Claw Trilogy 01 - Fenrir
gedrillt. Er war jedoch erfreut, als er sah, dass schließlich auch einige seiner Häuptlinge ihren Töchtern erlaubten, neben ihnen an der Tafel zu sitzen.
»Aeringunnr.« Er trat zu ihr, setzte sich und legte ihr die Hand auf den Kopf. Er war sicher, dass sie sterben musste. Nur ein einziges Mal hatte er sie bisher bei ihrem vollen Namen genannt. Für ihn war sie immer nur Sváva gewesen, oder die kleine Maus, weil sie immer dann erschien, wenn er es am wenigsten erwartete. Doch »Maus« war ein viel zu schüchterner Name für sie, und so hatte er sich für Sváva entschieden, denn so hieß eine Walküre, eine von Odins Schlachtjungfern. »Aeringunnr.« Diesen Namen hatte er ihr am Tag ihrer Geburt gegeben. Jetzt benutzte er ihn, um sich von ihr zu verabschieden.
Tränen schossen ihm in die Augen. Er wandte sich von dem Heiler ab und sprach zu dem Mädchen, während sein Blick in die Ferne schweifte. »Siehst du, was du getan hast? So kann ich nicht nach unten gehen.« Denn drunten versammelten sich die Krieger. Es war eine Sache, weichherzig zu sein und sich das Kind auf das Knie zu setzen, und eine ganz andere, sie zu umsorgen wie ein Diener.
Der Heiler, der den ostnordischen Dialekt seiner Herren nur verstand, wenn er sehr genau zuhörte, schwieg.
Schließlich fasste Helgi sich und wandte sich an den Heiler. »Wenn sie stirbt, dann stirbst auch du«, erklärte er. »Ich lasse für sie ein Boot verbrennen, um sie ins Nachleben zu überführen. Du wirst darin sitzen. Es wird eine Ehre für dich sein, also freue dich.«
»Sie wird nicht sterben, khagan . Nicht auf dem Dach und von Talismanen umgeben.«
»Gut«, sagte Helgi. »Wenn sie überlebt, dann überlasse ich es dir, einen weniger edlen Tod zu wählen. Du darfst dich auf meine Kosten in einem Freudenhaus zu Tode huren.«
»Du bist großzügig, khagan «, antwortete der Heiler.
Das Mädchen regte sich, und sofort griff der Heiler zu, damit es nicht vom Dach rutschte.
» Ulfr. «
»Was hat sie gesagt?«
»Das habe ich nicht verstanden, khagan. «
Helgi beugte sich vor und hielt das Ohr über den Mund des Mädchens. Sie stöhnte und wiederholte das Wort.
»Wahrscheinlich hat es nichts zu bedeuten, Herr«, sagte der Heiler. »Im Fieber sagen die Menschen alle möglich…«
» Ulfr. «
Helgi starrte den Heiler an. »Was redest du, Mann? Sie hat ›Wolf‹ gesagt. So deutlich, wie ich auch dich verstehen kann. Was hat das zu bedeuten?«
»Es gibt viele Arten von Geistern, die in sie eindringen können. Ein Wolfsgeist mag über sie gekommen sein, und … «
Helgis erboster, fast mörderischer Blick ließ den Heiler verstummen. Der Prinz war ein guter Menschenkenner, wie der Heiler genau wusste, und hatte ihn durchschaut. Doch der Heiler wusste auch, dass dies die einzige Hoffnung war, die Helgi überhaupt noch hatte.
Der Herrscher sprach langsam, und der Heiler sah, welch große Mühe es ihn kostete, sein berüchtigtes Temperament zu zügeln. »Sorge dafür, dass sie es hier oben kühl hat. Wenn es regnet, bringst du sie hinein. Abgesehen davon passt du auf, dass sie nicht vom Dach fällt.«
»Ja, khagan. Ja, Herr.«
Helgi warf einen letzten Blick auf seine Tochter. Sie war nass vom fiebrigen Schweiß, rote Flecken zeichneten ihr Gesicht, und auch ihr Haar war feucht.
»Und bete zu unseren Göttern«, fuhr Helgi fort. »Denn vielleicht schon morgen wirst du eine Prinzessin in deren Land begleiten.«
32
Für Christus gerettet
D er vom Regen angeschwollene Fluss lag wie zerknittertes Blei im Mondlicht. Die Luft war feucht, und Jehan konnte bestenfalls hoffen, eine kalte und nasse Nacht in klammen Sachen zu verbringen, sofern sie es schafften, die Furt zu überwinden und sich abzusetzen. Sie eilten den Hügel hinab zum Fluss, den einige zerstörte Gehöfte säumten. Die Strömung war ungewöhnlich stark. Es war ein nasser Frühling gewesen, der Regen war unermüdlich und schwer gefallen. Dennoch, die Furt sollte passierbar sein, dachte er. Andererseits hatte er noch nie im Leben über so etwas nachdenken müssen. Die meiste Zeit hatte er im Kloster von Saint-Germain gelebt und war niemals irgendwohin gereist.
Die Wikinger waren nicht so sicher, ob sie den Übergang schafften. Hangaufwärts hatten sich bereits die ersten Reiter versammelt. Jehan zählte zwanzig. Bei ihnen waren etwa doppelt so viele Fußsoldaten. Sie hatten die fliehenden Berserker längst bemerkt. Der Anführer der Reiter deutete mit dem Speer auf sie und versetzte seinem Tier
Weitere Kostenlose Bücher