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Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Titel: Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Überzeugung, dass er sich selbst einen Stuhl konstruieren musste. Einen Stuhl wie diese rikschaähnlichen Invalidentransportmittel, wie man sie in Kurorten wie Bath sah, aber mit selbst angetriebenen Rädern und allen erdenklichen Ausstattungen. Er war fest entschlossen, diesen Rollstuhl so zu konstruieren, dass er auch Treppen bewältigte, damit er weiterhin zu seinem Labor in der Krypta gelangen konnte. Henry hatte während der gesamten Stunde, in der Will ihm aus »Maud« vorgelesen hatte, etliche Entwürfe für diesen Stuhl zu Papier gebracht, aber Poesie hatte ohnehin nie zu seinen Leidenschaften gezählt.
    »Danke, Will, du bist nun von deinen Pflichten befreit. Und du, liebster Henry, bist von weiteren Gedichten befreit«, sagte Charlotte. »Wenn du möchtest, kann ich dir helfen, deine Notizen zusammenzusuchen …« Sie schlüpfte hinter den Stuhl ihres Mannes, beugte sich über seine Schulter und schob die verstreuten Blätter zu einem ordentlichen Stapel zusammen. Zärtlich berührte Henry ihr Handgelenk und schaute zu ihr auf – und aus seinem Blick sprachen so großes Vertrauen und solch innigliche Zuneigung, dass Will das Gefühl hatte, tausend kleine Messer würden ihm in die Haut stechen.
    Dabei war es keineswegs so, als ob er Charlotte und Henry ihr Glück neiden würde – ganz im Gegenteil. Aber er musste unwillkürlich an Tessa denken. An die Hoffnungen, die er einst gehegt und später aufgegeben hatte. Will fragte sich, ob sie ihn jemals auf diese Weise angeschaut hatte, doch er konnte sich an keinen solchen Moment erinnern. Schließlich hatte er alles darangesetzt, ihr Vertrauen zu zerstören, und obwohl er sich nichts anderes wünschte, als dieses Vertrauen wiedererlangen zu können, wurde er die Angst einfach nicht los …
    Entschlossen schob er die düsteren Gedanken beiseite, erhob sich und wollte gerade ankündigen, dass er einmal nach Tessa schauen werde, als es laut an der Tür klopfte. Und dann platzte Sophie auch schon in den Raum, unerklärlicherweise mit besorgter Miene. Der Grund für ihre Sorge zeigte sich bereits im nächsten Moment, als ihr der Inquisitor in den Salon folgte.
    Will, der den Inquisitor bis dahin immer nur bei Kongregationsversammlungen in seiner Amtsrobe gesehen hatte, hätte den grimmig blickenden Mann im grauen Gehrock und dunkler Hose beinahe nicht erkannt. Auf seiner Wange prangte eine fahle Narbe, die er vor Kurzem noch nicht gehabt hatte.
    »Inquisitor Whitelaw.« Charlotte richtete sich auf und zog eine ernste Miene. »Welchem Anlass verdanken wir die Ehre Ihres Besuchs?«
    »Charlotte«, sagte der Inquisitor und streckte ihr seine Hand entgegen – mit einem Umschlag, der das Siegel der Kongregation trug. »Ich habe hier eine Nachricht für Sie.«
    Verwirrt schaute Charlotte ihn an. »Hätten Sie den Brief nicht einfach mit der Post schicken können?«
    »Diese Nachricht ist von äußerster Wichtigkeit. Es ist zwingend erforderlich, dass Sie das Schreiben umgehend lesen.«
    Langsam streckte Charlotte die Hand aus und nahm den Brief entgegen. Sie zog an der Umschlaglasche, runzelte dann die Stirn und ging zu ihrem Schreibtisch, um den Brieföffner zu holen. Will nutzte die Gelegenheit, um den Inquisitor verstohlen zu mustern. Der Mann beobachtete Charlotte mit ernstem Gesicht und ignorierte Will vollständig. Der junge Schattenjäger fragte sich, ob die Narbe auf der Wange des Inquisitors möglicherweise ein Zeugnis der Schlacht gegen Mortmains Automaten war.
    Will war sich sicher gewesen, dass sie alle in dem Höhlenlabyrinth sterben würden – bis Tessa mit der überwältigenden Pracht des Engels in Flammen aufgegangen war und Mortmain niedergestreckt hatte wie ein Blitz, der in einen alten Baum einschlug. Der Anblick hatte zu den wundersamsten Dingen gehört, die er je gesehen hatte. Aber seine Verwunderung war rasch nacktem Entsetzen gewichen, als Tessa nach der Verwandlung zusammengebrochen war, blutend und bewusstlos und durch nichts aus ihrer Ohnmacht zu wecken. Magnus, der vor Anstrengung kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen konnte, hatte es gerade noch geschafft, mit Henrys Hilfe ein zweites Portal zurück zum Institut zu öffnen. An das, was danach geschehen war, erinnerte Will sich nur noch verschwommen: Erschöpfung und Blut und Angst, weitere Stille Brüder, die sich um die Verwundeten kümmerten, und die Nachricht mit den Namen aller, die im Sitzungssaal ihr Leben verloren hatten, ehe die Automaten bei Mortmains Tod zusammengebrochen

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