Cleverly, Barbara - Die List des Tigers
Stimme. »Ich bin bereit, das zu glauben ... bis zu einem gewissen Punkt ... aber sagen Sie mir zuerst, warum er das getan haben sollte?«
»Na schön, aber denken Sie immer daran, dass es sich um reine Spekulation meinerseits handelt. Und ich bin erst seit kurzem im Palast .«
»Erzählen Sie schon, Joe!«
»Udais Volk nennt ihn >Bappa<«, fing Joe schlicht und ergreifend an. »Und das erklärt schon alles. Er ist der Vater des Stammes, und nichts ist ihm wichtiger als diese Rolle. Dann findet er heraus, dass er in ungefähr zwei Monaten sterben wird, und was macht ein sterbender Mann, um sein Haus in Ordnung zu bringen? Das Überleben von Ranipur war sein wichtigstes Anliegen. Vor allem wusste er, dass sein erster Sohn einen katastrophalen Herrscher abgeben würde und unfähig wäre, den Staat an seine eigenen Kinder weiterzugeben, denn er hatte keine, und es gab keine Aussicht, dass er je welche haben würde. Ich glaube, Udai nahm sich seine drei Söhne vor und beschloss, dass der dritte Sohn, Bahadur, für die Aufgabe beinahe perfekt war - perfekt, wenn er denn legitim wäre, aber dennoch akzeptabel. Jeder mag ihn, er ist ein kluger Junge, und die Wahl würde außerdem den Briten gefallen, die Udai als Verbündete in diesen schweren Zeiten sehr schätzt. Schließlich befürworten die Briten die Aufrechterhaltung der Autonomie der indischen Fürstentümer, und in diesem Punkt sind die Politik von Ranipur und die des britischen Empire deckungsgleich. Kurz nachdem er feststellte, dass sein Tod bevorstand, verfasste er ein Testament -mehr eine Nachfolgeerklärung, aber ich nenne es der Einfachheit halber >Testament<. Das Dokument blieb bis heute ohne Datum. Ich besitze eine Kopie. In diesem Testament wird Bahadur als Erbe genannt. Folglich wissen wir, dass Udai Bahadur schon vor dem Tod von Bishan und Prithvi zum Thronerben einsetzen wollte. Er hielt es jedoch geheim. Aus eigener Erfahrung, wie er damals zum Yuvaraj ernannt wurde, wusste er, dass es potenziell zu Blutvergießen kommen könnte. Die älteren Söhne hätten zweifelsohne Maßnahmen ergriffen, um den Gang der Ereignisse zu ändern, wenn sie Udais Absichten erraten hätten.«
»Einen Moment mal! Nur einen Moment! >Den Gang der Ereignisse ändern?< Was zur Hölle wollen
Sie damit andeuten? Einer der >älteren Söhne< war mein Ehemann, um Himmels willen! Wollen Sie damit sagen, dass Udai glaubte, Prithvi würde seine Brüder entsorgen wie irgendein Leftie Louie oder Alphonse Capone?« Madeleine stieß ihn wütend von sich.
»Ich kenne diese Herren nicht, aber ich verstehe, was Sie meinen - ja, genau das will ich damit andeuten. Ich bin nichts weiter als der Bote - erschießen Sie nicht den Detective, Madeleine! Ich will nur herausfinden, in welche Richtung die Schlangen in diesem Vipernnest zubeißen. Udai kannte seine Söhne schließlich sehr viel länger als Sie Prithvi kannten. Prithvi war laut Ihrem Bruder >durch und durch Raj-pute< und hätte sich sehr wohl der rajputischen Art und Weise bedienen können, um mit einer unbefriedigenden Nachfolgeregelung umzugehen. Udai hatte sich für Bahadur entschieden, und er entfernte, wie ich glaube, die potenziellen Hindernisse auf dem Weg zur Thronbesteigung des Jungen.«
»Aber Udai hat sich mit Prithvi gut verstanden. Er hat ihn letztes Jahr als seinen Stellvertreter in die Staaten geschickt ... Er hat ihm vertraut ... Prithvi hielt es für sicher, dass er als nächster auf dem Gaddi sitzen würde«, wandte sie ein.
»Ja. Und es gibt auch viele Hinweise, die das belegen.« Joe klopfte auf den Umschlag. »Ich würde sagen, damals war das eine genaue Einschätzung der Situation.« Er verstummte, wusste nicht so recht, wie er fortfahren sollte.
»Aber dann kam ich ins Bild«, erklärte sie bitter. »Wollten Sie das nicht sagen? Indem er mich zur Frau nahm, hat sich Prithvi aus dem Rennen katapultiert ... hat seinen Namen von der Kandidatenliste gestrichen?«
»Ich fürchte ja. Ein Kind von Ihnen hätte niemals die Nachfolge antreten können, und Prithvi hat sich wiederholt geweigert, eine Zweitfrau zu ehelichen. Er und sein Vater müssen sich darüber zutiefst und irreparabel zerstritten haben.«
»Sie hatten ein paar bittere Auseinandersetzungen«, räumte Madeleine ein. »Bei Prithvi brannte leicht die Sicherung durch. Dann habe ich also ... das Todesurteil meines Mannes unterzeichnet - wollen Sie das damit sagen?«
Sein Schweigen beantwortete ihre Frage.
»Ist das da drüben eine Flasche Whisky?«,
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