Cleverly, Barbara - Die List des Tigers
fragte sie hilflos.
»Ja, darf ich Ihnen ein Glas einschenken? Ich hätte selbst gern eines«, bot Joe an.
»Ekelhaftes Zeug«, meinte sie. »Aber gern, danke.«
Er goss zwei Gläser ein und fügte in das von Madeleine noch reichlich Soda hinzu.
Sie nahm einen Schluck, zog eine Grimasse und nahm noch einen Schluck. »Hören Sie, Joe, lassen Sie uns das Schritt für Schritt angehen. Könnte denn irgendein Vater - gleichgültig, wie sehr er die Lebensführung seines Sohnes missbilligte, und ich denke jetzt an Bishan - dafür sorgen, dass sein Sprößling von einem wilden Panther gefressen wird? Das kaufe ich Ihnen nicht ab!«
»Ganz genau! Darum ist es ja auch eine so gute Tarnung. Udai hat beim Doktor angefragt, ob sein Sohn auch wirklich nicht leiden musste. Der Arzt hielt das für die übliche elterliche Sorge, und elterliche Sorge war es zweifellos, nur nicht die übliche. Bishans Tod ging in der Tat schnell und relativ schmerzlos vonstatten.«
Joe erzählte ihr von der Opiumdosis und der Tötungsmethode von Panthern. Madeleine hörte mit großen Augen zu.
»Aber warum sollte Bishan seine Opiumdosis einfach so ändern?«, wollte sie wissen.
»Diese Frage habe ich mir auch gestellt: Wem würde er genug vertrauen, um von ihm eine erhöhte Dosis zu akzeptieren? Seinem Vater? Vielleicht nach einer Diskussion folgenden Inhalts: >Warum hast du mir noch keinen Enkelsohn geschenkt? Hast du Probleme damit? Hier, nimm eine Dosis davon. Das macht einen Mann aus dir . wird Tinte in deinen Füller füllen< ... oder wie immer die rajputische Entsprechung dafür lautet. Reine Spekulation, versteht sich, und wir werden es wohl nie erfahren. Aber der nachfolgende >Unfall< wurde überzeugend inszeniert.«
»Wen sollte er davon überzeugen wollen? Warum hätte ein Messer zwischen die Rippen nicht ebenso wirksam sein können? Oder einfach eine Überdosis des Rauschgifts? Warum diese ausgefeilte Feinarbeit?«
»Da das britische Empire in der eleganten Gestalt von Claude Vyvyan - weltmännisch, freundlich, aber mit einem allsehenden Auge - über Udais Schulter schaute, musste es so echt wie nur möglich nach einem Unglücksfall aussehen. Bishans Angewohnheiten, Opium zu nehmen und mit Panthern zu ringen, waren allgemein bekannt und so fest in sein Leben eingebaut, dass ein Unfall plausibel erschien. Aber der mit allen Wassern gewaschene Claude muss gemerkt haben, dass es nicht mit rechten Dingen zuging. Er schrieb einen Bericht an Sir George - ein Bericht, der seinen Empfänger nie erreichte. Es muss - unabsichtlich oder vielleicht sogar absichtlich - etwas darin gestanden haben, das ihnen nicht gefiel. Sir George weiß, dass Claude äußerst effizient ist - er hätte ihn auf jeden Fall von dem Ableben Bishans in Kenntnis gesetzt. Seine zuckende, alte Trüffelschweinnase roch, dass da etwas faul sein musste.«
»Woraufhin er Sie losgeschickt hat, damit Sie der Ursache des Gestanks auf den Grund gehen.«
»Etwas in der Art.«
»Und Prithvi musste ebenfalls sterben - wieder durch einen vermeintlichen Unfall -, um den Weg für Bahadur frei zu machen. Das ist doch nicht zu fassen!« Sie schüttete den Rest ihres Whiskys hinunter. »Dieser kleine kriechende Kojote!« Sie brach in Schluchzen aus.
Joe war beunruhigt. »Sie sind also keine Anhängerin des Bahadur-Fanclubs?«
»Nein! Viel zu aalglatt! Er verachtet mich - na ja, tun sie das nicht alle? Und er treibt sich dauernd bei den Flugzeugen herum, hängt sich wie eine Klette an Stuart, beobachtet alles .«
Sie verstummte, und die Stille breitete sich zwischen ihnen aus.
»Joe«, flüsterte sie schließlich, »er hätte es tun können! Bahadur wusste genug über Flugzeuge, um die richtigen Kabel zu durchtrennen. Und wir waren alle so sehr daran gewöhnt, ihn dort zu sehen, hatten alle so viel Mitgefühl mit dem kleinen Kerl, dass er uns gar nicht mehr auffiel. Er hat von Stuart auch ein paar Flugstunden bekommen .«
»Aber Ali ist doch verschwunden.«
»Natürlich. Der Sündenbock. Sie haben sich seiner entledigt, damit sie ihm die Schuld in die Schuhe schieben können. Er war nicht mehr da, um alles zu leugnen, falls es schief laufen und ihr Werk aufgedeckt werden sollte. Stuart würde nie glauben, dass Ali es getan hat, wissen Sie. Vielleicht haben sie ihn darum gebeten, und er hat sich geweigert . Monteure würden nie ... Sie könnten niemals ihr Flugzeug und ihren Piloten absichtlich abstürzen lassen.«
»Ich hatte mich schon gefragt, warum Prithvi ausgerechnet das
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