Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Berge aufgewachsen, Will. Denk nach!«
Fragend starrte Will sie an. »Du meinst doch nicht etwa…Cadair Idris?«
»Mortmain kennt diese Berge, Will. Und er fände das Ganze sicher schrecklich lustig – ein herrlicher Spaß auf deine Kosten und auf Kosten aller Nephilim. Er hat Tessa genau dorthin gebracht, von wo du vor Jahren geflohen bist. Er hat sie in unsere alte Heimat gebracht.«
»Ein Becher Medizinalmilch?«, fragte Gideon und nahm das dampfende Getränk entgegen. »Ich fühl mich wieder wie ein kleines Kind.«
»Die heiße Milch ist mit Wein und Gewürzen angereichert. Dieser Trunk wird Ihnen guttun, Ihre Blutbildung anregen.« Sophie machte sich im Raum zu schaffen, nachdem sie das Tablett auf dem Nachttisch abgestellt hatte; dabei vermied sie jeden Blickkontakt mit Gideon.
Er saß aufrecht im Bett. Eines seiner Hosenbeine war unterhalb des Knies abgeschnitten und ein dicker Verband lag auf der langen Wunde. Seine Haare waren vom Kampf noch ganz zerzaust, und obwohl er frische Kleidung angezogen hatte, roch er leicht nach Blut und Schweiß. »Die hier regen meine Blutbildung an«, erwiderte er und hielt einen Arm hoch, auf dem zwei Blutersatzrunen, Sangliers, prangten.
»Soll das heißen, dass Sie die Medizinalmilch ebenfalls nicht mögen?«, fragte Sophie fordernd und stemmte die Hände in die Hüften. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie aufgebracht sie wegen der Scones gewesen war, aber inzwischen hatte sie Gideon vollständig verziehen – genau genommen bereits am Abend zuvor, bei der Lektüre des Briefs an den Konsul, den sie noch nicht hatte zustellen können (er befand sich noch immer in der Tasche ihrer blutbespritzten Schürze). Und als der Automat Gideons Bein auf der Institutstreppe aufgeschlitzt und ihn zu Fall gebracht hatte, da hatte der Anblick der stark blutenden Wunde ihr Herz mit einer schrecklichen Angst erfüllt, die sie selbst überraschte.
»Niemand mag Medizinalmilch«, sagte Gideon und schenkte ihr ein kleines, aber charmantes Lächeln.
»Muss ich etwa hierbleiben und sicherstellen, dass Sie die Milch auch trinken? Oder haben Sie vor, sie ebenfalls unter Ihr Bett zu kippen? Denn dann werden wir garantiert von einer Mäuseplage heimgesucht.«
Gideon war so anständig, ein verlegenes Gesicht zu ziehen; und Sophie wünschte, sie wäre dabei gewesen, als Bridget in sein Zimmer geplatzt war und verkündet hatte, sie sei hier, um das Gebäck unter seinem Bett zu entsorgen. »Sophie …«, setzte er an und nahm hastig einen Schluck Medizinalmilch, als sie ihm einen strengen Blick zuwarf. »Miss Collins. Ich hatte bisher keine Gelegenheit, mich vernünftig bei Ihnen zu entschuldigen – was ich jetzt gern nachholen möchte. Bitte vergeben Sie mir diese Geschichte mit den Scones. Es war nie meine Absicht, mich Ihnen gegenüber respektlos zu verhalten. Ich hoffe, Sie denken nicht, dass ich Sie aufgrund Ihrer Stellung in diesem Haushalt auch nur in irgendeiner Weise geringer erachte. Denn Sie sind eine der besten und tapfersten Damen, die kennenzulernen, ich je die Ehre hatte.«
Sophie nahm die Hände von den Hüften. »Nun gut«, sagte sie. Es gab nicht viele Gentlemen, die gegenüber einer Bediensteten Abbitte leisten würden. »Das ist eine sehr nette Entschuldigung.«
»Und ich bin mir sicher, die Scones waren auch sehr gut«, fügte Gideon hastig hinzu. »Aber ich mag dieses Gebäck nun einmal nicht. Habe es noch nie leiden können. Das betrifft also nicht speziell Ihre Scones.«
»Bitte hören Sie auf, ständig ›Scones‹ zu sagen, Mr Lightwood.«
»In Ordnung.«
»Außerdem waren das gar nicht meine Scones; Bridget hat sie gebacken.«
»In Ordnung.«
»Sie trinken Ihre Medizinalmilch ja noch immer nicht.«
Gideon öffnete den Mund, schloss ihn dann aber hastig und führte den Becher an die Lippen. Als er Sophie über den Becherrand hinweg anschaute, zeigte sie Erbarmen und lächelte, woraufhin seine Augen aufleuchteten.
»Na schön«, sagte sie. »Sie mögen also keine Scones. Was halten Sie denn von Biskuitkuchen?«
Die Nachmittagssonne stand hoch am Himmel und hüllte die Szenerie in ein fahles Licht: Etwa ein Dutzend Mitglieder der Brigade und mehrere Brüder der Stille waren über das gesamte Institutsgelände verteilt. Sie hatten Jessamine und den Leichnam des Stillen Bruders, dessen Namen Cecily nicht kannte, schon vor Stunden abgeholt. Nun hörte Cecily Stimmen aus dem Innenhof und ein metallisches Klirren, als die Schattenjäger die Überreste des
Weitere Kostenlose Bücher