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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Kerle, die ich ausbilde. Sie sind sehr gut. War anfangs allerdings nicht einfach, sie zu rekrutieren. Die haben hier ihr eigenes System, wissen Sie. Es nennt sich ayurvedische Medizin. Blätter, Kräuter, Wurzeln und so weiter. Ich fürchte, der Hofarzt war nicht sehr erfreut, als er mich am Horizont auftauchen sah, aber so ist es nun einmal - der Herrscher ist in gewisser Weise sehr westlich. Er rief mich allerdings zu spät zu sich. Und der Tod seiner beiden Söhne hat ihm den Lebenswillen förmlich ausgesaugt. Ein furchtbarer Schlag für jeden Vater, tödlich für einen Mann, der nur noch wenige Wochen zu leben hat. Ehrlich gesagt, bin ich sehr besorgt über das Tempo, mit dem er nachlässt, seit seine Söhne wie Dominosteine umfallen. Solche Katastrophen, das muss einen ja deprimieren - es ist so unnatürlich, wenn die eigenen Söhne vor einem sterben. Viele von uns haben diese traurige Lektion im Krieg gelernt .« Seine Stimme verlor sich.
    »Gibt es nichts, was Sie tun können, Sir?«
    »Nichts. Schmerzmittel, soweit nötig, aber selbst das ist überflüssig - die haben hier ihre eigenen Vorräte, wie Sie sicher schon wissen. Diese ayurvedi-schen Heilmittel könnten sich sogar als die wirksamsten erweisen, wenn es um die allerletzte Phase geht.« Er runzelte die Stirn und fuhr fort: »Ich versuche, mehr darüber zu lernen, und ich muss sagen, es ist gar kein solcher Mumpitz, wie ich immer dachte. Ganz und gar nicht. Ich habe einige bemerkenswerte Dinge gesehen ... Der Herrscher führt ständig ein bestimmtes Mittel mit sich, und falls er spüren sollte, dass er in extremis gerät, wird er es schlucken.«
    »Er wird sich umbringen?« Joe war schockiert.
    »Nein, nein.« Sir Hector schüttelte den Kopf und lächelte. »Ganz im Gegenteil. Es nennt sich Hiranya Garbha. Es ist eine Mischung aus reinem Gold - ja, das Metall, Gott weiß, anhand welcher Prozesse man es schmilzt und verdaulich macht! - sowie Ingwer und anderen belebenden Kräutern. Wenn man es auf dem Totenbett einnimmt, soll es einen noch genug wiederbeleben, dass man kommunizieren kann. Wird verwendet - man kann sich die Umstände ja vorstellen! -, um mit dem letzten Atemzug noch Antworten aufdrängende Fragen wie >Wo hast du den Schlüssel für die Schatzkammer versteckt, Bapuji?<, zu bekommen. Ich werde seine Wirkung mit Interesse verfolgen, sobald der Fall eintreten sollte. Vielleicht schreibe ich sogar eine Abhandlung darüber . Aber ich wollte nicht über das Ableben des Herrschers mit Ihnen sprechen.« Er zögerte.
    Joe nippte an seinem Whisky und wartete.
    »Der Tod der beiden Söhne beunruhigt mich. Nun, selbstverständlich hat er alle beunruhigt. Und angesichts Ihrer Anwesenheit, Sandilands, nehme ich an, dass auch höchste Stellen besorgt sind. Stimmt das?«
    Joe nickte. »In der Tat, Sir. Wir haben uns gefragt, ob Sie irgendwelche Informationen hinsichtlich der Todesfälle haben, vielleicht einen medizinischen Befund, der uns helfen könnte, die genauen Umstände besser zu verstehen?«
    »Schwierig. Hindus führen keine Autopsien durch, wissen Sie. Ich hätte die Prinzen gar nicht gerichtsmedizinisch untersuchen dürfen, und schließlich waren die Umstände ihres Todes in beiden Fällen eindeutig. Aber im Falle des älteren Prinzen - Bishan, nicht wahr? - hat mich der Herrscher gebeten, mir die Leiche anzusehen. Nicht das übliche Aufschlitzen, wissen Sie, nur ein genereller, prüfender Blick, um ihm die spezielle Information zu geben, die er wollte.«
    »Und die lautete ...?«
    »Ganz einfach: Hat der Junge leiden müssen? Das war alles.«
    »Eine vernünftige Bitte von einem Vater«, meinte Joe.
    »Ja, natürlich. Der ganz natürliche Wunsch, die Wahrheit zu erfahren. Aber die Antwort auf die Frage faszinierte mich.«
    Sir Hector nickte in Richtung des Tisches, der in der Raumesmitte stand. »Ließ die Leiche hierherbringen, bevor wir sie den Bestattern übergaben. Sie kennen die Umstände seines Todes?«
    Joe nickte. »Wie ich hörte, wurde er von einem wilden Panther zerfleischt?«
    »Kurz gesagt, ja. Die Leiche war übel zugerichtet, wie Sie sich vorstellen können. Das Fleisch war zerfetzt, ein Arm abgerissen . das Tier muss hungrig gewesen sein, es hatte angefangen, ihn zu fressen. Aber Sie sind selbst Jäger, vielleicht ist Ihnen bekannt, dass ein Panther sauber tötet? Ein Schlag hätte genügt, um den Mann zu töten, und ich glaube, ich konnte den tödlichen Schlag ausmachen. Am Hals. Wo man es auch erwarten würde. Das

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