Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
berührten, richtete sie sich sofort auf, hob das Kinn und funkelte Mortmain wütend an. »Es bringt Unglück, die Braut vor der Hochzeit zu sehen«, fauchte sie.
»In der Tat«, bestätigte Mortmain. »Stellt sich nur die Frage: Wem bringt es Unglück?«
Tessa vermied es, sich noch einmal umzuschauen. Der Anblick dieser gewaltigen Zahl von Automaten vor der kleinen, zusammengewürfelten Truppe von Schattenjägern war einfach zu schmerzhaft. »Die Nephilim haben sich bereits Zugang zu Ihrer Festung verschafft«, sagte sie. »Ihnen werden weitere folgen. Sie werden Ihre Automaten umzingeln und vernichten. Wenn Sie sich jetzt ergeben, können Sie Ihr eigenes Leben vielleicht noch retten.«
Mortmain warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Bravo, Madam«, rief er. »Da stehen Sie nun, im Angesicht einer vernichtenden Niederlage, und verlangen meine Kapitulation.«
»Wir sind nicht vernichtend geschlagen …«, setzte Will an.
Doch Mortmain stieß ein heiseres Knurren zwischen den Zähnen hervor, das in der ganzen Höhle zu hören war. Ruckartig drehten sämtliche Automaten die Köpfe in Wills Richtung – mit Furcht einflößendem Gleichmaß. »Kein Wort mehr, Nephilim«, zischte Mortmain. »Wenn einer von euch das nächste Mal den Mund aufmacht, hat euer letztes Stündlein geschlagen.«
»Lassen Sie sie frei«, sagte Tessa. »Das hier hat doch nichts mit ihnen zu tun. Lassen Sie sie gehen und behalten Sie mich hier.«
»Sie versuchen, mit leeren Händen zu verhandeln«, entgegnete Mortmain. »Und Sie irren sich, wenn Sie glauben, dass Ihnen weitere Schattenjäger zu Hilfe eilen werden. Genau in diesem Moment befindet sich ein nicht unbeträchtlicher Teil meiner Armee im Sitzungssaal der Nephilim und zerstückelt die verehrten Mitglieder der Kongregation.«
Tessa hörte, wie Charlotte aufkeuchte – ein kurzer, unterdrückter Laut.
»Sehr schlau von den Schattenjägern, sich alle an einem Ort zu versammeln, wo ich sie auf einen Schlag vernichten kann.«
»Bitte«, flehte Tessa. »Kämpfen Sie nicht länger gegen sie. Ihr Hass gegen die Nephilim ist gerechtfertigt. Aber wenn sie alle tot sind, wer soll aus Ihrer Vergeltung dann noch lernen? Wer wird dann noch Wiedergutmachung leisten? Wenn es niemanden mehr gibt, der aus den Fehlern der Vergangenheit lernen kann, dann gibt es auch niemanden, der die daraus gezogenen Lehren an andere vermittelt. Lassen Sie sie am Leben. Erlauben Sie ihnen, Ihre Lektion an zukünftige Generationen weiterzureichen. Die Nephilim können Ihr Vermächtnis sein.«
Mortmain nickte nachdenklich, als würde er ihre Worte sorgfältig abwägen. »Ich werde ihr Leben tatsächlich verschonen … Denn ich werde sie hierbehalten, als unsere Gefangenen. Ihre Anwesenheit hier wird Sie bei Laune halten und Sie gefügig machen.« Seine Stimme bekam einen harten Unterton: »Denn Sie lieben sie, und falls Sie jemals versuchen zu fliehen, werde ich sie alle töten.« Er schwieg einen Moment und meinte dann: »Was sagen Sie dazu, Miss Gray? Ich bin doch sehr großzügig und dafür steht mir nun entsprechender Dank zu, finden Sie nicht auch?«
Im Raum herrschte völlige Stille, bis auf das metallische Quietschen einiger Automaten und das Dröhnen des eigenen Blutes in Tessas Ohren. Sie verstand nun, was Mrs Black in der Kutsche mit ihren Worten gemeint hatte: Und je mehr Wissen Sie über die Nephilim besitzen, je mehr Sie mit ihnen fühlen, desto effektiver werden Sie als Waffe, die alle Nephilim vom Angesicht der Erde hinwegfegen wird. Tessa war zwar keine Schattenjägerin, doch dafür Teil der Schattenjägergemeinschaft geworden: Sie sorgte sich um sie und liebte sie – und Mortmain würde diese Sorge und Liebe benutzen, um sie zu erpressen. Durch die Rettung der wenigen Schattenjäger, die sie liebte, würde sie alle Nephilim ins Verderben stürzen. Und dennoch war es vollkommen undenkbar, Will und Jem, Charlotte und Henry, Cecily und die anderen zum Tode zu verurteilen.
»Ja.« Tessa hörte, wie Jem – oder Will – einen unterdrückten Laut ausstieß. »Ja, ich werde Ihr Angebot annehmen.« Sie schaute auf. »Sagen Sie dem Dämon, er soll mich loslassen. Dann komme ich zu Ihnen hinauf.«
Misstrauisch kniff Mortmain die Augen zu Schlitzen. »Nein«, widersprach er. »Armers, bring sie zu mir.«
Die Hände des Dämons verstärkten ihren Griff um Tessas Arme, bis Tessa sich vor Schmerz auf die Lippe biss. Und als würde er mit ihr leiden, zuckte der Klockwerk-Engel an ihrem Hals.
Nur wenige
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