einen kristallenen Schimmer. Es war Tag geworden.
    Auf einmal trübte sich ihr Blick, der Mond tanzte und flackerte, verschwamm und verblasste schließlich ganz. Eine leuchtende Sichel durchbrach die Finsternis. Zunächst glaubte sie, es sei wieder der Mond, doch er war es nicht. Gleich darauf stand sie in einer Höhle, und die helle Sichel war der Ausgang. Sie erkannte, dass die Höhle in einer steil abfallenden Klippe lag. Die Luft strömte an ihr vorbei, Wolkenfetzen hingen wie Berggeister vor ihren Füßen. Sie hielt etwas Schweres in den Armen – einen Mann. Er war tot, für sie gestorben. Sie sah sich um. Irgendwo in der Höhle befand sich jemand, den sie einmal geliebt hatte, das konnte sie spüren.
    Ihr kam ein stampfendes rhythmisches Lied in den Sinn.
    »So zieht Odin hin und kämpft mit dem Wolf … «
    Sie hatte es noch nie gehört und wusste doch augenblicklich, dass es mit ihrem Leben verknüpft war. Wie Nadelstiche drang die Kälte in ihren Körper ein, aber das war nur eine äußerliche Wahrnehmung. In ihrem Geist brodelte und kochte etwas.
    Inzwischen konnte sie noch mehr erkennen. Ein riesiger Wolf, dessen Kopf und Maul von Blut gerötet waren, zerrte an einem gefallenen Krieger. Über der weiten Ebene flogen unzählige Raben. Während das Tier das Fleisch des Mannes zerriss, kamen ihr Gestalten in den Sinn, die sie sofort erkannte – magische Symbole, in denen die tiefsten Beziehungen des Universums einen Ausdruck fanden, lebendige Dinge, die fähig waren, strahlend und klingend aus den dunklen Schatten des Bewusstseins hervorzutreten.
    Sie sprach die Worte im Geist:
    Runen nahm ich vom sterbenden Gott,
    Als der Wolf auf der Wigrid-Ebene
    Die Menschen zerriss.
    Sie hätte sterben sollen, doch wirkten in ihr Kräfte, die ihren Tod nicht wollten und sie nicht sterben ließen, bis sie ihren Zweck erfüllt hatte.
    Ein neues Symbol erschien ihr. Es war ein gezackter Riss im Gewebe des blauen Himmels – auch dies eine magische Form, eine Rune, wie der Vers gesagt hatte. Freilich unterschied sie sich von den anderen. Was hatte sie zu bedeuten? Es war ein Haken, eine Falle. Eine Falle für einen Wolf. Diese Rune bedeutete ihr mehr als alle anderen Figuren zusammen, mehr als das Symbol der Wiedergeburt, das vor ewig verwelkenden und neu sprießenden Blumen überzuquellen schien, mehr als das Symbol, das sie wie ein Schild zu schützen schien, mehr noch als dasjenige, das plapperte und redete und kicherte, während es großes Glück verhieß.
    Abermals vernahm sie die Stimme im Kopf und glaubte sie nun gar zu erkennen. Sie klang nach einem Kind und war doch erschöpft und schwer vor Erfahrung.
    Die Fesseln werden brechen,
    Der Wolf wird sich befrei’n,
    Viel Wissen hab ich jetzt,
    Und noch mehr wird es sein.
    Mit einem Mal ergriff eine seltsame Gewissheit Besitz von Aelis. Sie würde nicht sterben, weil sie mittels der seltsamen Figuren mit etwas in Verbindung stand, das viel bedeutender war als sie selbst. Die Runen hatten sich in all ihren früheren Leben verwurzelt, als sie einen Gott durch die Zähne eines Wolfs hatte sterben sehen. Ein bestimmtes Symbol schob sich nun in den Vordergrund – es war die Pferderune, die schwitzte und stampfte, sich aufbäumte und galoppierte. Auch andere wuchsen in ihr heran, flüsterten mit ihr und blühten auf.
    Sie kam wieder zu sich. Immer noch hockte sie im Fluss auf dem Baumstamm. Der Rabe kauerte über ihr und hielt das grausame Messer in der Hand.
    Als er bemerkte, wie sie sich regte, stand er auf und zog sich einen Schritt zurück. Immer noch war sie in seiner Reichweite, und das Messer zielte unverwandt auf sie. Mühsam kroch sie die Böschung hinauf, bis sie würgend und sich windend liegen blieb. Der Rabe stieß sie mit dem Fuß an und untersuchte sie, als wollte er die Frau verstehen, die er als seine Feindin auserkoren hatte. In Aelis’ Kopf rauschte das Blut und pochte wie Trommeln, die den Wind riefen.
    Sie wusste nicht, woher die Worte kamen, und doch sprach sie zu ihm: »Der Faden meines Schicksals ist gewoben. Er wird nicht heute enden.«
    Dem Raben fiel es nicht auf, dass Aelis Norwegisch gesprochen hatte, obwohl sie diese Sprache kaum verstand. Er zuckte nur mit den Achseln und packte sie an der Kehle.

21
    Sterbesakrament
    B eichtvater. Beichtvater. Gott. Heiliger.«
    Die Stimme holte ihn zurück, obwohl es Jehan klar war,

Weitere Kostenlose Bücher