Cleverly, Barbara - Die List des Tigers
über den Telegraphen die Untersuchungsergebnisse. Die Verbrechensaufklärung reißt überall Mauern ein, und die Kriminellen können sich nicht länger hinter Ländergrenzen verstecken. Wenn nötig, kann man sie über ganze Ozeane hinweg verfolgen.«
Joe sprach über den Nutzen einer weiblichen Polizeitruppe, was Ram erstaunte und amüsierte, und über die Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung quer durch alle Ränge, was Ram verblüffte. »Hier in Ranipur«, räumte er ein, »besteht keine Notwendigkeit für eine so große Truppe. Niemand patrouilliert in den Basaren, das heißt, auf den Straßen.«
»Wie kontrollieren Sie dann Bagatelldelikte?«, wollte Joe wissen.
»In jeder Straße gibt es einen Informanten. Eine inoffizielle, wenn auch gut bezahlte Person, die als Auge und Ohr für Ajit Singh agiert. Wenn ein Verbrechen geschieht, wird es vor Ort aufgedeckt. Die Nachricht davon erreicht uns sofort, und wir werden tätig. Die Kriminellen sind für gewöhnlich in ihrer eigenen Straße bestens bekannt, und weil sie sicher sind, entdeckt zu werden, ist das Vorkommen von Verbrechen überaus niedrig, wie Sie sich vorstellen können, Sahib .«
»Das ist ja gut und schön für den durchschnittlichen Kleinkriminellen«, hielt Joe dagegen, »aber sagen Sie mir, Ram, wie würden Sie mit einem Verbrechen umgehen, das . na, lassen Sie uns sagen« - er winkte über die versammelten Würdenträger - »einer der Adligen in diesem Raum begangen hätte?«
Sofort wünschte er, er könnte seine Frage zurückziehen, aber es war zu spät, der junge Mann stammelte bereits eine unverständliche Antwort, völlig verlegen und Hilfe suchend zu Ajit Singh schauend.
Ajit antwortete ungezwungen, mit einem Hauch Belustigung in der Stimme: »Was Ram sagen will, ist, dass es keine Verbrechen in Adelskreisen gibt, Commander. Ich bin sicher, Sie verstehen das. Wann hat Ihr King George das letzte Mal einen Taschendiebstahl begangen? Und haben Sie Queen Mary je verhaftet, weil sie ihren Koch vergiftete?«
Joe lächelte angesichts dieses Versuchs, Humor zu beweisen, und war erleichtert, als Ajit das Thema wechselte: »Ich habe gehört, Commander, dass wir auf dasselbe Ziel hinarbeiten, hier in Ranipur?«
»Das überrascht mich aber«, meinte Joe vorsichtig, »da ich nicht arbeite und auch gar nicht arbeiten dürfte, in professioneller Funktion. Der einzige Grund für meine Anwesenheit hier ist das Vergnügen.«
Ajits Schnauzbart erzitterte leicht. »Dann« - er bat Ram um Hilfe bei der Wortwahl - »greife ich dem Befehl meines Herrschers vor. Er hat mit mir über die Möglichkeit gesprochen, dass man Sie bitten könnte, ein wachsames Auge auf den neuen Erben zu werfen, Prinz Bahadur. Dies sind ungewöhnliche Zeiten, wie Sie sicher bemerkt haben, und der junge Mann könnte möglicherweise Ihre Hilfe benötigen. Er hat seinem Vater anvertraut, dass er Sie mag und dass er sich auf Sie verlassen kann. Es wird ihm Selbstvertrauen geben, wenn er merkt, dass er von allen Seiten beschützt wird.«
»Ist diese Schutztruppe eine neue Entwicklung?«, fragte Joe.
»Ehrlich gesagt - nein«, erwiderte Ajit. »Der Junge mag sich dessen nicht bewusst sein, aber er wird beobachtet, seit er die Sicherheit der Zenana verlassen hat.«
Joe fragte sich, wie sicher die Zenana im Lichte von Bahadurs Informationen wirklich war, hakte aber nicht nach.
»Er hat sich entschieden, seine Zeit an einigen ungewöhnlichen Orten zu verbringen.« Ajit lächelte. »Meine Leute haben sich über die Probleme beschwert, die es ihnen bereitet, ihm auf den Fersen zu bleiben, ohne dabei bemerkt zu werden. Aber wie Sie sehen, ist der Junge bei bester Gesundheit, und es wurde bislang kein Anschlag auf sein Leben unternommen.«
Joe wandte den Blick einen Moment lang von den magnetischen Augen ab, um seine eigenen Gedankengänge zu verbergen. >Was für eine Pantomime!<, dachte er.
Laut sagte er: »Ich wäre natürlich entzückt, Sie bei jedem Versuch zu unterstützen, den Seelenfrieden -und natürlich das Leben - von Prinz Bahadur zu schützen.«
Ajit verbeugte sich höflich vor seinem neuen Kollegen.
»Ich hatte heute Morgen das Glück, die Stadt Su-rigargh kennen zu lernen, Ajit Singh. Ich habe gehört, Sie kennen sie gut?«
»Surigargh ist mein Geburtsort, Commander, und wirklich wunderschön. Ich bin viel gereist ...« Er zögerte, dann räumte er ein: »Auch ich nahm am Krieg in Frankreich teil. Ich war mit den Ranipur Lancers dort und überlebte.
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