Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
nicht lachen zu müssen.
„Was ist so komisch daran?“, fragte sie.
„Alles“, antwortete Chong. „Warum und wann sollte er das tun? Er hat nicht die Zeit dazu. Und vorhin haben wir trainiert.“
„Und woher wusste er, dass ich jogge?“
„Vielleicht - weil er aus dem Fenster geschaut hat, und weil du - na ja - weil du nicht unsichtbar bist.“
Milli warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Sie stand von ihrem Bett auf und trat auf den Balkon hinaus. „Und ehrlich gesagt, hasse ich joggen. Ich wollte nur Energie rauslassen.“
Chong folgte ihr auf den Balkon.
„Morgen Nacht werde ich hier runterspringen“, flüsterte sie ihm zu, „hab’s schon probiert. Geht super.“
Chong warf einen Blick über das Geländer. „Und wie kommst du dann wieder hoch?“
„Auf dem Rückweg nehme ich natürlich die Haustür.“
Chong nickte zerstreut mit dem Kopf. „Sag mal, Milli …“, er sah sie an und lächelte, „kannst du mir die Englischhausaufgaben borgen?“
Milli ging zum Schreibtisch und drückte ihm das Heft in die Hand. „War mir doch klar, dass du so was von mir willst ...“
Philip
Batoris Ankündigungen entpuppten sich als zutreffend. Milli konnte vor Energie und Tatendrang nicht schlafen. Sie hörte Musik, probierte ein bisschen auf der Gitarre und landete schließlich in der Küche, auf der Suche nach etwas Essbarem.
Emma ging es nicht besser und sie leistete ihr Gesellschaft. Sie setzte Tee auf und schälte einen Apfel.
„Batori und Rosabella übernachten in Berlin“, bemerkte sie nebenbei.
„Diese Rosabella meint, dass niemand Batoris Vorschläge zur Krise gut finden wird“, sagte Milli.
Emma schüttelte den Kopf. „Das ist nichts Neues. Politiker sind Leute von gestern. Die verstehen den Geist der Zeit nicht. Wenn wir nicht aufpassen, fahren sie die Karre in den Abgrund.“
„Und da können wir nichts dagegen machen?“
„Oh doch!“, sagte Emma voller Überzeugung. „Wir müssen protestieren und für unsere Rechte kämpfen.“
„Ich gehe auf die Demo am 1. Mai“, sagte Milli. „Ich war noch nie auf einer Demo.“
Emma lachte. „Kümmere dich darum, dass du in der Schule klar kommst. Deine Generation wird kein leichtes Erbe haben. Mutter Erde geht kaputt und die Politiker quatschen nur. Ihr werdet den Dreck der alten Welt entsorgen müssen.“
Milli zwirbelte ihre Haare. Sie hatte eine Strähne um den Finger gewickelt und betrachtete die Maserung des Küchentisches.
„Können wir das denn?“
„Oje - Milli.“ Emma warf ihr einen zärtlichen Blick zu. „Euch bleibt nichts anderes übrig, sonst gehen wir alle unter.“
Es war schon drei, als Milli auf ihr Zimmer ging. Sie fand es irgendwie unfair und auch beunruhigend, dass das Wohl der Welt, auf einmal allein an den jungen Menschen hängen bleiben sollte. Die Erwachsenen taten immer so klug und erfahren, aber wenn es darum ging, ihr Wissen zur Rettung der Erde einzusetzen, dann scheiterten sie.
Sie stellte sich an die offene Balkontür und horchte hinaus in die Dunkelheit. Ein Licht am Bootssteg bewegte sich im Wind. Darüber blinkten die Sterne. Der Mond hing schräg wie eine Sichel am Himmel und die Nacht war voll rätselhafter Laute. Durch die Baumkronen ging ein Luftzug und im Gestrüpp raschelte es. Hin und wieder waren die dumpfen Rufe von Wasservögeln zu hören. Milli fröstelte. Leise schloss sie die Balkontür und ging zu Bett.
Am nächsten Tag lernte sie die Tanz AG kennen. Sie waren insgesamt sechzehn: dreizehn Mädchen und drei Jungs - aus insgesamt drei Klassenstufen. Die Gruppe probte eine Choreografie zu der Hip Hop Version eines alten Kung Fu Songs von Carl Douglas. Jeder von ihnen hatte auch einen Solopart. Die Kursleiterin hieß Lola Ballarin. Sie trug ihre pechschwarzen Locken zu einem Pferdeschwanz gebunden und sprach nicht viel, weil es ihr nicht gut ging und sie unter Migräne litt.
Schon wieder Migräne, ging Milli durch den Kopf.
„Sie ist sonst Power pur“, flüsterte Etta Bauer ihr zu.
Milli sah sich um. „Wer aus unserer Klasse ist sonst noch dabei?“
Etta zeigte auf die kapriziöse Sabrina Dingeldein, die in einer Ecke mit einem älteren Mädchen tuschelte. „Und im Prinzip noch Irma Pietsch, aber Frau Ballarin hat sie beurlaubt, weil sie mit ihren Extratouren die ganze Gruppe aufhält.“
Milli war überrascht. Sie fand Irma auch extrem, aber sie hätte nicht gedacht, dass das sogar beim Tanzen auffiel.
Etta verdrehte genervt die Augen. „Ob sie wiederkommt,
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