Cleverly, Barbara - Die List des Tigers
Goldflitter zu wühlen. Claude wandte sich ihnen zu, gestikulierte und rief in Hindi: »Verzieht euch, ihr Mistkerle, es gibt hier nichts zu sehen! Ah endlich, sehr gut, die Verstärkung naht.«
Mehrere Automobile und berittene Männer kamen auf sie zu. »Wir bringen Sie in den Palast, und vielleicht könnten Sie dort eine formelle, schriftliche Zeugenaussage aufsetzen? Ich vermute, ein Ermittlungsbeamter wird nicht oft darum gebeten.«
»Ist das meine Position?«, fragte Joe kummervoll.
»Oh ja, absolut.« Vyvyan erlaubte sich ein breites Grinsen. »Ich ernenne Sie hiermit dazu.«
Joe sah mit verhaltener Freundschaftlichkeit auf seinen neuen Vorgesetzten.
Kapitel 6
Die Sonne fiel an diesem Spätnachmittag schräg auf die reich verzierte Fassade des Alten Palastes und schuf ein komplexes Schattenspiel auf dem rosa Sandstein, eine Wirkung, die unter anderen Umständen Joes verzückte Aufmerksamkeit geweckt hätte, während sie in den riesigen Hof einfuhren und vor dem Zeremonien-Eingang anhielten. Wieder saß er auf dem Rücksitz des Rolls, dieses Mal in Begleitung von Claude, der sein Pferd einem Syce übergeben und sich ihm angeschlossen hatte. Er wandte sich an Joe, als der Wagen zum Stehen kam.
»Das ist Govind«, sagte er, als ein hoch gewachsener, beeindruckender Inder auf den offenen Wagenschlag zutrat. »Er bringt Sie in Ihre Suite im Neuen Palast. Govind wird sich während Ihres Aufenthalts um Sie kümmern - er ist Ihr Khitmutgar , Ihr persönlicher Butler und Kammerdiener in Personalunion. Natürlich ist er Rajpute, und er weiß alles, was es über den Palast zu wissen gibt. Govind spricht besser Englisch als Sie oder ich und ist an Europäer gewöhnt; er begleitet Seine Hoheit immer auf dessen Reisen nach Europa und bekam seine Ausbildung im Haushalt eines Herzogs.« Govind verneigte sich und lächelte. Er hatte einen üppigen schwarzen Schnauzbart und trug eine makellose, weiße Uniform und einen untadeligen, safrangelben Turban. Plötzlich fühlte sich Joe sehr schmuddelig und erschöpft.
Claude las seine Gedanken. »Als Erstes ein Bad? Und dann Ihr schriftlicher Bericht, wenn es nicht zu viel verlangt ist. Anschließend bitte ich Sie mit ausgewählten Gästen zum Abendessen. Natürlich nur, wenn Sie sich dem gewachsen fühlen! Angesichts der entsetzlichen Ereignisse wird sich Seine Hoheit sicherlich nicht zu uns gesellen. Nicht, dass er jemals mit seinen Gästen speisen würde - das ist eine religiöse Sache. Für gewöhnlich begrüßt er sie und nimmt kurz einen Drink mit ihnen, aber heute ... wer weiß? Lassen Sie uns einfach improvisieren. Ich sehe Sie dann, Sandilands. Ach ja, genießen Sie die sanitären Anlagen!«
Er drehte sich um, rief jedoch noch lässig über seine Schulter. »Übrigens tragen wir für gewöhnlich Smoking .«
Er ließ die Frage unausgesprochen, aber Joe ging darauf ein und erwiderte herzlich: »Das habe ich mir gedacht. Machen Sie sich keine Sorgen, Sir. Ich habe gerade einen Monat in Simla hinter mir und komme nicht direkt von der Streife! Ich habe sogar eine Snookerjacke in meinem Gepäck«, vertraute er ihm an. »Schwarzer Samt. Mit Schnurbesatz! Auf Drängen von Sir George.«
»Meine Güte, vergraben Sie das Teil!«, lautete Vyvyans Erwiderung.
»Genau das hatte ich damit vor.«
»Hören Sie, Sandilands, wir haben ungefähr dieselbe Statur - wenn Sie irgendetwas brauchen, sagen Sie es einfach Govind.«
Allein mit Govind, schüttelte Joe seine Müdigkeit ab, um mit seinem neuen Mentor in Kontakt zu treten. Er wies auf die Zeremonien-Pforte, die vom Hof wegführte. »Ein wirklich prachtvoller Eingang!«, lobte er. »Ich habe schon gehört, dass die Rajputen groß gewachsen sind, aber das ist doch sicher eine übertriebene Höhe?«
Govind lächelte. »Eigentlich nicht besonders übertrieben, Sahib. Für Rajputana sogar recht normal, wie Sie noch herausfinden werden. Wir bauen unsere Pforten so, dass die Elefanten hindurchpassen, und natürlich befindet sich auf dem Rücken der Elefanten immer noch ein Howdah.«
»Ja, natürlich«, sagte Joe und kam sich wie ein Idiot vor.
»Unsere Gäste erkundigen sich häufig nach dem Sonnensymbol, das Sie neben der Pforte sehen«, lenkte Govind rasch ab.
Joes Blick folgte Govinds Handzeichen, und er entdeckte das riesige, lächelnde Gesicht aus Gold, das gute Laune und Sonnenstrahlen ausstrahlte, rund um ein mit Läden geschlossenes Fenster, das mehrere Meter über dem Boden in der Palastwand eingelassen war. Eine
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