Cleverly, Barbara - Die List des Tigers
hatte er sie eingeholt und sie an der Schulter gepackt. »Es hilft nicht, wenn wir die Landebahn versperren!«, rief er. »Kommen Sie, Maddy, zurück zum Wagen.« Aber sie blieben beide stehen, wie festgefroren, unfähig, sich zu bewegen, während das Flugzeug unerklärlicherweise den unkontrollierten Abstieg fortsetzte. Joe hatte das Gefühl, als ob der Pilot mit den Kontrollschaltern kämpfte, bevor das Flugzeug ungefähr fünfzig Meter vor ihnen im Staub auf dem Bauch aufsetzte.
Der Rumpf fiel auseinander, die Flügel fielen in sich zusammen, der Schwanz brach ab, und eine Flut an Stahlkabeln ergoss sich aus der Maschine. Das Flugzeug, das Joe nur wenige Minuten zuvor bei seinem libellenhaften Tanz bewundert hatte, war nur noch ein Haufen Schrott.
Edgar lief an ihnen vorbei. »Mein Gott, Joe! Setzen Sie Ihren Hintern in Bewegung, Mann! Vielleicht lebt er noch! Madeleine - Sie bleiben hier!«
Sie rannten die kurze Strecke zu dem Wrack, beide hatten nur einen Gedanken: >Der Tank! Kriegen wir ihn da heraus, bevor der Tank explodiert?<
Joe kam als Erster beim Flugzeug an. Er kümmerte sich sofort um den Piloten, der zusammengesunken im offenen Cockpit saß. Sein Blut strömte über den Flugzeugrumpf. Joe packte ihn unter den Achseln und zog. Er war sich bewusst, dass eine solche Behandlung dem zerschundenen, zerbrochenen Körper weiteren Schaden zufügen konnte, aber jeder Pilot, den er kannte, hatte dieselbe Angst, nämlich im brennenden Flugzeugwrack gefangen zu sein. Jeder würde sich lieber herausziehen lassen, auch wenn er dabei Gliedmaßen lassen musste, argumentierte Joe und zog noch einmal kräftig.
Der Körper bewegte sich einige Zentimeter. Gut, es gab keine Hindernisse im Cockpit. Aber ein zersplitterter Flügel war direkt über dem Kopf des Piloten zum Ruhen gekommen, und Joe konnte nicht richtig manövrieren. Gerade als Joe einen Fluch ausstieß, zerbrach der Flügel in der Luft. Joe drehte sich um und sah Edgar, der mit krebsrotem Gesicht und angeschwollenen Muskeln den schweren Holzflügel zur Seite stemmte. Joe zog den Körper aus dem Cockpit, vermied die losen Kabel und die zerrissene Flugzeugauskleidung. Edgar packte die Füße, und gemeinsam trugen sie den Piloten in eine sichere Entfernung zum Flugzeug.
»Ist er tot?«, fragte Edgar.
»Schwer zu sagen unter all den Sachen, die er trägt«, murmelte Joe. »Nehmen wir ihm den Helm und die Fliegerbrille ab.« Er betrachtete eingehend das junge, staubige Gesicht. Blut strömte aus Nase und Mund, aber offenbar war der Körper leblos.
Sie wurden von Madeleine zur Seite gedrängt, die den Namen ihres Bruders rief. Nach Luft schnappend stieß sie Edgar und Joe mit den Ellbogen zur Seite und löste mit Expertenfingern Helm und Brille.
»Vorsichtig!«, warnte Joe. »Möglicherweise hat er Kopfverletzungen.«
Sie warf den Lederhelm zur Seite und sah den Körper an. Starr vor Schock sank sie auf ihre Knie und starrte in das schmutzige Gesicht. Sanft streichelte sie über die Wange. Joe sah entsetzt, wie sich die Augen flatternd einen Spaltbreit öffneten, und es war keine Einbildung, dass sich eine Hand nach Madeleine ausstreckte, dann jedoch leblos zu Boden fiel. Immer noch rührte sich Madeleine nicht und sagte kein Wort. Joe spürte, dass selbst unter diesen furchtbaren Umständen etwas an ihrem Verhalten nicht ganz stimmig war. War sie im Schockzustand? Was sollte er tun? Er sah sie unsicher an, wartete auf ein Zeichen.
Schließlich sagte Madeleine nur ein Wort. »Prithvi.« Dann warf sie den Kopf in den Nacken und heulte in Wut und Zorn auf.
Kapitel 5
Ihr Schrei wurde von dem Donnern eines explodierenden Benzintanks übertönt. Mit einem Knall, der unvermindert gegen Joes Trommelfell krachte, fing die mit Zellulose präparierte Stoffbespannung Feuer, und eine Flammenwand türmte sich auf. Binnen Sekunden hatte sie das Flugzeug verzehrt und hinterließ nichts weiter als ein verschmortes Skelett. Der Brand vollzog sich so rasch, dass die hölzernen Rippen, die zerbrochenen Gliedmaßen aus Holz sich einen Augenblick schwarz und starr vom Sand abhoben, bevor auch sie zu brennen begannen. Zu Joes Entsetzen lief Madeleine plötzlich auf das qualmende Flugzeug zu. Einen quälenden Augenblick lang sah er vor seinem inneren Auge das Bild rajputischer Frauen, die sich bei der Einäscherung ihrer Ehemänner auf den Scheiterhaufen warfen, und er eilte ihr hinterher und packte sie am Arm. Madeleine drehte sich um und schrie ihn verzweifelt an: »Das
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