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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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in Ranipur.«
    Joe reichte ihm seine geschwärzte Rechte und versuchte, nicht zusammenzuzucken, als Vyvyan sie fest drückte. »Commander Joe Sandilands von Scotland Yard.«
    Angesichts dieses formellen und lächerlichen Aus-tauschs erwartete Joe beinahe, dass Vyvyan als Nächstes etwas wie >Ich sehe, Sie haben es hier mit einer kleinen Unannehmlichkeit zu tun< äußern könnte.
    Er sagte jedoch: »Was für eine furchtbare Sache! Gott sei Dank waren Sie zur Stelle. Obwohl es mir Leid tut, dass Sie in diesen Mist hineingeraten sind.« Er wischte sich ein verirrtes Stück Flitter ab und zog eine entschuldigende Grimasse.
    Joe lächelte und betrachtete mit Interesse den Mann, der die Macht hinter oder besser neben dem Thron von Ranipur war. Vyvyan bewegte sich mit sportlicher Gewandtheit, unbeeinflusst von Paradeplätzen. Er war Anfang dreißig, so groß wie Joe und -wie der zur Korpulenz neigende Edgar neidisch bemerkt hatte - von schlanker und eleganter Gestalt. Als er sah, dass Joe nichts auf dem Kopf trug, nahm er seinen Tropenhelm ab. Die beiden Männer schätzten sich einen Augenblick gegenseitig ab. Die kalten, blauen Augen hatten in Edgars Beschreibung eine besondere Rolle gespielt, wie Joe sich erinnerte. Nicht kalt, dachte er jetzt, zumindest wirkten sie auf ihn nicht so, vielmehr intelligent und durchdringend. Die Nase war imponierend; er hatte eine ähnliche auf einem Porträt des jungen Duke of Wellington gese-hen. Die Lippen, im Augenblick zu einem bedauernden und verhaltenen Lächeln verzogen, waren dünn, aber unter dem ordentlichen, braunen Schnurrbart klar umrissen. Seine Haare waren gepflegt, dunkelbraun und füllig.
    Unter den gegenseitigen Blicken wurde sich Joe plötzlich seiner eigenen unordentlichen Erscheinung bewusst, und unwillkürlich fuhr er mit seiner dreckverschmierten Hand durch sein dichtes, schwarzes Haar. Vyvyan lächelte erneut. »Was für eine Begrüßung in diesem Land! Schade, dass es so gekommen ist! Ich hätte mich sehr gefreut, Sie unter besseren Umständen kennen zu lernen, Sandilands.«
    >Was würde ich sagen, wenn man mir soeben mitgeteilt hätte, dass dieser Mann mein neuer Vorgesetzter ist?<, fragte sich Joe - sein üblicher Test, wenn er eine Autoritätsperson zum ersten Mal traf -, und er kam zu dem Schluss, dass es ihm Sicherheit geben würde; er würde sich womöglich sogar freuen.
    Sie stellten sich zu beiden Seiten der Leiche, jeder in Gedanken versunken. Schließlich sagte Vyvyan: »Zwei Söhne innerhalb von sechs Wochen! Zufall? Das glaube ich nicht. Besteht die Möglichkeit, Commander, dass .« Seine Stimme verlor sich.
    »Absolut«, bestätigte Joe. »Wir haben dem Absturz beigewohnt und ein Schlüsselteil des Wracks, das glücklicherweise unversehrt blieb, inspiziert. Ich habe es zum Palast zurückgeschickt, wo Sie es ebenfalls untersuchen können. Sind Sie mit Flugzeugen vertraut, Sir?«
    Vyvyan schüttelte den Kopf.
    »Nun, ich habe ebenfalls nicht sehr viel Erfahrung, aber - hören Sie, ich will ganz offen sein: Ich vermute, das Flugzeug wurde sabotiert. Jemand hat es darauf abgesehen, den Piloten zu töten.«
    »Ja, den Piloten«, meinte Vyvyan gedehnt. »Aber Sandilands, wie gemeinhin bekannt war, sollte Captain Mercer eigentlich diesen Flug antreten. Notieren Sie sich das, wenn Sie diesen . diesen Vorfall hier untersuchen.« Er gestikulierte mit der Hand und zeigte auf die Leiche. »Aber ich greife voraus. Kennen Sie Captain Mercer?«
    »Ich weiß nur, was ich von Madeleine auf der Herfahrt hörte. Gehen Sie nicht davon aus, dass ich irgendeine Art von Einführung gehabt hätte oder ein professionelles Interesse an den früheren oder derzeitigen Ereignissen in Ranipur besitze, Sir«, log Joe. »Ich bin hier zur Tigerjagd.«
    »Hat er Ihnen das gesagt? Dieser manipulative, alte Mistkerl! George Jardine riecht Probleme quer durch den Kontinent! Es gab eine Zeit, da wäre er bei einer solchen Krise selbst aufgetaucht, aber wie ich hörte, hat er ein jugendliches und aktives Alter Ego gefunden, um die Drecksarbeit zu erledigen, während er damit fortfährt, Indien zu regieren.« Vyvyan lächelte, um dem Kommentar die Schärfe zu nehmen, und fügte hinzu: »Habe ich nicht Recht? Ich glaube, ich kann Ihnen trotz allem Ihre Tigerjagd zusichern.«
    Eine kleine Gruppe Schaulustiger lief über die Straße und die Felder herbei und sammelte sich, um aus der Ferne auf das Katastrophenszenario zu blicken, wortreich zu plaudern und im Staub nach einer Hand voll

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