Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
klang ernst. Das Feuer hätte sie eigentlich töten müssen. Jeden normalen Menschen hätte es das Leben gekostet, aber Tessa ist halb Nephilim, halb Dämon und sie wurde von dem Engel beschützt, auf dessen Feuer sie zurückgegriffen hat. Selbst in seinen letzten Momenten, als er in Flammen aufging und seine eigene stoffliche Gestalt verbrannte, hat er sie noch vor dem Feuer geschützt.
Unwillkürlich musste Charlotte an die kreisrunde Höhle unter dem Cadair Idris zurückdenken und daran, wie Tessa vorgetreten war und sich von einer jungen Frau in eine lodernde Flamme verwandelt hatte. Sie war in einer Feuersäule in die Höhe geschossen, ihre Haare hatten sich zu glühenden Spiralen gekräuselt und von ihr war ein Licht ausgegangen, das mit furchterregender Kraft alles überstrahlt hatte. Schützend über Henry gebeugt, hatte Charlotte sich kurz gewundert, wie selbst Engel mit solch einem Feuer brennen und dennoch überleben konnten.
Als der Engel Tessas Körper verlassen hatte, war sie bewusstlos zusammengebrochen. Ihre Kleider hatten in Fetzen an ihr herabgehangen und ihre Haut war mit dunklen Malen übersät gewesen, als wäre sie versengt worden. Mehrere Schattenjäger waren zwischen den kollabierten Automaten hindurch zu ihr gestürzt, aber an den Rest konnte Charlotte sich nur verschwommen erinnern, da sie durch ihre bange Sorge um Henry alles um sich herum verzerrt wahrgenommen hatte, wie durch eine dicke Glasscheibe: Will, der Tessa auf die Arme hob. Die Festung des Magisters, die sich Höhle für Höhle zu verschließen begann. Türen, die krachend hinter der kleinen Gruppe von Schattenjägern zufielen, während sie durch die Gänge hasteten. Magnus’ blaue Funken, die ihnen den Weg zum Ausgang leuchteten. Die Erschaffung des zweiten Portals. Weitere Stille Brüder, die im Institut auf sie warteten; von Runen gezeichnete Gesichter und narbenübersäte Hände, die sogar Charlotte den Zugang verwehrten, während die Brüder sich mit Henry und Tessa zurückzogen. Will, der sich mit gequälter, hilfloser Miene an Jem wandte, an seinen Parabatai .
»James«, hatte er gefleht, »finde heraus…was sie mit ihr machen … ob sie überleben wird …«
Doch Bruder Enoch war zwischen die beiden getreten. Sein Name lautet nicht länger James Carstairs, hatte er Will beschieden. Er heißt jetzt Zachariah.
Charlotte erinnerte sich an den Ausdruck in Wills Augen, an die Art und Weise, wie er seine Hand hatte herabsinken lassen. »Er soll für sich selbst sprechen.«
Doch Jem hatte sich stumm abgewandt. Er hatte sich umgedreht und war aus dem Institut hinausmarschiert, während Will ihm ungläubig nachgeschaut hatte. Und Charlotte hatte an die erste Begegnung der beiden denken müssen: Bist du wirklich sterbenskrank? Das tut mir leid.
Später dann, nachdem Jem gegangen war, hatte Will ihnen stockend Tessas Geschichte erzählt: die Funktion des Klockwerk-Engels, das unglückselige Schicksal der Familie Starkweather und die ungewöhnlichen Umstände von Tessas Empfängnis. Aloysius hatte recht gehabt, überlegte Charlotte: Tessa war tatsächlich seine Urenkelin. Eine Nachfahrin, die er nicht mehr näher kennenlernen sollte, denn er hatte bei dem Massaker im Sitzungssaal des Rats sein Leben verloren.
Charlottes Gedanken blieben unwillkürlich bei diesem Ereignis hängen und sie stellte sich mit Grauen vor, was sich zugetragen haben musste, als die Türen des Saals aufgeflogen und die Automaten hereingestürmt waren. Das Protokoll sah zwar nicht vor, dass die Schattenjäger unbewaffnet an einer Versammlung teilnahmen, aber sie waren auch ganz gewiss nicht auf einen Kampf vorbereitet gewesen. Und die wenigsten von ihnen hatten je einen Automaten zu Gesicht bekommen. Die Vorstellung der anschließenden Schlacht jagte Charlotte einen eisigen Schauer über den Rücken. Die Verluste der Nephilim ließen sich kaum ermessen, obwohl die Zahl der Toten sicher noch viel größer gewesen wäre, wenn Tessa sich nicht selbst geopfert hätte. Mit Mortmains Tod waren sämtliche Automaten zugrunde gegangen, selbst die Kreaturen, die sich im Sitzungssaal befunden hatten, sodass ein Großteil der Nephilim überlebt hatte. Allerdings gab es eine Reihe von Toten zu beklagen, darunter auch den Konsul.
»Halb Nephilim, halb Dämon«, murmelte Charlotte nun und blickte auf Tessa hinab. »Und was genau ist sie dann?«
Da das Blut der Nephilim dominiert, ist sie eine neue Art von Schattenjäger. Etwas Neues muss nicht immer etwas
Weitere Kostenlose Bücher