Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Gesetz zu warnen, Henry Branwell. Wir sind hergekommen, um mit euch zu kämpfen.
»Mit uns zu kämpfen?«, wiederholte Gideon verwundert. »Aber die Brüder der Stille kämpfen doch nicht … ich meine, sie sind doch keine Krieger …«
Das stimmt nicht. Wir waren einst Schattenjäger und sind es nach wie vor, ungeachtet unserer Verwandlung. Unser Orden wurde von Jonathan Shadowhunter persönlich gegründet, und obwohl wir unser Leben dem Studium und der Einhaltung der Gesetze widmen, können wir doch durch das Schwert sterben, wenn dies unser Wunsch ist.
Charlotte strahlte. »Die drei haben von meinem Brief erfahren«, sagte sie, »und beschlossen, uns zu helfen. Bruder Enoch, Bruder Micah und Bruder Zachariah.«
Die beiden Stillen Brüder hinter Enoch neigten stumm den Kopf. Gabriel musste ein Schaudern unterdrücken. Obwohl er wusste, dass die Brüder der Stille einen wesentlichen Bestandteil des Schattenjägerdaseins bildeten, hatte er sie schon immer etwas unheimlich gefunden.
»Bruder Enoch hat mir auch erzählt, warum sonst niemand gekommen ist«, fuhr Charlotte fort, wobei das Lächeln auf ihrem Gesicht schwand. »Konsul Wayland hat heute Morgen eine Vollversammlung anberaumt, mit Anwesenheitspflicht für alle Nephilim – ohne uns etwas davon mitzuteilen.«
»Dieser Mistk…«, stieß Henry zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Dieser miese Kerl«, beendete er seinen Satz jedoch nach einem kurzen Blick auf Cecily, die daraufhin mit den Augen rollte. »Worum geht es bei der Versammlung?«, fragte er.
»Man will uns ersetzen«, sagte Charlotte. »Wayland glaubt noch immer, dass Mortmain seinen Angriff gegen London richten wird und dass das Institut deshalb eine starke Führung braucht, um der Klockwerk-Armee Einhalt zu gebieten.«
»Mrs Branwell!« Sophie, die Magnus gerade die schwere Ledertasche reichen wollte, ließ die Sachen beinahe fallen. »Das können die Ratsmitglieder doch nicht tun!«
»Oh, das können sie durchaus«, erwiderte Charlotte. Dann schaute sie jeden einzelnen der Anwesenden an und hob das Kinn. In diesem Moment erschien sie Gabriel trotz ihrer geringen Körpermaße größer als der Konsul. »Wir haben alle gewusst, dass es dazu kommen würde«, sagte sie. »Aber das spielt keine Rolle. Wir sind Schattenjäger und es ist unsere Pflicht, uns gegenseitig zu beschützen und das zu tun, was wir für richtig halten. Wir glauben an Will und wir vertrauen ihm. Vertrauen hat uns bis hierher gebracht und es wird uns auch noch einen Schritt weiterbringen. Der Erzengel wacht über uns und wir werden obsiegen.«
Einen Moment lang herrschte völlige Stille. Gabriel schaute in die Runde und sah nur entschlossene Mienen – selbst auf Magnus’ Gesicht spiegelten sich Achtung und Respekt. »Mrs Branwell«, sagte er schließlich, »wenn Konsul Wayland Sie nicht für eine geborene Führerin hält, ist er ein Dummkopf.«
Charlotte neigte kurz den Kopf in seine Richtung. »Danke. Aber jetzt sollten wir keine Zeit mehr verschwenden: Wir müssen sofort aufbrechen, denn diese Sache duldet keinen weiteren Aufschub.«
Henry schenkte seiner Frau einen tiefen, inniglichen Blick und wandte sich dann an Cecily: »Bist du bereit?«
Wills Schwester nickte und stellte sich vor das Portal. Das schimmernde Licht warf die Schatten der ungewohnten Runen auf ihr kleines, entschlossenes Gesicht.
»Rufen Sie sich den Cadair Idris ins Gedächtnis«, forderte Magnus sie auf. »Stellen Sie sich den Gipfel so genau wie möglich vor.«
Cecily ballte die Hände zu Fäusten. Während sie auf die schwarze Mauerfläche starrte, begannen die Runen, zu vibrieren und sich zu verändern: Das Portal erwachte zum Leben, die Dunkelheit lichtete sich.
Plötzlich blickte Gabriel nicht länger auf Schatten, sondern auf eine Landschaft, die fast wie gemalt wirkte: die grüne Kuppe eines Berggipfels und ein See so blau und so tief wie der Himmel.
Cecily schnappte überrascht nach Luft. Dann trat sie unaufgefordert einen Schritt vor und verschwand durch den Torbogen – so als würde man eine Zeichnung ausradieren: zuerst ihre Hände, dann ihre ausgestreckten Arme und schließlich ihr gesamter Körper.
Eine Sekunde später war sie fort.
Bestürzt schrie Charlotte auf: »Henry!«
Ein Rauschen dröhnte in Gabriels Ohren. Er hörte, wie Henry seiner Frau versicherte, dass das Portal genau auf diese Weise funktionieren würde und nichts Ungewöhnliches geschehen sei. Aber seine Worte erschienen Gabriel wie ein Lied, das aus
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