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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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hervor. Vier unglaublich niedliche Pfoten ragten durch Lenas Finger. Der Anblick erinnerte mich an Fotos von Frühgeborenen, die man zum Beweis ihrer Winzigkeit neben die Hand eines Erwachsenen legt. Ein hilfloser Organismus, der sich kaum selbst am Leben erhalten konnte.
    »Wir wollten euch das Kätzchen bringen«, sagte Lena und lächelte mich unverwandt an.
    Das Kätzchen? Welches Kätzchen?
    »Sams Kätzchen!«, rief Rob, kam aus der Küche angerannt und quetschte sich an mir vorbei.
    Rata bellte laut und befreite sich aus meinem Griff. Sie sprang an Lena hoch und warf sie beinahe um. Die Katze verschwand zwischen Lenas Brüsten. Unser Hund muss dem kleinen Ding wie ein Riesenungeheuer vorgekommen sein. Es war nicht zu übersehen, dass die beiden Tiere einander nicht mochten.
    »Sitz, Rata!«, knurrte ich. »Sie ist nicht an Katzen gewöhnt.« Ich packte den Hund wieder am Halsband und zog ihn ins Haus.
    »Mach dir keine Sorgen, altes Mädchen«, sagte ich und tätschelte sie. »Das regeln wir schon.«
    Rata schien zu begreifen, dass es nur eine vorübergehende Unannehmlichkeit darstellte, in die Küche verbannt zu werden. Das Kätzchen, Sams Kätzchen, gehörte nicht in unserHaus. Es war wie E.  T. in einem Raumschiff in Form von Lenas Patchwork-Tasche bei uns gelandet. Es stammte aus einer anderen Zeit. Damals waren wir andere Menschen gewesen, da war Sam noch bei uns, und unser Leben noch ganz. Jetzt waren wir zerrissen, nur noch Schatten unserer selbst, und für ein Kätzchen war da kein Platz. Nicht bei uns.
    Ein Tierkind mit all seinen Bedürfnissen würde mich völlig überfordern. Zumal ich gerade als Mutter eines neunjährigen Menschenkindes versagt hatte. Wie sollte ich ein so winziges, verletzliches Wesen großziehen? Abgesehen davon hatte Rata genug mitgemacht. Da fehlte es gerade noch, dass ihr Leben von einem ihrer natürlichen Feinde auf den Kopf gestellt wurde.
    Lena musste den Eindringling wieder mitnehmen. Das würde sie bestimmt verstehen. Sie hatte sicher keine Schwierigkeiten, eine Familie zu finden, die sich um das Kätzchen kümmern konnte. Es war schließlich recht präsentabel und sie ein wahres Verkaufsgenie. Auf dem Weg zurück zur Haustür legte ich mir die Worte zurecht. Lena würde enttäuscht sein, aber das war nichts im Vergleich zu dem, was wir im Moment durchmachten.
    Gerade als ich an der Haustür ankam, legte Lena, in goldenes Licht getaucht, die kleine Katze in Robs Hände.
    »Jetzt gehört sie dir«, sagte sie mit sanfter Stimme.
    »Es tut mir leid, Lena …«, setzte ich an.
    Aber dann sah ich Robs Gesicht. Er blickte hinunter auf das Kätzchen und fuhr mit einem dicken Fingerchen über seinen Rücken, und dabei entdeckte ich etwas, von dem ich gedacht hatte, es wäre für alle Zeiten von dieser Erde verschwunden. Robs Lächeln.
    »Willkommen zu Hause, Cleo«, sagte er.

 
    5
    V ertrauen
    Eine Katze ist stets genau
    zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
     
    Als Rob mit der kleinen Katze im Haus verschwand, wandte sich Lena zum Gehen. Panisch packte ich sie am Ellbogen.
    »Da ist etwas, das Sie wissen müssen«, platzte ich heraus. »Ich bin eigentlich gar nicht der Typ für Katzen. Gut, wir hatten früher Katzen, aber die waren völlig verwildert. Sie wohnten unter dem Haus und wir gaben ihnen gelegentlich mal etwas zu fressen. Mum wuchs nämlich auf einer Farm auf und da waren Katzen einfach da. Sie ließ ein paar ins Haus und wir zähmten sie so halb, aber richtig an uns gewöhnt waren sie nicht …«
    Lenas Miene verfinsterte sich. Aber sie musste das wissen. Ihr nicht davon zu erzählen, wäre schlimmer, als ein Einreiseformular auszufüllen und ein Häkchen bei »habe mich in den letzten dreißig Tagen auf keiner Farm aufgehalten« zu machen, wenn man im Gegenteil die letzten zwei Wochen seinem Cousin Jeff beim Melken der Kühe geholfen hat.
    »Eine von ihnen, sie hieß Sylvester, hat immer in Mums Schuhe gemacht, was wirklich eklig war, weil sie manchmal vergaß, hineinzuschauen, bevor sie sie anzog. Dann bekam sie jedes Mal einen fürchterlichen Wutanfall. Sie sagte, Sylvester sei halber Perser, das sind die mit den langen Haaren, und dass er von da sein Temperament habe. Er war schwarz-weiß.Damit will ich nur sagen, Lena, dass wir vermutlich eher der Hundetyp sind.«
    Lena neigte den Kopf wie eine exotische Lilie und musterte das Gestrüpp, das in unserem Garten wucherte. Ihr Auge fiel auf die riesigen Haufen, mit denen Rata den Vorgarten dekoriert hatte, und

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