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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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sie seufzte.
    »Es ist ein ganz besonderes Kätzchen«, erwiderte Lena. »Aber wenn Sie keine Katzen mögen …«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich Katzen nicht mag«, fiel ich ihr ins Wort. »Ich weiß nur nicht, wie man sie versorgt. Ich habe zum Beispiel kein einziges Buch über Katzenaufzucht oder etwas in der Art gelesen.«
    »Ach, Katzen sind ganz pflegeleicht«, sagte sie im Tonfall einer Kindergärtnerin. »Viel pflegeleichter als Hunde. Sie wird Ihnen keine Schwierigkeiten machen. Man muss sie nur ein, zwei Tage im Haus behalten, damit sie sich eingewöhnt. Sie können mich jederzeit anrufen, wenn Sie irgendwelche Fragen haben. Und wenn Sie es sich anders überlegen, können Sie sie mir auch zurückbringen.«
    »Aber …« Lena schien nicht zu begreifen, dass ich mich bereits entschieden hatte. Ich wollte das Kätzchen nicht.
    »Sie braucht nur ein bisschen Liebe.«
    Liebe . Wie leicht einem dieses Wort von den Lippen ging. Viel leichter als Worte wie »Lasagne«, »Liegestuhl« oder »lass mich endlich in Ruhe«. Mein Herz war mir aus der Brust gerissen und in tausend Stücke zerfetzt worden. Wie sollte es da in der Lage sein, etwas dem Wort mit »L« ähnliches für ein Wesen zu empfinden, von dem ich völlig vergessen hatte, dass wir es aufnehmen wollten, und für das zu sorgen wir einfach nicht imstande waren?
    Abgesehen davon würden wir für eine Katze, falls dieses Wesen in unserer Obhut durch irgendein Wunder lang genugüberleben würde, um eine zu werden, unendlich lang die Verantwortung tragen müssen.
    Ich war in Lenas Wertschätzung ohnehin schon so tief gesunken, dass ich sie nicht auch noch fragen wollte, wie alt eine Katze dieser Art werden konnte. Wenn ich mich recht erinnerte, konnten sich selbst die halbzahmen Katzen, mit denen ich aufgewachsen war, glücklich schätzen, wenn sie mehr als sechs Jahre unter uns weilten. Die meisten ereilte ein Schicksal, das meine Eltern normalerweise mit ernsten, nüchternen Begriffen wie »vergiftet«, »überfahren« oder »weggelaufen« beschrieben. Nachfragen waren nicht erwünscht. »Wer hat das getan?« oder »Wo?« wurden stets mit einem »Wer weiß das schon?« beantwortet.
    Wenn dieses Kätzchen durch irgendein Wunder methusalemische neun Jahre erreichen sollte, wäre Rob fünfzehn, was unvorstellbar weit in der Zukunft lag. Angesichts der Schläge, die unser endokrines System hatte einstecken müssen, bezweifelte ich sowieso, dass einer von uns realistischerweise erwarten durfte, so lange zu überleben.
    Lena lächelte dünn und verschwand zusammen mit Jake den Weg hinunter. Die arme Lena. Ich hätte diplomatischer sein sollen. Es musste sie hart ankommen, ihr Kätzchen bekennenden Hundetypen zu überlassen. Wie auch immer, sie hatte jedenfalls angeboten, das Kätzchen zurückzunehmen. Ich konnte Rob ein, zwei Tage mit dem Tier spielen lassen, und es dann der Fürsorge eines katzenfreundlicheren Haushalts überlassen.
    Rata seufzte laut hinter der Küchentür.
    »Keine Sorge!«, rief ich der alten Hündin noch einmal zu. »Wir regeln das schon.«
    Rob hatte sich in eine Ecke des Wohnzimmers verzogen und schmuste mit dem Kätzchen in seinem Arm. Es schönzu nennen wäre dasselbe gewesen, wie Elton Johns Brillen aus den Achtzigern als dezent zu bezeichnen. Es war ein in ein Geschirrtuch gewickeltes Häuflein Elend. Ein Stofftier, das man in den Laden zurückbringt, um es gegen eins mit mehr Füllung umzutauschen.
    Sam hatte wieder einmal einen guten Blick bewiesen. Mit seinem übergroßen Kopf und dem Hals, der dünner war als ein Staubsaugerrohr, sah das kleine Ding E.  T. viel ähnlicher als einer Katze. Für jemanden, der kein Katzentyp war, bot der Mangel an Fell eindeutig zu große Einblicke in die Katzenanatomie. Ich versuchte, über die halbdurchsichtigen Hautfalten hinwegzusehen, die über seinem Brustkorb lagen. Die Haut war dankenswerterweise schwärzlich gefärbt, so dass sie die Bewegung darunter wenigstens zum Teil verbarg. Wenn ich genauer hingesehen hätte, hätte ich womöglich das winzige Herz schlagen gesehen. Sicherheitshalber wandte ich meinen Blick ab.
    Es war mir ein Rätsel, wie ein Wesen mit so viel überschüssiger Haut geboren werden konnte. Die Lappen unter seinen Vorderpfoten hätten gut als Flügel herhalten können. Von seinem Bauch hing ein schlaffer Sack herunter. Die Haut hätte leicht für zwei weitere Tiere dieser Größe gereicht. Das Leben dieses Wesens musste wirklich am seidenen Faden gehangen haben. Die

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