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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Höhenruder, Joe!« Sie zeigte auf das Wrack. »Das Höhenruder! Können Sie es wegziehen? Es darf nicht verbrennen!«
    Joe verstand sofort, und die Welle des Zorns, die damit einherging, brachte ihn dazu, sich verwegen auf das Flugzeug zu stürzen. Durch eine Wand aus schwarzem Rauch sah er das Höhenruder mehrere Meter hinter dem eigentlichen Flugzeugkörper liegen, immer noch intakt. Er riss sich beim Rennen das Jackett vom Leib und verwendete es als Schutz vor der Hitze und dem dichten Qualm. Er packte das nächstgelegene Ende des Höhenruders, das beinahe zu heiß war, um es anzufassen, und zog es weg, wobei es Stahlkabel hinter sich herzog.
    In sicherem Abstand richtete er sich auf, nach Luft schnappend und hustend. Die hoch erhitzte Luft brannte in seinen Lungen. Er drehte sich zu Madeleine. Sie ragte wie eine tragische Gestalt auf, die letzten Überreste des festlichen Flitters im Haar, auf das schwarze Rußpartikel von verbranntem Segeltuch schwebten. Ein surreales Konfetti, dachte Joe bitter, nicht für eine Braut, sondern für eine Witwe.
    Madeleine ging auf ihn zu, mit kalkweißem Gesicht, aber um Haltung bemüht. Mit höchster Anstrengung versuchte sie, ihre Stimme ruhig zu halten. »Würden Sie das Höhenruder mit mir zusammen untersuchen, Commander?«
    Als sie seinen Rang ins Spiel brachte, bestätigte sich Joes Verdacht, dass es sich bei der Szene, die er gerade miterlebt hatte, nicht um einen Unfall handelte. Er hatte wenig Erfahrung mit Flugzeugen, hatte aber stundenlang mit Interesse und Vergnügen den Erzählungen von Schwadronführer Fred MooreSimpson während der Zeit gelauscht, die sie gemeinsam als Gäste in der Garnison Gor Kahtri an der Nordwestgrenze verbracht hatten, und war sogar einoder zweimal mit ihm geflogen. Joe erinnerte sich an seinen Schrecken, als Fred mit schelmischem Vergnügen in fünftausend Fuß Höhe über dem Khyber-pass den Motor abgewürgt hatte.
    Joe glaubte zu wissen, wonach er suchen musste. Er kniete sich in den Sand und zog das verbogene Stahlkabel zu sich, das die Steuerung im Cockpit mit dem Höhenruder verbunden hatte. Er nahm die beiden Enden, wischte den Sand ab und betrachtete sie eingehend.
    In formellem Tonfall entsprach er Madeleines Bitte. »Ich sehe, dass die Steuerkabel beide durchtrennt sind. Für das bloße Auge - und ich brauche natürlich eine Lupe, um meine Beobachtung zu bestätigen -hat es den Anschein, dass mehrere Kabelstränge durchtrennt wurden. Die Schnitte sind sauber und gerade und offenbar erst vor kurzem getätigt worden. Zwei ... nein, drei Kabel sind intakt. Sie rissen erst, nehme ich an, bei der Anstrengung des letzten Manövers - einem Looping -, bevor das Flugzeug abstürzte. Diese Kabel sind überdehnt und an der Bruchstelle ausgezackt.«
    Mit zusammengepressten Lippen lauschte Madeleine seinem Bericht. Sie besah sich die Kabelenden genau.
    »Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Schaden zufällig entsteht?«, fragte Joe.
    »Zufällig?«, sagte Madeleine. »Das ist unmöglich! Das ist völlig unmöglich!«
    Sie sah ihn aus braunen Augen verzweifelt an: »Commander, mein Ehemann wurde ermordet.«
    Allein zurückgelassen am Absturzort, sah Joe nachdenklich auf den zerschmetterten Leichnam. Er hatte Edgar und Madeleine im Rolls zusammen mit dem Höhenruder fortgeschickt und wartete nun auf die Hilfe, die vom Palast herbeieilen würde. Udai -selbst todkrank, wenn Sir George sich nicht irrte -hatte seine beiden ältesten Söhne innerhalb weniger Wochen verloren. Edgars Befürchtungen wurden wahr. Joe hatte soeben den zweiten Akt einer mörderischen Tragödie miterlebt, und sein Polizistenverstand stellte die üblichen Fragen, beginnend mit der offensichtlichsten: >Wer zieht einen Nutzen aus diesen Todesfällen?« Joe versuchte, sich an die anderen möglichen Thronerben zu erinnern, die Sir George erwähnt hatte, vor allem an Nummer drei.
    Mit Erleichterung fiel ihm auf, wie ein Reiter im Galopp aus der Stadt heranpreschte. Er hielt kurz in-ne, um ein paar Worte mit Edgar und Madeleine zu wechseln, als er am Rolls vorbeikam, dann galoppierte er weiter. Der Mann ritt sehr gut, aber ohne die Steifheit eines Militärs. Er trug einen Tropenhelm, ein khakifarbenes Drillichjackett mit passender Hose, und sein Pferd war ein feingliedriger, großer Rotfuchs. Erst sah er sich aufmerksam um, dann stieg er ab und führte sein Pferd aufJoe zu, dem er die Hand hinstreckte.
    »Guten Tag, Claude Vyvyan. Vertreter der britischen Regierung

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