Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
antwortete Milli. „So gibt es keine Masseträgheit innerhalb dieses Feldes, aber ich verstehe nix von Elektrogravitation … kann mich deshalb nicht so gut in ihr Antriebssystem hineinversetzen - gedanklich, meine ich.“
„Echt krass“, schnaubte Ben, „dieses Ding trickst Gravitation aus … das tut sie doch, oder?“
„Ja“, Milli nickte entschlossen, „beides - Gravitation und Masseträgheit, was ja irgendwie dasselbe ist“ - Milli war kurz abgelenkt -, „Eliza versucht mir gerade zu erklären, dass Wärme, Gravitation, Magnetismus, Elektrizität … alles nur Attribute vom Äther sind. Wenn Wissenschaftler den entdecken, verstehen wir das alles.“
Ben schluckte, „cool - und du redest im Kopf mit ihr?“
„Ja und nein“, sagte Milli nach einigem Zögern. „Ich fühle sie. Störungen im Erdmagnetfeld, Turbulenzen, Wirbel und so gibt sie an mich weiter. Ich muss dann bestimmte Einstellungen korrigieren. Wir sind dann sozusagen wie ein Organismus. Ich muss aber noch üben. Meine Gedanken müssen klar und ruhig sein, sonst eiern und wackeln wir in der Gegend rum.“
Ben sah ein wenig besorgt drein.
„Keine Bange, heute passiert schon nichts“, Milli lächelte selbstbewusst.
Auf dem Monitor sahen sie die Meere und die Landmassen unter sich vorbeiziehen. Sie flogen über Frankreich, Spanien und Portugal und dann über den Atlantischen Ozean Richtung Südamerika. Um zu tanken, musste Milli in eine oberste Schicht der Atmosphäre mit ionisiertem Gas fliegen. Das ging aber schnell, und Sauerstoff hatten sie genug. Eliza drehte ab und bewegte sich in rasender Geschwindigkeit Richtung Weltraum. Die Meere und die Landmassen unter ihnen wurden immer kleiner. Und dann sahen sie mit eigenen Augen die Erde von außen, losgelöst in der tiefen Schwärze des Alls, wie ein blauweißes Juwel. Der Eindruck war überwältigend. Sie fassten sich an den Händen und starrten auf die sich entfaltende Schönheit. Sie schwiegen minutenlang.
„Nouri war gestern bei uns im Café“, beendete Anna den feierlichen Moment. „Ich bin mir jetzt sicher, dass er Milli und mich Freitagnacht nicht erkannt hat. Ziggedorn hat ihn in eine Abteilung gesteckt, die was mit Satelliten zu tun hat. Und wisst ihr, was total fies ist! Er hat sein Praktikum verlängern müssen. Wenn er nicht bis November bleibt, kriegt er keine Bescheinigung dafür.“
„Oh - oh“, Ben setzte sich aufrecht hin und rieb seine feuchten Hände an der Hose ab. „Die Demo ist im Oktober. Ziggedorn hat irgendeine Gemeinheit mit ihm vor.“
Auf dem holografischen Monitor erschienen plötzlich wieder winzige Stücke Land, umgeben von einem nicht enden wollendem Ozean.
„Wir sind gleich da“, sagte Milli.
Eliza zeigte acht Uhr früh an, Ortszeit Galapagos. Bei zwanzig Grad war der Himmel beinahe wolkenlos und der Wind kräftig. Sie landeten auf der Insel Santa Cruz, wo es die sagenhaften Riesenschildkröten geben sollte. Aber ihr Aufenthalt war nur kurz. Dafür sorgte eine Gruppe Touristen, die unter der Leitung eines Fremdenführers sich zufällig in die Richtung ihres Landeplatzes bewegte. Sie flogen weiter zu der kleinen flachen Insel Seymour Nord. Dort gab es ganze Horden von schwarzen Meeresechsen, und Anna fand endlich ihre geliebten Blaufußtölpel. Sie begann voller Begeisterung Fotos zu machen. Chong hielt Ausschau nach den großen Leguanen, aber die erwiesen sich als unauffindbar.
Nach einer Stunde rückten auch hier die ersten Touristen an, und sie flohen auf die südlichste Insel Espanola. Dort hatten sie eine Bucht entdeckt, mit Seelöwen und einem glitzernden Sandstrand.
Sie landeten oberhalb des Strandes auf einem flachen felsigen Gelände, bewachsen mit Büscheln von Gras und stacheligen Sträuchern und marschierten einen Schotterpfad hinunter zu der paradiesischen Bucht. Milli und Anna krempelten die Hosen hoch und spazierten barfuss im weißen Sand - im angemessenen Abstand - an den Seelöwen vorbei. Ben hatte ihnen versichert, dass sie ihnen nichts tun würden … das hätte er recherchiert. Die Tiere seien nämlich Touristen gewohnt. Aber auch hier waren sie nicht die ersten. In der Bucht lag eine große weiße Yacht vor Anker.
„Gibt es irgendwo auf der Welt noch einen Ort ohne Touristen?“, maulte Anna und bedachte die Yacht mit einem bösen Blick.
„Unter Umständen Berlin-Hellersdorf“, sagte Milli.
Sie gingen zurück zu den Jungs, die sich faul im Sand breitgemacht hatten. Chong lag da, mit nacktem Oberkörper, und
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