Claw Trilogy 01 - Fenrir
sich selbst, als das riesige Tier schrie und bockte, um sich zu befreien. Doch der Wolf ließ nicht los.
Dann fielen die Schneegespenster zu Boden, und alles war wieder ruhig. Helgi ging zu der Stelle, wo die Wesen gekämpft hatten. Dort lag nur ein verdrehtes Seil im Schnee. Helgi erkannte den dreifachen Knoten Odins.
Er hob es auf und brachte es dem Bettler, weil ihm dies das Naheliegendste zu sein schien.
»Dies ist geschehen, als er das letzte Mal gestorben ist«, erklärte der Mann und zückte blitzschnell ein langes Messer, um den Knoten in drei Teile zu zerschneiden.
»Zersplittert geht er in der Welt um.« Der Mann hielt Helgi die Stücke hin. »Wenn er je wieder heil wird, wird ein Zerstörungswerk beginnen, wie du und die Heere der Menschheit es noch nicht gesehen haben. Er wird ein Feuer entfachen, das von den Wüstenmenschen bis nach Thule reicht, von den grünen Hügeln Albions bis zum Sand von Särkland.«
»Das verstehe ich nicht«, gab Helgi zu.
»Er ist dreifach in der Welt unterwegs. Wenn er wieder eins wird, werden du und alle anderen Könige der Welt vor ihm weglaufen wie die Ratten vor einem Feuer im Kornspeicher. Nur sein Liebling wird bleiben. Ingvar wird triumphieren, Ingvar wird herrschen.«
Die Worte des Mannes schienen in Helgis Kopf zu zischen und zu knistern. Es klang, als setzte er einem Tier das Brandeisen auf das Fell.
»Aber wie wird er eins?«
»Das vollbringt er so, wie er alles vollbringt – durch den Tod. Drei Menschen leben und tragen die Runen in sich. Bruchstücke des Gottes. Schließlich wird es nur noch einer sein, und dann ereilt dich dein Schicksal und fegt dich vom Antlitz der Erde.«
»Wer sind sie? Was muss ich tun?«
»Wer von Mimirs Brunnen trinkt, zahlt einen Preis. Odin gab sein Auge für Weisheit, der helle Gott Heimdall gab sein Ohr. Was hast du gegeben?«
»Meinen Frieden.«
»Das war nicht genug, es muss mehr sein.«
»Was?«
»Ein Kind.«
»Welches Kind?«
»Das Kind, das neben dir in der großen Halle sitzt.«
»Wozu?«
»Für den Tod.«
Helgi verspürte eine köstliche Vorahnung. Wollte der Gott wirklich Ingvar haben?
»Und wenn ich einwillige, wird der Gott, den du mir gezeigt hast, nicht kommen?«
»Dann ist deine Schuld gegenüber dem Brunnen beglichen. In allen Zeitaltern wirst du als der größte khagan der Erde gerühmt werden. Du wirst eine Vision bekommen, die dir den weiteren Weg enthüllt.«
Helgi lächelte. »Du bist ein Gott«, sagte er. Helgi spürte es genau. Die Luft rings um den Mann schien unter Druck zu stehen und betäubte die Sinne des Prinzen, als sei er unter Wasser. Neben ihm fühlte Helgi sich langsam und zerbrechlich.
»Das bin ich.«
»Wie lautet dein Name?«
»Ich trage viele Namen. Hier bin ich Veles, in Rom bin ich Luzifer. Für dich bin ich Loki.«
Die Furcht ergriff Helgis Hals, als hätte ihn eine Hand gepackt. Er fasste sich, das Entsetzen ließ nach. Die Götter waren auf ihn aufmerksam geworden. Er war wichtig, Großes stand ihm bevor.
»Man nennt dich den Lügenschmied«, sagte Helgi.
Der Gott lächelte. »Diejenigen, die nicht zuhören, machen mich zum Lügner«, entgegnete er. »Die Menschen hören, was sie hören wollen, und wenn sie mich verfluchen, dann geschieht es nicht, weil ich gelogen, sondern weil ich die Wahrheit gesagt habe. Ich danke dir für die Wärme des Feuers. Ich werde es dir vergelten, wenn ich komme und mir hole, was du mir versprochen hast.«
Damit wandte er sich ab und ging in den Schnee hinaus. Helgi sah ihm nach und überlegte sich, wie dumm die Götter doch waren, ein Opfer von ihm zu verlangen, das er ihnen von Herzen gern gab.
An diesem Abend träumte er von einer Edelfrau, die im Land der Franken lebte. Sie war wunderschön und wandelte in den Gärten an einem Fluss.
»Wer bist du?«, fragte er.
»Eine der Drei. Du wirst mich an diesen Zeichen erkennen.« Sie streckte die Hand aus und zeigte ihm acht hölzerne Stempel, die Runen trugen.
»Wie heißt du?«
»Aelis, ich stamme von Robert dem Tapferen ab.«
»Während du lebst, wird es mir gut ergehen«, sagte er zu ihr.
Schon am nächsten Tag schickte er eine Abordnung zu ihrem Bruder in Paris und hielt um ihre Hand an. Er bekam nicht einmal eine Antwort. Dann dachte er über einen Angriff nach, doch sein Heer war in Kiew gebunden und hielt die Petschenegen in Schach. Da entschloss er sich, sie zu entführen.
Helgi war mit dem Heiler auf dem Dach und betrachtete Sváva. Er hatte nicht damit gerechnet, dass
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