Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
hinausspaziert war, um die anderen Institutsbewohner zu wecken. Vorsichtig hob er den Kopf.
Doch Cecily stand noch immer reglos im Türrahmen, nur beleuchtet vom Elbenlicht in ihrer Hand. »Tessa hat mir erzählt, dass du einmal nach mir gerufen hast«, sagte sie. »Als du krank warst. Warum hast du nach mir gerufen, Will?«
»Cecily.« Das Wort klang wie ein leiser Atemzug. »Jahrelang bist du mein … mein Talisman gewesen. Ich dachte, ich wäre für Ellas Tod verantwortlich. Also bin ich aus Wales fortgegangen, damit ich wusste, dass du außer Gefahr bist. Die Vorstellung, dass es dir gut ging und du glücklich warst, wog den Schmerz über den Abschied von dir und unseren Eltern auf.«
»Ich habe nie verstanden, warum du gegangen bist«, sagte Cecily. »Ich habe alle Schattenjäger immer für Monster gehalten. Ich konnte einfach nicht begreifen, wieso du zum Institut geflohen bist. Also habe ich mir immer ausgemalt, dass ich hierherkommen und vorgeben würde, ebenfalls eine Schattenjägerin werden zu wollen, sobald ich alt genug wäre. Danach wollte ich dich davon überzeugen, mit mir nach Hause zurückzukehren. Doch als ich dann von dem Fluch erfuhr, wusste ich nicht mehr, was ich denken sollte. Denn nun verstand ich zwar, warum du hierhergekommen warst, konnte aber noch immer nicht verstehen, warum du bleiben wolltest.«
»Jem …«
»Selbst wenn er stirbt …«, setzte Cecily an und sah, wie Will zusammenzuckte. »Selbst wenn Jem stirbt, wirst du nicht zu Mam und Dad zurückkehren, stimmt’s? Du bist ein Schattenjäger durch und durch. Was Vater nie war. Das ist auch der Grund für deine Weigerung, ihnen zu schreiben. Du weißt nicht, wie du um Vergebung bitten und ihnen gleichzeitig sagen sollst, dass du nicht heimkehren wirst.«
»Ich kann nicht nach Hause zurück, Cecily, denn es ist nicht länger mein Zuhause. Ich bin ein Schattenjäger – das liegt mir im Blut.«
»Du weißt doch, dass ich deine Schwester bin, oder etwa nicht?«, erwiderte Cecily. »Und mir liegt es ebenfalls im Blut.«
»Du hast gesagt, du würdest nur so tun, als ob …« Einen Moment lang blickte Will sie prüfend an, dann meinte er langsam: »Aber du gibst es nicht nur vor, richtig? Ich habe dich trainieren und kämpfen sehen. Du empfindest dasselbe wie ich damals: Als sei das Institut der erste feste Boden unter deinen Füßen. Als hättest du endlich den Ort gefunden, an den du gehörst. Du bist eine Schattenjägerin.«
Cecily schwieg.
Will spürte, wie sich ein schiefes Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. »Ich bin froh«, sagte er. »Froh, dass eine Herondale im Institut sein wird, selbst wenn ich …«
»… selbst wenn du nicht zurückkehrst? Will, lass mich mitkommen, lass mich dir helfen …«
»Nein, Cecily. Reicht es denn nicht, dass ich akzeptiere, dass du dieses Leben wählst, ein Leben voller Kampf und Gefahren, obwohl ich mir immer ein sicheres Leben für dich gewünscht habe? Nein, ich kann dich nicht mitnehmen, auch wenn du mich dafür hasst.«
Cecily seufzte. »Sei doch nicht so theatralisch, Will. Musst du immer darauf bestehen, dass die Leute dich hassen, während sie das ganz eindeutig nicht tun?«
»Ich bin theatralisch«, erwiderte Will. »Wenn ich kein Schattenjäger wäre, dann hätte ich großartige Zukunftsaussichten als Schauspieler gehabt. Ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass man mich mit Lob und Beifall überschüttet hätte.«
Cecily schien diese Bemerkung nicht lustig zu finden, was Will ihr im Grunde nicht verübeln konnte. »Ich interessiere mich nicht für deine Interpretation von Hamlet«, entgegnete sie. »Wenn du mich schon nicht mitnehmen willst, dann versprich mir wenigstens, wenn du nun aufbrichst … versprich mir, dass du zurückkommen wirst.«
»Das kann ich dir nicht versprechen«, sagte Will. »Aber ich werde alles in meiner Macht Stehende dafür tun. Und dann werde ich auch einen Brief an unsere Eltern schreiben. So viel kann ich dir immerhin versprechen.«
»Nein«, widersprach Cecily. »Keinen Brief. Versprich mir: Wenn du zurückkommst, wirst du zusammen mit mir nach Hause reisen und Mam und Dad erklären, warum du fortgegangen bist und dass du ihnen keine Vorwürfe machst und sie noch immer liebst. Ich verlange auch nicht, dass du für immer nach Hause zurückkehrst. Weder du noch ich … keiner von uns beiden wird dazu jemals wieder in der Lage sein. Aber wir können ihnen wenigstens alles erklären und sie damit etwas trösten. Und jetzt sag mir nicht,
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