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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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gleicht ihr Körper mehr oder weniger einer aus Schaumgummi geformten Henry-Moore-Skulptur. Ein junger Mann, dessen größter körperlicher Mangel eine leicht schiefe Nase war (Folge einer Rugby-Verletzung), hatte allen Grund, vor der Erkundung eines Kontinents von eigenwilligem weiblichen Fleisch zurückzuschrecken. Wie Livingstone auf der Suche nach der Quelle des Nils war er aber offenbar nicht bereit, aufzugeben.
    Nach und nach wurde mir klar, warum man übergroße Bettdecken erfunden hatte. Sie sind das westliche Äquivalent zur Burka. Bei sorgfältiger Planung kann eine Frau mit einer solchen Decke den ganzen Körper und Kopf bedecken, so dass nur ein kleiner Schlitz bleibt, durch den sie hindurchsehen kann. »Mann!«, sagt sie dann und versucht möglichst lässig zu klingen, wenn sie durch den Schlitz auf den wunderbar durchtrainierten männlichen Körper linst, »diese Decken machen doch, was sie wollen.« Eine andere dankenswerte Erfindung ist der Lichtschalter. Da sie seit ihrer Kindheit an einem Syndrom leidet, das unter demNamen Extreme Empfindlichkeit der Augen gegen Kunstlicht bekannt ist, muss es unbedingt ausgeschaltet werden. Mein Körper war einfach kein Tempel mehr. Er war ein Tastgarten für Blinde.
    In einem ruhigen Moment bei einer dieser nichtvisuellen Begegnungen lud er mich zu einem gemeinsamen Wochenende im Ferienhaus seiner Familie am Ufer des Lake Taupo ein. Das Ganze drohte langsam von einer längeren Serie One-Night-Stands zu etwas Komplizierterem zu werden.
    »Aber ich habe die …«
    »Wir können auch an einem Wochenende fahren, an dem du die Kinder nicht hast.«
    Er hatte schließlich akzeptiert, dass die Kinder heilig waren und zu einem Teil meines Lebens gehörten, in dem er nichts zu suchen hatte.
    »Aber … wer soll dann nach der Katze sehen?«
    »Cleo kann mitkommen, wenn ihr beim Fahren nicht schlecht wird.«
    Ich erklärte ihm, dass Cleo nichts lieber tat als Auto fahren. So kam es, dass sie an einem Freitagabend ein paar Wochen später begeistert in den alten Audi sprang. Von meinen Knien aus sah sie zu, wie die Landschaft an uns vorbeirauschte. Während der Fahrt nahm der goldene Schleier, der über den Hügeln lag, zuerst eine tiefrote und dann eine schwarzviolette Färbung an.
    Wir erreichten das Cottage erst am späten Abend. Die Dunkelheit senkte sich wie schwarzer Samt über uns, so dass wir nichts sehen konnten, dafür waren unsere anderen Sinne umso geschärfter. Die Luft roch intensiv nach Wald und der Wind trug schon eine Ahnung von Schnee mit sich. Ich hörte das Geräusch gegen das Ufer schlagender Wellen. Vor uns zeichnete sich der Umriss des einfachen kleinenHolzhauses ab. Auch wenn ich es nicht richtig erkennen konnte, war zu spüren, dass das Haus Seele hatte. Ich fühlte mich wie ein Kind auf einem abenteuerlichen Ausflug, während ich dem Schein von Philips Taschenlampe bis zu einer Fliegengittertür hinterherstolperte.
    »Eine Sekunde«, sagte er. »Der Schlüssel liegt in einem Versteck.«
    Er verschwand hinter dem Haus und kehrte gleich darauf mit dem Schlüssel zurück. »Dann wollen wir mal«, sagte er und steckte ihn ins Schloss. »Mist!«
    »Was ist passiert?«
    »Nichts Schlimmes«, sagte er. »Ich habe nur eben den Schlüssel abgebrochen.«
    »Ach. Und das ist nicht schlimm?«
    »Doch, er steckt im Schloss.«
    »Können wir nicht durch ein Fenster einsteigen?«
    »Das würde den Alarm auslösen.«
    »Das macht doch nichts.«
    »Ich kann mich nur nicht an den Code erinnern, mit dem man ihn abschaltet.«
    Wir standen sicher fünf Minuten in der Dunkelheit da, ich hielt Cleo fest im Arm. Die Phase des Werbens, wenn man das so nennen wollte, lief offensichtlich nicht ganz rund.
    »Wir werden wohl in ein Motel gehen müssen«, seufzte er. »Morgen Früh rufe ich dann einen Schlosser.«
     
    Auf dem Schild vor dem Motel stand: »Keine Haustiere«. Ich schmuggelte Cleo also in meiner Handtasche durch die Lobby, und sie miaute nicht ein einziges Mal. Am nächsten Morgen trafen wir uns mit dem etwas verschrobenen, freundlichen Schlosser am Cottage.
    Das alte Haus, das sich an das Ufer des Sees duckte, war seit drei Generationen in Besitz von Philips Familie. Es lag noch viel schöner, als ich in der Nacht vermutet hatte, die Terrassentüren öffneten sich zu einer Wiese hin, die zu einem von Steinen gesäumten Ufer hinunterführte. Der See glitzerte wie ein riesiger Saphir. Einem Traumgebilde gleich erhob sich in der Ferne eine mattgrüne Insel.
    Cleo

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