Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
mit am Tisch. Er hatte von Batori gehört, dass Milli Nouri kannte und nahm sie vorsichtig ins Verhör. Milli erfuhr, dass Nouri am nächsten Tag um vier Uhr nachmittags dem Haftrichter vorgeführt werden sollte. Rippel, als sein Anwalt, würde dabei sein.
Milli gab sich Mühe, Nouri in den höchsten Tönen zu preisen, obwohl ihr immer wieder das Bild von ihm und Martina Kleeberg auf der Bank am Wolgor See dazwischen kam. So ein Idiot, dachte sie. Aber er war ja unschuldig, was sie immer wieder beteuerte. Sie berichtete auch, dass Nouri das Praktikum im August beenden wollte, Ziggedorn ihn aber nicht gehen ließ und sogar damit drohte, keine Bescheinigung auszustellen. Für Rippel war das eine wichtige Information. Es sah aber nicht gut für Nouri aus, Polizei und das Bundesamt für Verfassungsschutz hatten seine Wohnung durchsucht und Unterlagen gefunden, die auf eine Verbindung zu einem Terrornetzwerk hinzuweisen schienen und auf Industriespionage im Auftrag des iranischen Geheimdienstes.
Milli war geschockt: das hatte Ziggedorn aber schön eingefädelt! Der arme Nouri konnte zwischen Terrorist und Spion wählen, dabei war er nur ein einfacher Praktikant gewesen. Ziggedorn schreckte vor nichts zurück. Nach dem Abendessen lief sie rüber zu Chong und brachte ihm die schlechten Nachrichten.
„Da siehst du mal, wie wichtig es ist, dass wir Nouri da rausholen“, meinte Chong aufrichtig betroffen, „gegen Ziggedorns Tricks und Gemeinheiten ist auch der beste Anwalt machtlos.“
Am nächsten Tag fiel Milli ein, dass sie Halloweenmasken im Schaufenster der Buchhandlung Hübler gesehen hatte. Sie radelte nach Koppelitz und kaufte zwei fies grinsende Kürbisfratzen, eine für sich und eine für Chong. Die Masken in der Tasche marschierte sie um halb zwei zu Chong. Ein wenig bange war ihr nun doch ums Herz, aber als Anna ihr bei der Begrüßung gut gelaunt um den Hals fiel, vergaß sie alle Zweifel.
„Ich hab mir die ganze Nacht vorgestellt, dass alles perfekt läuft!“, rief sie Milli entgegen, „und schau: kein Mensch ist am Schuppen. Wir haben freien Flug!“
Milli wollte antworten, dass das wohl eher an der Mittagszeit läge, aber sie verkniff sich die Bemerkung. Hauptsache Anna war gut drauf.
„Die ganze Nacht?!“, kreischte Ben, „da kann man ja nur hoffen, dass du nicht gleich umkippst.“
Anna lächelte grimmig und schwieg.
Gegen zwei Uhr starteten sie mit Eliza. Chong blieb zurück, um Batoris Sachen wieder in die Mitte zu räumen, damit er keinen Verdacht schöpfte, sollte er in der Zwischenzeit dort arbeiten wollen.
Milli landete einen Kilometer weiter auf einer Waldlichtung und aktivierte Tarnung und einen leichten Schutzschild. Während sie auf Chong warteten, erklärte sie Anna und Ben Elizas wichtigste Funktionsweisen. Die manuelle Bedienung war viel umständlicher als die Gedankenverknüpfung, obwohl Eliza gut darin war, über die Monitore mit Anna und Ben zu kommunizieren. Es war auf jeden Fall besser, dass sie zu zweit waren, ein einzelner käme ganz schön ins Rotieren. Milli wurde auch bewusst, dass sie inzwischen dazu neigte, Eliza zu personifizieren. Sie sprach mit ihr, wie mit einem geliebten Haustier. Aber es war noch mehr, sie empfand Eliza als ein eigenständiges Wesen und in einigen Dingen sogar als einen Ratgeber.
Plötzlich ging der interne Alarm los. Anna quiekte vor Schreck und hüpfte ans Fenster. Draußen stand Chong, er war gegen Elizas Außenhaut gerannt. Milli nutzte die Gelegenheit, um zu demonstrieren, wie man die Sensoren benutzt, mit einer Einstellung, die alles, was sich bewegte, auf dem Monitor erscheinen ließ ...
„Tat nicht weh. Fühlt sich wie ein elastischer, magnetischer Zaun an“, sagte Chong beim reinkommen. „Dabei fällt mir ein, dass wir nicht miteinander reden können, wenn wir nachher getrennt sind. Handys funktionieren ja nicht, wenn Elizas in der Nähe ist ...“
Daran hatte Milli auch schon gedacht. Sie öffnete unter einer Konsole eine Schublade und zog eine perforierte flache Box hervor. Dann drückte sie, wie bei einer Tablettenpackung, zwei fleischfarbene runde Plättchen heraus und hielt eins Chong hin. „Die tragen wir im Ohr. Die Übertragung läuft über Eliza. Die Dinger sind permanent an.“
Chong wog das Plättchen in der Hand und guckte skeptisch. „Keine gute Idee. Es ist so leicht und in meinen Ohren hält sich nichts.“
Milli stand eine Weile still und horchte. Dann lächelte sie und sagte: „Eliza sagt, dass es sich
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