Clovis Dardentor
die
vortreffliche Dame, die Gattin des Herrn Dardentor zu wer-
den! Ein Adoptivvater mit 2 Millionen, der Junggeselle zu
bleiben entschlossen war, der wird wohl nirgends unter der
Sonne ausgeschlagen. Der Form und der Diskretion halber
setzte Frau Elissane der Sache zwar erst einigen Widerstand
entgegen, doch das war nicht von Dauer. Das junge Mäd-
chen mochte immerzu sagen:
»Überlegen Sie sich es reiflich, Herr Dardentor!«
»Ist schon alles überlegt«, gab er ihr zur Antwort.
»Sie können nicht das Opfer bringen . . .«
»Ich kann es und ich will es, Töchterchen!«
»Sie werden es vielleicht bereuen . . .«
»Nie, Papas Herzblättchen!«
Schließlich hatte Frau Elissane als eine praktische Frau,
der die Vorteile der Sache einleuchteten – was ja nicht
schwierig war –, Herrn Dardentor ihren herzlichen Dank
ausgesprochen.
— 339 —
Auch die Désirandelles konnten sich vor Freude nicht
fassen. Welch große Mitgift brachte nun Louise ihrem eins-
tigen Gatten zu! . . . Welch ein Vermögen wurde das in Zu-
kunft! Welch reiche Erbin! . . . Und all das für Agathokles,
denn jetzt zweifelten sie gar nicht mehr, daß ihr Freund,
ihr Landsmann Clovis Dardentor, seinen väterlichen Ein-
fluß zum besten des guten Jungen geltend machen müsse.
Das war gewiß sein Hintergedanke bei der Sache gewesen
. . . ihr Sohn würde nun gar der Schwiegersohn des reichen
Perpignanesers!
Alle stimmten also darin überein, baldigst nach Oran
zurückzukehren. Über Jean Taconnat und Marcel Lornans
wäre nur einzelnes zu bemerken.
Der erstere, der nun endgültig aus dem Reich der Träume,
wohin ihn seine Fantasie verlockt hatte, zurückgekommen
war, rief an jenem Morgen:
»Hoch, Dardentor soll leben! Da es uns nicht beschieden
war, seine Söhne zu werden, bin ich doch entzückt, daß die
reizende Louise seine Tochter wird. – Und du, Marcel?« . . .
Der junge Mann schwieg.
»Doch«, fuhr der andere fort, »ist das auch, vom gesetz-
lichen Standpunkt aus betrachtet, wirklich gültig?«
»Was denn?«
»Ein Kampf gegen Löwen?«
»Ob gegen Tiere oder gegen Menschen, ein Kampf bleibt
immer ein Kampf, und es ist nicht zu bestreiten, daß Fräu-
lein Elissane Herrn Dardentor gerettet hat.«
»Ei, Marcel, es ist doch ein Glück, daß wir nicht gleich-
— 340 —
zeitig mit Fräulein Elissane an der rettenden Tat beteiligt
waren.«
»Weshalb denn ein Glück?«
»Weil er uns vielleicht alle drei hätte adoptieren wollen
. . . In diesem Fall wäre sie unsere Schwester geworden und
du hättest nie daran denken können . . .«
»Ja freilich«, antwortete Marcel Lornans gereizt, »das
Gesetz verbietet die Ehe zwischen . . . Übrigens denk’ ich gar
nicht mehr daran . . .«
»Armer Freund! . . . Armer Junge! Du liebst sie doch
wohl?«
»Ach ja, Jean, von ganzem Herzen!«
»Welch ein Unglück, daß du es nicht warst, der den zwei-
fachen Millionär rettete! . . . Er hätte dich zum Sohn erko-
ren, und dann . . .«
Ja, welch ein Unglück, das die beiden jungen Leute auch
in recht trübe Stimmung versetzte, als der Zug, nachdem er
im Norden die gewaltige Bergmasse des Tessala umkreist
hatte, die Richtung nach Oran einschlug.
Herr Dardentor hatte von Sidi-bel-Abbès also nichts ge-
sehen, weder seine Wasser- und Windmühlen, noch seine
Gips- und Ziegelbrennereien oder seine bedeutenden Ger-
bereien, er hatte weder das Zivil-, noch das Militärquartier
besucht, war nicht durch seine sich rechtwinklig schneiden-
den und mit schönen Platanen geschmückten Straßen ge-
wandert, hatte nicht von dem frischen Wasser seiner zahl-
reichen Fontänen gekostet, war nicht durch die vier Tore
— 341 —
seiner Ringmauer gekommen und hatte auch die prächtige
Baumschule vor dem Dayator nicht besucht.
Kurz, nachdem die Lokomotive für etwa 20 Kilometer
dem Bett des Sig gefolgt, durch den Flecken Trembles und
das Städtchen Saint-Lucien gekommen war und nachdem
sie in Sainte-Barbe du Tlélat die Linie von Algier nach Oran
erreicht hatte, lief sie nach einer Strecke von 78 Kilometern
gegen Mittag in den Hafen der Provinzialhauptstadt ein.
Endlich war die Rundreise glücklich abgeschlossen, bei
der sich freilich einige von der algerischen Eisenbahngesell-
schaft im Programm nicht vorhergesehenen Zwischenfälle
zugetragen hatten, die die Ausflügler gewiß niemals verga-
ßen.Während sich nun Herr Dardentor und die beiden Pari-
ser nach ihrem Hotel am Platz der Republik begaben,
Weitere Kostenlose Bücher