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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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ganz so komisch fühlten, hatte ich berühmte Liebespaare aus der Geschichte hervorgekramt, bei denen die Frau wesentlich älter war – Cleopatra und Marcus Antonius, Yoko und John und natürlich Mrs. Robinson und Dustin Hoffman in Die Reifeprüfung .
    Philip benutzte den Codenamen Dustin, wenn er mich in der Redaktion anrief. Ihm wiederum ließ ich ausrichten, dass Mrs. Robinson angerufen habe.
    »Wer ist denn Dustin?«, bohrte Nicole nach.
    »Ach, das ist ein Cousin.«
    »Na, dann ist es ja gut, dass du deinen Toy Boy in den Wind geschossen hast.«
    Die Zeit, die ich mit Philip verbrachte, wurde mir immer wichtiger. Ich freute mich darauf wie ein Kind, das die Tage bis Weihnachten zählt. Nach zwei Monaten, in denen wir uns immer nur heimlich getroffen hatten, fragte ich mich, wie lange ich es noch schaffen würde, die verschiedenen Bereichemeines Lebens so strikt voneinander zu trennen. Wenn er bei mir schlief und die Kinder auch da waren, weckte ich ihn vor Sonnenaufgang und sorgte dafür, dass er zur Haustür raus war, bevor ein aufmerksames Auge auf ihn fallen konnte. Was ich wirklich nicht wollte, war, dass sie mit einem temporären Liebhaber zu tun hatten. Wenn ich aber an den Wochenenden sah, wie selbstverständlich er mit Cleo umging, kam es mir vor, als wäre er schon immer Teil meines Gefühlshaushalts gewesen. Immer – in jeder Sprache ein gefährliches Wort.
    »Wann stellst du mich eigentlich endlich deinen Kindern vor?«, fragte er. »Du hast mir so viel von ihnen erzählt, dass ich das Gefühl habe, ich würde sie schon kennen.«
    »Bald.« Cleo sah von seinem Schoß zu mir her und zwinkerte.
    »Irgendwann in den nächsten zwanzig Jahren?«
    »Jedenfalls nicht zu Hause. Ich möchte nicht, dass sie das Gefühl haben, du wärst in ihr Territorium eingedrungen.«
    »In Ordnung. Dann treffen wir uns auf neutralem Boden. Es gibt da eine neue Pizzeria im Stadtzentrum.«
    Offensichtlich hatte er sich das Ganze bereits genau überlegt. Gegen ein lockeres Treffen in einer Pizzeria ließ sich wohl kaum etwas einwenden. Ich hatte mich in Philip verliebt, aber gleichzeitig wurde mir allerorten vorgeführt, dass solche Verliebtheiten wie ein Swimmingpool waren. Man stürzte sich Hals über Kopf hinein und kletterte wie ein begossener Pudel wieder heraus, zerzaust und mit roten Augen.
    Die Liebe zu meinen Kindern konnte man dagegen nur mit einem ungezähmten Tier vergleichen. Sie war wild und unbezwingbar. Für sie hätte ich es mit Tod und Teufel aufgenommen.
    Er hatte allen Grund, sich davonzumachen, wenn ich ihn weiter so hinhielt. Wenn er aber in das Leben meiner Kinder platzte und sie dann mit gebrochenen Herzen wieder verließ, würde ich ihm die Beine ausreißen, erst das eine, dann das andere, langsam und ohne Narkose.
     
    Rob zog sein Lieblings-Sweatshirt an, das mehrere Nummern zu groß war und auf dem dick und fett »USA« stand. Ich schloss die Schnallen an Lydias roten Schuhen und spuckte auf ein Taschentuch, um irgendein merkwürdiges klebriges Zeug von ihrer Wange zu entfernen.
    »Versucht euch zu benehmen«, wies ich sie an. »Er ist Kinder nicht gewöhnt.«
    »Kinder nicht gewöhnt – was ist das denn für einer?«, fragte Rob. »Abgesehen davon bin ich kein Kind mehr.«
    Die Pizzeria befand sich in einer Art Höhle unter einem Einkaufszentrum. Den Kindern verschlug es die Sprache, als wir eine Treppe aus falschem Marmor, dafür aber mit echtem schmiedeeisernen Geländer hinuntergingen. Wenigstens waren sie endlich einmal still. Ich war froh, dass das Lokal noch so neu war, dass es nicht nach altem Fett roch. Künstlicher Efeu schlang sich um Plastiksäulen. Die rot-weiß karierten Tischdecken passten perfekt zu der auf Hochglanz polierten Registrierkasse. Das Ganze sah aus wie eine Filmkulisse, in der wir unbeholfen herumstanden und darauf warteten, für die Rolle der Gäste mit Kindern vorzusprechen.
    Erleichtert stellte ich fest, dass uns der Kellner zu einem Tisch führte, der etwas abseits unter der Treppe stand. In einem solchen Lokal könnte durchaus jemand aus der Redaktion auftauchen, und dann würde die Sache Montagmorgen so schnell die Runde machen wie Windpocken – »Brownund der Toy Boy auf Familienprobefahrt. Hat sie den Verstand verloren?«
    Wir bestellten Pizza und Cola. Rob war kein süßer Junge mehr. Er hatte sich in einen Dreizehnjährigen mit chronisch erhöhtem Testosteronspiegel verwandelt. Er war mürrisch, schweigsam und fest entschlossen, keinerlei Interesse an

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