Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
vorgezogene Hochzeit verärgert sein würde.«
Jems Augen weiteten sich. »Ich … Ist das dein Ernst? Ich würde nicht wollen, dass du nicht genügend Zeit für alle Vorbereitungen hast.«
»Was für Vorbereitungen, glaubst du denn, müsste ich noch treffen?«, fragte Tessa. Für einen Sekundenbruchteil kehrten ihre Gedanken zu Will zurück – zu dem Moment, in dem er mit den Händen ins Feuer gegriffen hatte, um Jems Arznei zu retten. Als sie ihn dabei beobachtet hatte, war schlagartig die Erinnerung an jenen Tag im Salon zurückgekehrt, als Will ihr seine Liebe gestanden hatte. Und an den Moment, als sie nach seinem Fortgehen die Hand um den rot glühenden Schürhaken geschlossen hatte, damit der brennende Schmerz auf ihrer Haut wenigstens für einen kurzen Augenblick den Schmerz in ihrem Herzen vergessen machte.
Will. Sie hatte ihn damals angelogen – vielleicht nicht wörtlich, aber doch unausgesprochen. Sie hatte ihn glauben lassen, dass sie ihn nicht liebte. Der Gedanke bereitete ihr noch immer Schmerzen, aber sie bereute diesen Schritt nicht. Es hatte einfach keine andere Möglichkeit gegeben. Sie kannte Will gut genug, um eines zu wissen: Selbst wenn sie ihre Verlobung mit Jem gelöst hätte, hätte Will niemals mit ihr zusammen sein können. Er hätte keine Liebe leben wollen, die seinen Parabatai verletzt hätte. Und selbst wenn ein Teil ihres Herzens Will gehörte und immer ihm gehören würde, half es niemandem, wenn sie darüber sprach. Denn sie liebte Jem ebenfalls – liebte ihn in diesem Moment noch mehr als in jener Stunde, in der sie seinen Heiratsantrag angenommen hatte.
Manchmal muss man sich entscheiden, ob man nett oder ehrenhaft sein will, hatte Will ihr gesagt. Manchmal kann man nicht beides zugleich sein.
Möglicherweise hing es ja tatsächlich vom jeweiligen Buch ab, dachte Tessa. Doch in diesem Buch, dem Buch ihres Lebens, bestand der Weg der Unehre nur aus Lieblosigkeit. Selbst wenn sie Will damals im Salon verletzt hatte, würden seine Gefühle für sie im Laufe der Zeit nachlassen und er würde ihr eines Tages dafür danken, dass sie ihn freigegeben hatte. Davon war sie fest überzeugt. Schließlich konnte er sie nicht bis in alle Ewigkeit lieben.
Sie hatte diesen Weg schon vor langer Zeit eingeschlagen. Wenn sie ihm im nächsten Monat bis zum Ende folgen wollte, dann konnte sie das genauso gut auch am nächsten Tag tun. Sie wusste, dass sie Jem liebte, und obwohl ein Teil von ihr Will gleichermaßen liebte, konnte sie beiden kein größeres Geschenk machen, als weder Will noch Jem jemals davon zu erzählen.
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Jem auf ihre Frage und schaute mit einer Mischung aus Hoffnung und Unglauben zu ihr hoch. »Die Kongregation hat unserem Antrag noch nicht zugestimmt … und du hast kein Kleid …«
»Die Kongregation interessiert mich nicht. Und es ist mir egal, was ich trage, solange es dich nicht kümmert. Wenn es dir ernst damit ist, Jem, werde ich dich heiraten, wann immer du willst.«
»Tessa«, flüsterte er. Dann streckte er wie ein Ertrinkender die Arme nach ihr aus und Tessa beugte sich vor und streifte seine Lippen mit ihrem Mund. Im nächsten Moment richtete Jem sich auf und suchte nach ihrem Mund, bis ihre Lippen sich öffneten und Tessa die Süße seines Mundes, den Geschmack von karamellisiertem Zucker kosten konnte. »Du bist zu weit weg«, flüsterte er und dann schlang er die Arme um sie, bis sie nichts mehr trennte. Jem zog Tessa vom Sessel und sie knieten eng umschlungen auf dem Boden.
Er drückte sie an sich und Tessas Hände zeichneten die Konturen seines Gesichts, die spitzen Wangenknochen nach. So spitz, zu spitz…und der Pulsschlag zu dicht unter der Hautoberfläche…und die Schlüsselbeine so knochig und hart wie eine metallene Halskette.
Seine Hände tasteten sich von ihrer Taille zu ihren Schultern vor; seine Lippen streiften über ihr Schlüsselbein, über ihre Kehlgrube, während Tessas Finger sich in sein Hemd krallten und es hochzogen, bis ihre Hände auf seiner nackten Haut lagen. Er war so schrecklich dünn und sein Rückgrat fühlte sich unter ihren Fingerkuppen ganz knochig an. Vor dem Flackern des Kaminfeuers wirkte Jem wie in Schatten und Feuer gemalt und das tanzende goldene Licht der Flammen verwandelte das Weiß seiner Haare in Gold.
Ich liebe dich, hatte er gesagt. Auf der ganzen Welt bist du dasjenige, das ich am meisten liebe.
Erneut spürte sie den heißen Druck seiner Lippen an ihrer Kehlgrube,
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