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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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beleuchten. Sie hatte das Ding gehasst, ohne den Grund zu wissen. Es war ihr wie ein böses Wesen vorgekommen, das am Tisch glühte. Ein hohes Pendel, das nur Unheil bringen konnte. Ihr Vetter Godalbertus war damals noch klein gewesen, gerade fähig, allein zu laufen. Der Ständer war umgefallen, weil ein betrunkener Edelmann ihn angestoßen hatte, und hatte das Kind getroffen und getötet. Graf Albertus hatte den Ständer nach draußen gebracht. Später hatte jemand die Kohlenpfanne mit Erde gefüllt und bepflanzt. In ihrer ganzen Jugend hatte das Ding dann im Garten gestanden, und die Blumen waren aus der Schale gequollen, als hätte sich der Tod mit einer Siegesgirlande geschmückt. Wenn Aelis Sindre betrachtete, dann kam er ihr so vor, als lauerte der Ständer – oder vielmehr das böse Gefühl, das von ihm ausgegangen war – direkt hinter ihm und könne jeden Moment umstürzen.
    »Was wird mit mir geschehen?«
    »Du gehst zu Helgi und wirst gerettet.«
    Seine Unsicherheit entging Aelis keineswegs.
    »Wird der Rabe mich töten?«
    »Er wird es versuchen. Ob es so weit kommt, vermag ich nicht zu sagen. Niemand kann das. Es nützt dir auch nichts, mehr zu erfahren, solange du nicht bei Helgi bist. Ich verspreche dir, dass er es dir besser erklären kann als ich.«
    »Und das alles tust du aus Liebe zu deinem Prinzen?«
    »Edelfrau?«
    »Du sagtest, du handelst aus Liebe.«
    Der Wolfsmann erwiderte ihren Blick. Wieder dachte Aelis an hohes Alter, doch dieses Mal fühlte sie sich wie er. Sie dachte an ihre Kindheit und noch weiter zurück und hatte das Gefühl, eine Last auf den Armen zu tragen, ins Bodenlose zu stürzen und einen Schrecken hinter sich zu spüren, dem sie nicht entkommen konnte.
    Der Wolfsmann zuckte zusammen und fasste sich an die Seite.
    »Wir müssen schnell sein. Ich bin nicht in der Verfassung, gegen den Raben zu kämpfen, wenn er uns entdeckt.«
    »Warum warten wir nicht einfach auf ihn, wenn er Angst vor mir hat?«
    »Der Rabe drückt seine Angst mit Schwertstreichen und Folterung aus«, erklärte Sindre. »Er versteckt sich nicht vor den Ungeheuern seiner Träume, sondern streckt sie nieder.«
    »Können wir jetzt weiterreiten?«, fragte Leshii. »Den Fluss erreichen wir leicht. Die Strömung ist allerdings zu stark, um ein Boot zu nehmen. Sobald wir eine Furt finden, fliehen wir nach Norden und schütteln die Verfolger ab.«
    Aelis blickte zu Sindre und sah sich auf einmal in einem kalten Land auf einer hohen Klippe stehen. Sie hielt jemanden in den Armen. Es war ein Mann, das Gesicht blieb allerdings unkenntlich. War es der Wolfsmann? Auf jeden Fall jemand, der ihm ähnlich sah, mehr wusste sie nicht. Sie hatte keine Ahnung, was von der Vision zu halten war und konnte nicht einmal einschätzen, ob es um die Vergangenheit oder die Zukunft ging. Vielleicht erblickte sie etwas, das nie geschehen war und nie geschehen würde. Immerhin erfuhr sie, dass sie mit diesem Mann auf eine Weise verbunden war, die weit über ihre Rettung durch ihn und ihre gegenwärtige Unterhaltung hinausging. Wenn sie ihn ansah, dachte sie nicht an Liebe. Ein anderes Wort kam ihr in den Sinn: daudthi. Die Bedeutung kannte sie nicht, sie konnte es sich nicht übersetzen, doch es ging mit einer Flut von Bildern und Eindrücken einher: ein Krieger, dessen weißes Haar im Dunkeln schimmerte, bis er ebenso schnell verschwand wie ein Fisch im Teich, gequälte Schreie, ihr schmerzender, geschundener Körper. Dann wehte ein starker Tiergeruch herbei, der sie abermals an das Wort erinnerte und dieses Mal die Erklärung mitbrachte: daudthi. Der Tod. Sie sah den Tod, wenn sie Sindre betrachtete, nicht die Liebe.
    Trotzdem wirkte dieser Tod für sie und nicht gegen sie. Der Wolfsmann hatte sie zu schützen versucht, und sie sah sich verpflichtet, dem instinktiven Vertrauen zu folgen, das sie für ihn empfand.
    Sie blickte zum Polarstern und nach Osten zur Kassiopeia. Das wie ein flaches M geformte Sternbild erinnerte sie an das Symbol in ihrem Kopf, das die Pferde gerufen hatte. Sie stellte sich die Sterne als aufsteigendes Pferd vor, das ihr den Weg wies. Dort lag ihre Bestimmung, sie war jetzt sicher. Dort bei Helgi und seiner Magie im Land der Rus.
    »Bringt mich nach Osten«, sagte sie und trieb ihrem Pferd die Fersen in die Seiten.

Zweiter Teil
    Wolfszeit

31
    Helgis Opfer
    J ahre bevor Aelis sich aufmachte, bei Helgi Hilfe zu suchen, hatten sie das Kind auf das Dach des Ladeturms am Fluss gebracht. Es war das höchste

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