Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Kopf sind lauter.«
»Ich weiß, was du meinst«, räumte Will ein und drehte sich vollständig zu Tessa um. Er hatte seine blutbefleckte Kleidung gewechselt und seine Haut wirkte wieder unversehrt, bis auf ein paar blassrosa Striemen am Hals, die unter seinem Kragen verschwanden – offensichtlich entfalteten die Heilrunen ihre Wirkung.
»Gibt es irgendwelche Neuigkeiten über meinen…gibt es Neuigkeiten über Jem?«, fragte Tessa.
»Sein Zustand ist unverändert«, erklärte Will.
Im Grunde hatte Tessa das schon vermutet, denn wenn sich Jems Zustand verändert hätte, wäre Will jetzt nicht hier.
»Die Stillen Brüder lassen noch immer niemanden in sein Zimmer, nicht einmal Charlotte«, fügte er hinzu. »Aber warum sitzt du hier? In der fast dunklen Bibliothek?«
»Benedict hat eine Nachricht an die Wände seines Studierzimmers geschrieben«, sagte Tessa leise. »Kurz bevor er sich in diese Kreatur verwandelt hat oder vielleicht auch im Verlauf der Verwandlung … ›Die Höllengeräte kennen keine Gnade. Die Höllengeräte kennen keine Reue. Die Höllengeräte kennen keine Grenzen. Die Höllengeräte werden niemals aufgeben.‹«
»Die Höllengeräte? Ich nehme an, damit hat er Mortmains Klock-werk-Armee gemeint. Obwohl wir von denen in den letzten Monaten ja nicht viel zu sehen bekommen haben.«
»Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht jeden Moment wieder auftauchen können«, erwiderte Tessa und blickte auf den Bibliothekstisch mit der verkratzten Holzoberfläche. Wie oft mussten Will und Jem hier zusammengesessen haben, gemeinsam gelernt und ihre Initialen in die Tischplatte geschnitzt haben – wie ganz normale Schuljungen, denen langweilig war. »Ich stelle für euch alle eine Gefahr dar, wenn ich länger hier im Institut bleibe«, sagte Tessa nachdenklich.
»Tessa, darüber haben wir doch schon ausführlich gesprochen. Nicht du bist die Gefahr. Du bist zwar das, was Mortmain will, aber wenn du nicht hier in der Sicherheit des Instituts wärst, könnte er dich leicht in seine Gewalt bringen. Und wer weiß, welche Zerstörung er dann möglicherweise mit deinen Kräften anrichten würde? Wir wissen zwar nicht, was er genau vorhat…aber es besteht kein Zweifel daran, dass er dich für irgendetwas benutzen will und dass es in unser aller Interesse ist, dich von ihm fernzuhalten. Und das ist keine Uneigennützigkeit. Wir Schattenjäger sind nicht selbstlos.«
Bei diesen Worten schaute Tessa auf. »Ich glaube, ihr handelt sehr selbstlos.« Als Will missbilligend schnaubte, fügte sie hinzu: »Du weißt doch, dass das, was ihr tut, beispielhaft ist. Zugegeben, den Rat zeichnet eine gewisse Kälte aus. Staub und Schatten sind wir. Aber ihr seid wie die Helden der Antike, wie Achill und Jason.«
»Achill wurde mit einem vergifteten Pfeil ermordet und Jason starb einsam und allein, begraben unter seinem eigenen Schiff. So sieht das Schicksal von Helden aus. Der Erzengel allein weiß, warum jemand auch nur den Wunsch verspürt, ein Held zu sein.«
Tessa betrachtete Will. Unter seinen blauen Augen lagen tiefe Schatten und seine Finger spielten nervös am Stoff seiner Ärmel, gedankenverloren, als wäre er sich dieser Handlung gar nicht bewusst. Monate … inzwischen waren mehrere Monate vergangen, seit sie beide einmal länger als nur einen kurzen Moment allein in einem Raum verbracht hatten, überlegte Tessa. Sie waren sich lediglich ein paar Mal im Korridor oder im Hof begegnet und hatten dabei kaum mehr als ein paar ungelenke Worte gewechselt. Dabei fehlten ihr seine Scherze, die Bücher, die er ihr immer geliehen hatte, das Lachen in seinen Augen. In Erinnerungen an den umgänglicheren Will vergangener Zeiten versunken, meinte sie selbstvergessen: »Ich muss immerzu an etwas denken, das du einmal zu mir gesagt hast.«
Überrascht schaute er sie an. »Ja, was denn?«
»Du hast gesagt, wenn du nicht weißt, was du tun sollst, stellst du dir manchmal vor, du wärst eine Figur aus einem Buch. Weil du auf diese Weise leichter wüsstest, was diese Person tun würde.«
»Vielleicht gebe ich nicht gerade die besten Ratschläge, wenn man in seinem Leben nach Glück strebt.«
»Nicht Glück. Jedenfalls nicht direkt. Ich möchte nur helfen … Gutes tun …« Tessa verstummte und seufzte. »Ich habe schon so viele Bücher gelesen, aber Ratschläge habe ich darin nicht finden können. Du hast gesagt, du seist wie Sydney Carton …«
Will gab ein Schnauben von sich und ließ sich in einem der Sessel auf der
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